Großprojekt "Kunstrasenplatz" ist auf der Zielgeraden
Die Fußballer freuen sich jetzt schon auf ihren neuen Platz. Aber ohne Spenden wäre die Rieseninvestition nicht zu stemmen gewesen.

Von Micha Hörnle
Schriesheim. Das größte Projekt des Sportvereins (SVS) in den letzten 15 Jahren, der neue Kunstrasenplatz, ist fast fertig: Wenn alles gut geht, wäre er nächste Woche so weit – aber allerspätestens zum Trainingsbeginn der Jugend Ende des Monats. Am 3. Oktober soll der Platz offiziell eingeweiht werden.
In den letzten zwölf Monaten hatten die Fußballer in einer professionell aufgezogenen Kampagne um Spenden geworben, um nach 15 Jahren den alten Belag völlig zu ersetzen. Der war so zerschlissen und an vielen Stellen aufgerissen, dass man im Verein schon Angst hatte, Schiedsrichter würden wegen der überall lauernden Verletzungsgefahr diesen Platz für nicht bespielbar erklären.
239.000 Euro soll alles kosten, die Stadt schoss 20 Prozent dazu, der Badische Sportbund 30 Prozent, aber der größte Brocken kam mit 100.000 Euro von der Dietmar-Hopp-Stiftung. Ohne die wäre das Projekt so schnell nicht möglich gewesen. Denn den Eigenanteil von 70.000 Euro kann der SVS ohne Spenden schlicht nicht finanzieren: "Wir haben einen Jahresetat von 85.000 Euro und kommen null auf null raus", sagt der SVS-Vize Marek Zwolinski. "Das sind 70.000 Euro schon ein Brett."
Doch an einem wird nicht gespart – an der Nachhaltigkeit. Das fängt beim Recycling des alten Kunststoffbelags an und geht bis zum Granulat unter dem Rasen. Das ist nun ein Gemisch aus Quarzsand und Kork. Vorher waren hier zerhäckselte Autoreifen verfüllt. Das ist mittlerweile in Baden-Württemberg verboten (anderswo nicht) – wegen Mikroplastik: Das Auffälligste am alten Rasen waren die vielen Körner, die aus den Rissen zwischen den Halmen rieselten. Abgesehen davon, dass Kork nicht nur um Längen umweltfreundlicher ist, wird es auch im Sommer nicht ganz so heiß.
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Überraschend gut sieht das Fundament des Platzes aus, die sogenannte elastische Tragschicht. Die muss nicht erneuert, sondern an ein paar Stellen geflickt werden. Was Zwolinski erleichtert, weil eine Totalerneuerung den Finanzrahmen gesprengt hätte. Aber man wusste ja schon vorher, diese Grundlage aus Hartgummi (darunter ist noch eine Schicht Kies) "hält drei Oberbeläge aus, also rund 50 Jahre". Die Tragschicht wurde eingebaut, als vor 15 Jahren erstmals ein Kunstrasenplatz angelegt wurde; vorher kickten die Sportler auf roter Asche. Insofern war der neue Platz 2008 für den Verein ein Meilenstein.
Doch der eigentliche Star ist der Kunstrasen, dem die Herstellerfirma Polytan den hübschen Namen "Liga Turf Cross GTR" gegeben hat. Der ist natürlich aus Plastik, das aber aus Zuckerrohrresten hergestellt wird – also auch hier "nachhaltig", da CO₂-reduziert. Die Rollen, die beim RNZ-Vor-Ort-Termin noch am Spielfeldrand lagerten, sind vier Meter breit und 63 Meter lang, der Clou sind aber die neu entwickelten Fasern: Die sind mal gerade, mal gewellt und halten so Kork und Sand besser: "Schon klug gemacht", meint Zwolinski anerkennend.
Renée Keil von der Herstellerfirma Polytan ist mit zwei anderen Kollegen vor Ort, um den neuen Kunstrasen zu verlegen. Der Regen der letzten Wochen war nicht das Problem, sondern der heftige Wind. Und wenn der weht, müssen die Arbeiter pausieren – was die momentane leichte Verzögerung in der Fertigstellung erklärt. Wobei sie es zu ihrer Unterkunft nicht weit haben: Ihr kleiner Wohnwagen steht direkt neben dem Spielfeld.
Der SVS hofft natürlich, dass seine 239.000-Euro-Investition möglichst lange hält, "das wollen wir durch gute Pflege sicherstellen", meint Zwolinski. Deswegen hat sich der Verein auch einen neuen Traktor mit einem "Pflegeanhänger" geleistet: Der kämmt alle 14 Tage den Sand-Kork wieder ein und richtet die Kunstrasenhalme wieder auf; einmal im Jahr muss aber eine Fachfirma kommen und alles von Grund auf in Ordnung bringen.
Denn der Rasen muss eine Menge aushalten: "Wir haben 240 Kinder, die drauf spielen. Bei uns ist Fußball ein Breitensport", erklärt der Zweite Vorsitzende. Und die meisten Mannschaften kicken auf dem Plastik-Platz: "Mittwochs sind sieben Mannschaften parallel hier."
Der Naturrasenplatz, der der Stadt gehört, hat da eher das Nachsehen, zumal er – im Gegensatz zu seinem Kunststoff-Bruder – nicht ständig markiert ist. Überhaupt kennt ein Kunstrasen von Natur aus keine Unebenheiten, hier verspringt kein Ball, er ist pflegeleichter und kostengünstiger, wird im Sommer allerdings heißer: "Viele Spieler sind lieber da drauf, und aus Vereinssicht macht ein Kunstrasenplatz mehr Sinn." Als E-Jugend-Trainer weiß Zwolinski aus eigener Erfahrung, dass die Jungen lieber auf Kunst- und die Älteren eher auf Naturrasen spielen: "Das ist wohl so eine Generationssache."