Neckargemünd/Heidelberg

RNV schafft Hublifte für Rollstuhlfahrer ab

Technik sei zu störanfällig - Defekte Lifte werden nicht mehr repariert - Bürgermeister Volk will mit Würzner reden

15.08.2017 UPDATE: 16.08.2017 06:00 Uhr 2 Minuten, 27 Sekunden

Mit den Hubliften können Rollstuhlfahrer den Höhenunterschied zwischen Bordstein und Bus mühelos überwinden - bislang. Foto: Alex

Von Christoph Moll

Neckargemünd/Heidelberg. "Wir drehen das Rad wieder um 30 Jahre zurück", kritisierte Matthias Westrich. Das Mitglied des Arbeitskreises "Barrierefreiheit" der Stadt sprach gleich zu Beginn der jüngsten öffentlichen Sitzung des Gemeinderates die Buslinie 35 an. Die Rhein-Neckar-Verkehrsgesellschaft (RNV) habe vor, kaputte elektrischen Hublifte als Einstiegshilfe für Rollstuhlfahrer aus wirtschaftlichen Gründen und wegen nicht erhältlicher Ersatzteile künftig nicht mehr zu reparieren. "Dabei ist doch Barrierefreiheit gerade in aller Munde", meinte Matthias Westrich.

RNV-Sprecher Thomas Sillmann bestätigte auf Anfrage der RNZ, dass sich das Verkehrsunternehmen langfristig von den Hubliften in der bisherigen Form verabschieden wird. Die Technik, mit der Rollstuhlfahrer auf einer Plattform ins Fahrzeug gehievt werden, hätte sich im täglichen Betrieb als zu anfällig erwiesen. "Es nützt ja nichts, wenn man eine super Technik hat, die aber nie funktioniert", sagte er. Wie Rollstuhlfahrer künftig in Busse kommen, werde noch geklärt. Auch hier könnte es wieder eine technische Lösung geben. Sillmann weist darauf hin, dass immer mehr Haltestellen barrierefrei ausgebaut werden und der Einstieg an höheren Bordsteinen einfacher werde. Dem habe auch der Heidelberger "Beirat für Menschen mit Behinderung" zugestimmt.

Bislang muss per Hand eine Rampe an der mittleren Tür der Gelenkbusse ausgeklappt werden, wenn der Hublift am vorderen Eingang beim Fahrer nicht funktioniert. Oft übernehmen dies hilfsbereite Fahrgäste oder eben der Busfahrer. Sillmann widersprach der Aussage, dass die RNV grundsätzlich keine defekten Hublifte mehr repariert. Dies sei nur bei fünf älteren Fahrzeugen der Fall. Für diese sei es schwierig, Ersatzteile zu bekommen. Hinzu komme, dass diese Busse auch keine Rampen zum Ausklappen haben, so Sillmann. Diese Fahrzeuge sollen aber möglichst schnell aus dem Betrieb genommen werden - spätestens Ende nächsten Jahres, wenn auf der Linie 22 zwischen Eppelheim und Heidelberg wieder Straßenbahnen fahren und dort keine Busse mehr benötigt werden. An allen neueren Busse auf der Linie 35 werden die Hublifte repariert, wenn sie defekt sind, betonte Sillmann.

Matthias Westrich meinte, dass die Klapprampen keine Alternative sind: "Sie ersetzen keinen Lift und machen nur Sinn, wenn der Bordstein hoch genug ist." Sonst seien sie zu steil und mit Elektrorollstühlen nicht befahrbar. "Ich habe außerdem erst letztens erlebt, wie ein Busfahrer sitzen geblieben ist, als eine Frau mit Rollator nicht in den Bus kam und die Rampe ausgeklappt werden musste", berichtete Westrich. Der Neckargemünder wies außerdem darauf hin, dass kleinere Kommunen es sich nicht leisten könnten, in den nächsten Jahren alle Haltestellen barrierefrei auszubauen. Für Neckargemünd mit dem SRH-Bildungszentrum, wo die Buslinie 35 beginnt, und seinen zahlreichen Rollstuhlfahrern seien die Hublifte deshalb besonders wichtig.

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Bürgermeister Frank Volk sagte, dass die Stadt Neckargemünd Druck auf die RNV ausüben müsse: "Ich werde mit meinem Heidelberger Amtskollegen Eckart Würzner reden." Die Stadt Heidelberg ist ein Anteilseigner der RNV. Die Stadt Neckargemünd werde die Hublifte auch in ihre Stellungnahme für den neuen Nahverkehrsplan Rhein-Neckar aufnehmen, der derzeit erarbeitet werde, kündigte Volk an. Er könne jedoch nichts versprechen.

Die Stadt werde unabhängig davon in den nächsten Jahren sukzessive ihre Haltestellen an der Linie 35 umbauen. Ein höherer Bordstein soll das Einsteigen erleichtern. Die Haltestelle gegenüber dem Bahnhof werde bereits im Rahmen der laufenden B 37-Baustelle umgerüstet, jene am SRH-Bildungszentrum sei nächstes Jahr an der Reihe. Da der Umbau einer Haltestelle mit etwa 100.000 Euro teuer sei, werde man zunächst jede zweite Haltestelle umbauen. "Wir wollen die Abstände zwischen barrierefreien Haltestellen möglichst gering halten", sagte Volk.

"Wir waren zunächst entsetzt, dass die Hublifte wegfallen", sagte Jutta Hufnagel von der SRH. "Für uns ist wichtig, dass sich unsere Schüler und Auszubildenden im öffentlichen Nahverkehr möglichst selbstständig bewegen können." Im besten Fall geschehe dies, ohne dass der Busfahrer aussteigen oder andere Fahrgäste helfen müssen. Durch den barrierefreien Ausbau der Haltestellen könne dies einfacher erreicht werden. "Wir können der RNV aber nicht vorschreiben, wie die Busse aussehen müssen."

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