Weinwanderung zog alle Generationen an
Acht Kilometer voller Stimmung und Genuss: Der Schriesheimer Verkehrsverein profitierte vom Goldenen Oktober und zog alle Generationen an.

Von Julian Baum
Schriesheim. Auch nach 25 Jahren, die es die Weinwanderung in Schriesheim gibt, braucht es bisweilen ein Quäntchen Glück. Und manchmal, so wie im Vorfeld des gestrigen Sonntags, trifft man im Verkehrsverein die richtige Entscheidung. Nämlich die, den Wandertermin um zwei Wochen zu verlegen und einen Goldenen Oktober einzuheimsen.
Joachim Müller, Vorsitzender des Verkehrsvereins Schriesheim, nannte es einen Pakt mit dem Wettergott. Bei Kaiserwetter begrüßte er an die 100 Wanderfreudige, die sich schon um 10 Uhr am Neuen Rathaus auf den Weg gen Madonnen-, Kuh- und Schlossberg machten. Und es lohnte sich, die acht Kilometer lange Strecke zu begehen.

Unter den "frühen Vögeln" waren auch die Weinhoheiten, Königin Miriam Knapp und ihre Prinzessinnen Ylva Neuert und Sophie Weil. Waren sie am Vortag noch im Dirndl zu Besuch auf dem Winzerfest in Lützelsachsen, tauschten sie die Tracht zur Wanderung gegen Jeans, T-Shirt und Sneaker. Abgestimmt waren die rosa Glashalter: "Die hat uns Miriams Mutter gehäkelt", sagte Sophie. Auch Michael Mittelstädt, Fraktionssprecher der CDU und Bürgermeisterstellvertreter, war dank Zip-Hosen bestens vorbereitet. Im Namen der Stadt und des Gemeinderats wünschte er den Wanderern einen sonnigen Sonntag.

Der Verkehrsverein hatte im 25. Jubiläumsjahr 25 Preise ausgelobt, etwa Weinkörbe und Gastrogutscheine. Die erste geführte Wanderung übernahm Werner Krämer, "geschulter Weinexperte", wie Müller ihn vorstellte. Krämer selbst war bis vor kurzem Hobbywinzer und erklärte einiges über Pflege und Lese. Circa fünf Stunden rechnete Krämer für die Führung ein; allein 20 Minuten verweilte man an jedem Stand.
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Das Weingut von Georg Bielig war die zweite Station nach dem Willkommensstand. Seit zwei Jahren stellt der Winzer auf Bio-Weinbau um. Damit öffneten sich seines, aber auch andere Weingüter in Schriesheim der Zukunft. Wie die Weine der Winzer hatten auch die Stände ihre eigenen Charaktere. Bei Bielig tummelten sich viele zum ersten oder zweiten Schluck Wein.
Entlang der Strecke weniger, aber dafür bei Max Jäck flötete Musik aus den Lautsprechern und erinnerte an ein Weinfestival, die Blicke der Wanderer fielen auf die Lagen, die Jäck bewirtschaftet. Er baut unter anderem die Sorten Cabernet Dorio, Riesling und Müller-Thurgau an. 2024 will er rund einen halben Hektar Chardonnay anlegen.
"Noch wird mehr gestempelt als getrunken", stellte Anne Bormann vom Weingut Bormann fest. Sie schätzte, dass bei dem guten Wetter vor allem Riesling und Sauvignon blanc gut laufen. Für sie war es das erste Mal, dass sie mit einer eigenen Station vertreten war. Noch hilft ihr Lisa Gramsch im Ausschank, für den erwarteten Run später seien bis zu fünf Helfer eingeplant.
Die erste Schlaufe war gelaufen. Auf dem Unteren Schulhof heizte der Eventservice Forschner Ofen und Fritteuse an: Flammkuchen und Schnitzel luden zur Vesperzeit. Über den Schulhof ging es der Strahlenburg entgegen. Gut 50 Schilder markierten den Weg. Die Holztafel mit der Aufschrift "Weinwanderung" war meist so angebracht, dass man sie problemlos erkennen konnte. Und wo nicht, folgte man den Wandernden.

Vor dem Aufstieg zur Strahlenburg lag das Weingut Merkel. Michael und seine Frau Sandra waren mit Freunden im Einsatz. "2022 waren wir um ein Uhr ausverkauft", erzählten sie. Man habe nun die doppelte Menge einkalkuliert. Auf dem Parkplatz der Burg erwarteten das Weingut Rosenhof aus Ladenburg und die Perseria ihre Gäste; entlang dem Höhenweg über der Burg gab es einen Blick in die Rheinebene sowie die Stationen des Hotel-Restaurants "Neues Ludwigstal", der Winzergenossenschaft und des Weinguts Kirchner.
Und schließlich verteilten sich der Doppel-Stand des Weinguts Teutsch und der Aubergin-Gastronomie wie auch das Weingut Wehweck auf dem Dossenheimer Weg.
Auch im 25. Jahr blieb die Weinwanderung ein Erlebnis für die ganze Familie. Ältere Wandergruppen, Familien mit Kindern oder Hundebesitzer nahmen teil. Erna Will aus Mannheim wanderte mit ihrer Tochter. Mit 87 Jahren war die rüstige ehemalige Landfrau wohl eine der älteren Teilnehmer. "Schon meine Mutter hat immer gesagt: Ein Gläschen Wein ist manchmal besser als eine Tablette." Und so lange die Füße tragen, mache sie gern mit.