Ende der Rotstiftpolitik: Was darf die Kerwe kosten?
Der Gemeinderat blieb die Antwort schuldig – Kleines Gerangel um überplanmäßige Ausgaben

Bei der Eröffnung der letzten Weinkerwe war noch nicht klar, dass diese 13 000 Euro teurer als geplant werden sollte. Archivfoto: Geschwill
Von Thomas Frenzel
Leimen. Die Weinkerwe am dritten Wochenende im September, sie ist im Jahresverlauf das größte Publikumsfest der Großen Kreisstadt Leimen. Das steht außer Frage. Die Frage ist nur: Was darf dieses größte Jahresfest die Große Kreisstadt kosten? Und hier schieden sich im Gemeinderat die Geister.
Insbesondere die FDP rieb sich an den überplanmäßigen Ausgaben, die nach Jahren ernster Rotstiftpolitik unter der Regie des neuen Oberbürgermeisters Hans D. Reinwald bei dem Stadtfest im vergangenen Jahr wieder angefallen waren. Das Bemerkenswerte dabei: Wie teuer die Weinkerwe wirklich geworden war, wurde in der öffentlichen Ratssitzung nicht erwähnt. Von niemandem.
Verpackt war das Thema im trögen Tagesordnungspunkt der über- und außerplanmäßigen Ausgaben und dort unter der Position "Deckungsring: Märkte". Für Zuhörer war dies eine sonderbare Zuordnung, an der sich aber keiner der versammelten Bürgervertreter störte. Sie wussten wohl alle, was mit der als Zusatzinformation gelieferten "Gruppierung 577" gemeint war.
Bei dieser "577" war es zu Mehrausgaben von genau 24.359,13 Euro gekommen. In den Sitzungsunterlagen wird dies unter Verweis auf die Weinkerwe unter anderem mit erhöhten Gagen für die auftretenden Bands begründet sowie mit Preissteigerungen für Toilettenwagen und für die gemieteten Bühnen. Und: Das in den vergangenen Jahren gestrichene Höhenfeuerwerk wurde wieder eingeführt und es gab auch eine Weinprobe als feiner Kerwestart. Klaus Feuchter (FDP) zeigte sich zwar positiv überrascht, dass die Stadt das wieder eingeführte Feuerwerk lediglich 1500 Euro gekostet habe. Probleme habe er allerdings an der Tatsache, dass die Ausgaben über dem Haushaltsansatz lägen. Exakte Zahlen vermied er freilich bei seiner Kritik - und er war hierbei nicht der einzige.
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Für Peter Sandner (SPD) waren diese Mehrausgaben nicht überraschend, da beschlossen. Das Ziel sei ja, der Weinkerwe wieder ein neues Leben einzuhauchen. Sehr gut angelegt fand die Mehrausgaben auch Peter Anselmann (CDU): Die Kerwestimmung im vergangenen Jahr sei bestens gewesen und hierfür sei vergleichsweise wenig Geld ausgegeben worden. Ralf Frühwirt (GALL) sprach von dem Versuch eines Neustarts mit dem Ziel, ein gutes Leimen-Bild nach außen zu tragen. Ob dies gelinge, lasse sich frühestens in ein oder zwei Jahren absehen. Hierüber aber solle die Verwaltung dem Gemeinderat dann auch berichten.
Rudolf Woesch (FW) befürwortete in der Sitzung ausdrücklich die erzielte Belebung der Innenstadt. Für die Diskussion um das wieder eingeführte Höhenfeuerwerk hatte er nur einen Begriff: "Kasperletheater".
Der Oberbürgermeister erkannte indessen schon erste positive Auswirkungen der wieder aufgepeppten Weinkerwe 2016. Es zeigten wieder mehr Vereine ihre Bereitschaft, bei dem Fest aktiv mitzuwirken - desgleichen die Leimener Partnerstädte. Und auch die Schausteller würden wieder mehr Interesse an der Veranstaltung zeigen; womöglich könne schon dieses Jahr mit einem Riesenrad aufgetrumpft werden.
Die überwältigende Mehrheit des Gemeinderats hatte gegen die 24.359,13 Euro an überplanmäßigen Mehrausgaben bei den "Märkten, Gruppierung 577" nichts einzuwenden. Lediglich die dreiköpfige FDP-Fraktion stimmte dagegen.
Nachtrag: Für "Märkte" waren im Haushaltsplan 2016 etwas über 186.000 Euro angesetzt. Am Ende wurden rund 210.000 Euro ausgegeben. Wie Stadtsprecher Michael Ullrich auf Anfrage weiter mitteilte, fallen unter die Haushaltsposition die städtischen Feste in allen Leimener Stadtteilen: Frühlings- und Kerwefeste, auch der Weihnachtsmarkt. Ausgegeben wird das Geld für Musikkapellen, Bühnen, Toilettenwagen und nicht zuletzt für den Auf- und Abbau von Buden und Ständen. Für die Weinkerwe im letzten Jahr waren Ullrich zufolge rund 100.000 Euro eingeplant, abgerechnet wurden am Ende rund 113.000 Euro.



