Region Heidelberg

Was die Pfarrer von der "Kirchenentwicklung 2030" halten

Die umfassende Reform soll die Probleme vieler Pfarrer und Gemeinden lösen. Dabei sollen 224 Seelsorgeeinheiten zu 36 Pfarreien zusammengelegt werden. Das stößt auf Skepsis.

05.03.2021 UPDATE: 06.03.2021 06:00 Uhr 2 Minuten, 1 Sekunde
Die Herz-Jesu-Kirche in Leimen gehört künftig einer von 36 „Großpfarreien“ an. Foto: fre

Von Lukas Werthenbach

Region Heidelberg. Aus 224 Seelsorgeeinheiten zwischen Odenwald und Bodensee werden 36 Pfarreien: Es ist eine umfassende Reform, die Erzbischof Stephan Burger unter dem Titel "Kirchenentwicklung 2030" für seine Erzdiözese Freiburg plant. Die nun veröffentlichte "Raumplanung" zeigt, welche Kirchengemeinden künftig jeweils unter einer zentralen Verwaltung zusammenfasst werden. Was bedeutet das für die Katholiken in der Region? Und was halten die Geistlichen davon? Darüber hat die RNZ mit Pfarrer Arul Lourdu als Leiter der Seelsorgeeinheit Leimen-Nußloch-Sandhausen sowie mit Pfarrer Karlheinz Gaiser von der Kirchengemeinde Steinachtal St. Hildegund gesprochen.

"Gläubigenmangel, Personalmangel, zurückgehende Kirchensteuereinnahmen" hatte Erzbischof Burger bereits 2019 nach Bekanntwerden der ersten Pläne als Gründe für die Reform genannt. "Wenn dieser Schwund so weitergeht, ist das nicht mehr haltbar", sagt Pfarrer Lourdu. Die Reform des Erzbistums sieht vor, dass künftig ein leitender Pfarrer gemeinsam mit einem hauptberuflichen Geschäftsführer für die Verwaltung einer Pfarrei zuständig ist.

Pfarrer Arul Lourdu.Foto: Geschwill

Lourdu hält das für sinnvoll, "wenn man es richtig umsetzt", betont er. "Im Moment verwalten wir uns selber zu Tode", stellt er angesichts der vielfältigen Aufgaben von Pfarrern fest. "Es gibt wohl nur wenige Pfarrer, die die Leitung einer Pfarrei übernehmen wollen." So hofft Lourdu, dass sich entsprechend viele Priester wiederum mehr um ihre Aufgabe als Seelsorger kümmern können: "Ich sehe das positiv, weil dann endlich mehr Zeit bleibt, den Pflug in die Hand zu nehmen und auf dem Acker der Kirche zu arbeiten."

Die Gläubigen im Bereich seiner Seelsorgeeinheit kann Lourdu mit Blick auf die große Reform beruhigen: "Solange ich hier bin, werde ich nicht zulassen, dass dadurch weniger Gottesdienste bei uns stattfinden." Derzeit fänden fünf Gottesdienste pro Wochenende statt – und dies solle auch möglichst lange noch so bleiben. "Für die nächste Zeit" erwartet Lourdu auch keine weiteren Änderungen, personell sieht er die jetzige Seelsorgeeinheit Leimen-Nußloch-Sandhausen gut aufgestellt.

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Pfarrer Karlheinz Gaiser. Foto: Alex

Der für die Steinachtal-Kirchen in Heiligkreuzsteinach, Schönau und Wilhelmsfeld verantwortliche Pfarrer Karlheinz Gaiser blickt auf die Reformpläne mit "einer Mischung aus Hoffnung und Skepsis". Zwar könne auch er versichern, dass sich für die Gläubigen in seinen Gemeinden zunächst nichts ändere. "Aber wenn ich im Ruhestand bin, werden wahrscheinlich einige Pfarrer ausschwärmen müssen", sagt er mit Blick auf eine mögliche Lücke, die er im Steinachtal hinterließe. 2030 werde er "längst" im Ruhestand sein. Bis dahin gebe es hier wohl weiterhin drei Gottesdienste pro Wochenende.

Als "Spagat" betrachtet er die Folgen der Reform insofern, als dass künftig der leitende Pfarrer einer "Großpfarrei" gemeinsam mit dem Geschäftsführer einen "Überblick" über sämtliche Finanzen und zum Beispiel auch über Bauprojekte all "seinen" Kirchengemeinden haben müsse. "Im Moment hat jeder Pfarrer einen Überblick über die Verwaltung in seiner Gemeinde."

Hintergrund

> Die "Kirchenentwicklung 2030" in der Erzdiözese Freiburg sieht vor, die Seelsorgeeinheit Leimen-Nußloch-Sandhausen (13.600 Katholiken) mit Wiesloch-Dielheim, Walldorf-St. Leon-Rot und Letzenberg zu einer Pfarrei mit insgesamt über 46.000 Katholiken zusammenzufassen. Aus

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> Die "Kirchenentwicklung 2030" in der Erzdiözese Freiburg sieht vor, die Seelsorgeeinheit Leimen-Nußloch-Sandhausen (13.600 Katholiken) mit Wiesloch-Dielheim, Walldorf-St. Leon-Rot und Letzenberg zu einer Pfarrei mit insgesamt über 46.000 Katholiken zusammenzufassen. Aus den sechs jetzigen zum Dekanat Heidelberg-Weinheim gehörenden Seelsorgeeinheiten Steinachtal St. Hildegund, Schriesheim-Dossenheim, Hemsbach, Weinheim-Hirschberg und Ladenburg-Heddesheim sowie Stadtkirche Heidelberg werden zwei Pfarreien. Davon ist eine identisch mit der Stadtkirche Heidelberg, zu der bisher zwölf Pfarreien in Heidelberg und Eppelheim zählen, in denen gut 37.000 katholische Christinnen und Christen leben. Die anderen fünf genannten Seelsorgeeinheiten mit insgesamt 35.000 Katholiken bilden die zweite Pfarrei. Und die Seelsorgeeinheit Neckar-Elsenz (10.500 Katholiken) wird mit Bad Rappenau/Obergimpern, Eppingen, Sinsheim-Angelbachtal und Waibstadt zu einer Pfarrei mit insgesamt 42.700 Katholiken zusammengelegt. Die Errichtung der Pfarreien ist laut Erzdiözese für die Jahre 2025/2026 vorgesehen. Erstmals bekannt geworden waren die Pläne damals noch unter dem Titel "Pastoral 2030" zu Beginn des Jahres 2019. luw

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Zugleich sieht er auch, dass die Reform "aus einer gewissen Nott" heraus entstanden sind. Der extern einzustellende und mit der Position in einem Konzern vergleichbare Geschäftsführer solle übrigens ein Gehalt von "um die 10.000 Euro" monatlich erhalten, verrät Gaiser. "Ein Pfarrer macht das für weniger", ergänzt er.

Wichtig für die Umsetzung der Reform werde auch die Zusammenarbeit der Gemeindemitglieder: "Ich habe hier derzeit sehr gut funktionierende Teams, deren Koordinierung noch meine Aufgabe ist. Später muss man dann mal sehen…"

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