Schutzmaske gesucht

RNZ-Bericht löste eine Welle der Hilfsbereitschaft aus

Behörden ließen Neckargemünder Risikopatient abblitzen - Dank einer Hilfsaktion erhielt Dieter Rüdiger doch noch eine Maske

21.04.2020 UPDATE: 27.04.2020 19:45 Uhr 3 Minuten, 18 Sekunden
Dieter Rüdiger freut sich. Foto: privat

Neckargemünd. (cm) Dieter Rüdiger ist glücklich. "Ich bin tief berührt von der Zuwendung, die ich erfahren habe", erzählt der 62-Jährige. In der vergangenen Woche hatte die RNZ über das Problem des Neckargemünders berichtet. Die Maskenpflicht beim Einkaufen und im öffentlichen Nahverkehr stand an – und der Risikopatient mit einer Lungenerkrankung kam an keine Maske. Seine Ärztin, seine Krankenkasse, das Gesundheitsamt: Alle ließen ihn abblitzen.

Doch dann erschien der Artikel – und dieser löste eine Welle der Hilfsbereitschaft aus. "Die Apotheke hat angerufen und zwei FFP2-Masken reserviert", berichtet Rüdiger. Außerdem habe er zwei dieser hochwertigen Masken im Briefkasten gefunden – anonym eingeworfen von einer Neckargemünderin. "Auch die Nachbarn fragen jetzt, ob sie mir helfen können", so Rüdiger. "Doch das Unglaublichste ist mir mit Herrn Karavassilis von der Firma Aspilos in St. Leon-Rot passiert." Dieser habe ihm 100 Einmalmasken geschenkt. Und wenn diese aufgebraucht seien, bekomme er neue. Das Unternehmen beliefert Kliniken, das Kerngeschäft sind kontaktlose Spender von Desinfektionsmittel. Geschäftsführer Nikolas Apostolos Karavassilis hatte den Artikel gelesen und sich bei der RNZ gemeldet, die den Kontakt zu Dieter Rüdiger herstellte. Und der freut sich: "Also insgesamt ein positives Signal, das mich dankbar macht."

Der Neckargemünder hatte sich über die Politik und die Behörden beklagt: "Man liest überall von der Maskenpflicht, aber von offizieller Seite kommt nichts", kritisierte er. "Entweder man muss sich selbst etwas zusammenbasteln oder man hat Beziehungen." Es sei ein Skandal, dass keine Masken zur Verfügung stehen. Der frühere Fachkrankenpfleger für Intensivmedizin arbeitete fast 40 Jahre im Universitätsklinikum Heidelberg und half Menschen. "Und wer hilft jetzt mir?", fragte er. Auf einen Hinweis der RNZ meldete er sich vergangene Woche bei der Hilfsaktion der evangelischen Kirchengemeinde in Neckargemünd. Pfarrerin Petra Hasenkamp brachte zwei selbstgenähte Masken und auch noch eine FFP2-Maske. Mit den weiteren Masken ist Dieter Rüdiger nun gut gerüstet.

Update : 27. April 2020, 19.45 Uhr


Neckargemünd. (cm) Die Maskenpflicht kommt: Ab dem kommenden Montag, 27. April, ist das Tragen eines Mund-Nasen-Schutzes zur Eindämmung des Coronavirus beim Einkaufen und im öffentlichen Nahverkehr Pflicht. Doch woher bekommt man eine solche Maske? Vor dieser Frage stand auch Dieter Rüdiger.

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Schon bevor die Maskenpflicht beschlossen wurde, kümmerte er sich um eine entsprechende Schutzausrüstung. Denn der 62-jährige Neckargemünder hat eine Lungenerkrankung und gilt als Risikopatient. Doch an eine Maske kam er nur über Umwege – und mit Hilfe der RNZ. "Man liest überall von der Maskenpflicht, aber von offizieller Seite kommt nichts", kritisiert Rüdiger. "Entweder man muss sich selbst etwas zusammenbasteln oder man hat Beziehungen."

Dieter Rüdiger leidet seit Jahrzehnten an einer fortschreitenden Lungenerkrankung, ist deshalb zu 50 Prozent schwerbehindert. "Ich habe schon vor drei Wochen angefangen, mich um eine Maske zu bemühen", erzählt der frühere Fachkrankenpfleger für Intensivmedizin in Heidelberg. "Denn ich weiß, wie sinnvoll das Tragen derzeit ist." Rüdiger will trotz seiner Erkrankung auch weiterhin am öffentlichen Leben teilnehmen sowie sich und andere zum Beispiel beim Einkaufen im Supermarkt schützen.

Zuerst wandte sich Rüdiger an seine Lungenfachärztin, die aber selbst fast keine Masken mehr hat. Sie verwies ihn an die Apotheken, von denen er einige in Neckargemünd anrief. Bei einer gab es noch einige der guten FFP2-Schutzmasken für 20 Euro pro das Stück. "Da ich vor Kurzem meinen frühzeitigen Rentenantritt aufgrund meiner Erkrankung wahrnahm, bedeuten 20 Euro sehr viel für mich", so Rüdiger. Deshalb meldete er sich bei seiner Krankenkasse.

Doch diese habe lapidar geantwortet, dass sie nicht zuständig sei und er sich doch an das Gesundheitsamt wenden sollte. Weil er dort auch nach einer Woche keine Antwort auf eine E-Mail bekam, griff Rüdiger zum Telefonhörer. Er habe die Auskunft bekommen, dass die Behörde auch nicht weiterhelfen könne. Es habe geheißen, dass es für 80 Prozent der Bevölkerung keine Masken gibt. Deshalb solle er im Bekannten- und Verwandtenkreis nachfragen, ob jemand Masken bastelt.

"Ich habe fast 40 Jahre im Universitätsklinikum Heidelberg auf Intensivstationen gearbeitet und Menschen geholfen", sagt Rüdiger und fragt enttäuscht: "Und wer hilft jetzt mir?" Eine Hoffnung sah er noch: die RNZ. Bei dieser erhielt er den Tipp, sich an die Hilfsaktion der evangelischen Kirchengemeinde in Neckargemünd zu wenden. Und tatsächlich: "Dort wurde mir sehr freundlich geholfen", erzählt der 62-Jährige. Pfarrerin Petra Hasenkamp habe am Tag darauf zwei selbstgenähte Masken und auch noch eine FFP2-Maske vorbeigebracht.

Eine Maske brachte er seinem 94-jährigen Vater in Heidelberg. "Er ist seit Wochen zu Hause", berichtet Rüdiger. Mit der Maske könne er nun wieder einkaufen gehen. "Wir haben die Masken schon getestet", erzählt Rüdiger. "Das Atmen fällt zwar etwas schwer und die Brille läuft an, aber man gewöhnt sich dran."

Trotzdem bleibt sein Ärger über die Behörden: Denn vom Gesundheitsamt erhielt Rüdiger inzwischen auch die schriftliche Auskunft, dass "aktuell in der Versorgung durch das Gesundheitsamt, die Materialgestellung an Privatpersonen nicht vorgesehen ist". Stattdessen gab es die Empfehlung, sich trotz der hohen Preise "über bekannte Online-Versandhäuser Material zu besorgen". Rüdiger kann das nicht verstehen: "Ich finde es einen Skandal, dass keine Masken zur Verfügung stehen", sagt er. Vom Vorschlag von Ministerpräsident Winfried Kretschmann, notfalls auch einen Schal ins Gesicht zu ziehen, hält der Neckargemünder nicht viel – auch angesichts der derzeit recht hohen Temperaturen.

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