Windpark "Greiner Eck": Sind Bussard und Fledermaus bald schutzlos?

Regionalversammlung könnte den Naturschutz am "Greiner Eck" aufheben - Bau der fünf Windräder wäre dann möglich

08.12.2015 UPDATE: 09.12.2015 06:00 Uhr 2 Minuten, 38 Sekunden

Noch sind der Mäusebussard und das Große Mausohr Bewohner des "Greiner Ecks". Sollten aber die geplanten mindestens fünf Windkraftanlagen tatsächlich gebaut werden, besteht für die Tiere ein "signifikant erhöhtes Tötungsrisiko", wie es selbst in der Vorlage zum Antrag der Regierungspräsidentin Brigitte Lindscheid heißt. Fotos: dpa

Von Elisabeth Hinz

Neckarsteinach. Sind die Würfel für den Bau von mindestens fünf Windrädern am "Greiner Eck" endgültig gefallen? Hat die "Bürgerinitiative Greiner Eck" vergebens dagegen gekämpft? Es sieht ganz so aus, denn dem Ortsvorsteher von Grein, Matthias Borst, liegen die gesamten Unterlagen für die jetzt am Freitag, 11. Dezember, geplante Sitzung der "Regionalversammlung Südhessen" vor. Und in dieser Drucksache stellt Regierungspräsidentin Brigitte Lindscheid (Grüne) den Antrag, dem Bau von fünf Windrädern am "Greiner Eck" zuzustimmen.

Rückblick: Die erste Mitteilung darüber, dass am "Greiner Eck" ein Windpark geplant sei, gab der Neckarsteinacher Bürgermeister Herold Pfeifer im Februar 2014. Schon am 7. April stimmte die Stadtverordnetenversammlung dem Vorhaben zu, nachdem wenige Tage zuvor auch der Greiner Ortsbeirat nach langer Diskussion einstimmig seine Zustimmung gegeben hatte. Im Herbst 2014 bildete sich dann die "Bürgerinitiative Greiner Eck" gegen den Bau dieser Anlagen und auch aus den badischen Umlandgemeinden kam Widerspruch. Und bei einer nur mäßig besuchten Bürgerversammlung in Neckarsteinach im Oktober war - außer von der Bürgerinitiative selbst - nur wenig Gegenwind zu spüren.

Matthias Borst, der noch im Jahr 2014 im Ortsbeirat für den Bau der Windräder gestimmt hatte, ist inzwischen zum Gegner geworden: Ihm wurde erst allmählich klar, welche Auswirkungen und Veränderungen die Installation von fünf Windkraftanlagen im Wald bringen wird. Auch in der Greiner Ortspolitik scheint die Stimmung langsam zu kippen: Bei der Aufstellung der neuen Kandidaten zum Ortsbeirat bei der Kommunalwahl im März 2016 haben sich nur noch Gegner des Windparks nominieren lassen. Außer Matthias Borst selbst kandidiert kein einziger der bisherigen Ortsbeiräte mehr.

Und Borst befürchtet nun, dass durch den Beschlussvorschlag der grünen Regierungspräsidentin aller Widerstand zu spät kommt. Vor allem die in den Unterlagen angegebenen Begründungen für die Anlagen regen ihn auf.

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Zunächst wird in der Drucksache noch aufgezählt, wie die betroffene Fläche am "Greiner Eck" bisher im aktuellen "Regionalplan Südhessen" eingestuft wurde: Sie ist nämlich als "Vorranggebiet für Natur und Landschaft" ausgewiesen, als "Vorranggebiet für Forstwirtschaft", als "Vorbehaltsgebiet für den Grundwasserschutz" und außerdem als "Vorbehaltsgebiet für besondere Klimafunktionen". Zudem liegt der geplante "Windmühlenstandort" im "FFH-Gebiet (Fauna-Flora-Habitat) Odenwald bei Hirschhorn". Außerdem liegt das Planungsgebiet innerhalb beziehungsweise neben zweier geschützter Trinkwasserzonen der Städte Hirschhorn und Neckarsteinach.

Und gegen all diese Schutzausweisungen hat der künftige Betreiber des geplanten Windparks, die "Greiner Eck GmbH & Co. KG", nun die "Zulassung einer Abweichung" beantragt. Diese im Beamtendeutsch genannte Abweichung ist nichts anderes als die Zulassung von Windkraftanlagen in einem bisher dem Naturschutz gewidmeten Gelände.

In der Vorlage der Regierungspräsidentin wird ausdrücklich festgestellt, dass bei der Inbetriebnahme der Windenergieanlagen für bestimme Fledermausarten wie der Großen Bartfledermaus und der Mopsfledermaus, aber auch für den in einer Entfernung von einem Kilometer brütendem Mäusebussard es "zu einem signifikant erhöhten Tötungsrisiko" kommen könnte. Trotzdem kommt sie zu dem Ergebnis, "dass die Erhaltungsziele des Schutzgebietes durch die Errichtung und den Betrieb der Windenergieanlagen nicht erheblich beeinträchtigt würden". Weiter heißt es, dass das öffentliche Interesse am Ausbau erneuerbarer Energien im vorliegenden Fall höher zu bewerten sei als die Belange von Naturschutz und Landschaftspflege.

In diesem Zusammenhang empört sich Ortsvorsteher Matthias Borst darüber, dass die vom Kreis Bergstraße geäußerten Bedenken für das Ortsbild der Stadt Hirschhorn oder die Auswirkungen des Windparks auf den Unesco-Geo-Naturpark einfach nur als "mittlere Beeinträchtigung" abgetan werden. Eigentlich müsste für das Vorhaben auch eine FFH-Verträglichkeitsuntersuchung durchgeführt werden. Zu dieser Prüfung heißt es aber wörtlich in der Vorlage: "Die obere Landesplanungsbehörde ist der Auffassung, dass die relativ wenigen Flächen ... den damit verbundenen Zeit- und Kostenaufwand nicht rechtfertigen."

Ganz besonders ärgert sich Borst aber über eine ganz andere Formulierung in der Sitzungsvorlage: "Es ist zu berücksichtigen, dass sowohl die beiden Standortkommunen, die Städte Hirschhorn und Neckarsteinach, als auch die dort ansässigen Bürgerinnen und Bürger das Vorhaben der Antragstellerin (die Greiner Eck GmbH) mehrheitlich befürworten". Davon könne nicht die Rede sein, betonte Borst. Die Bürger der beiden Städte im hessischen Neckartal hatten niemals über die geplante Windkraftanlage am "Greiner Eck" abgestimmt.

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