Neckargemünd: Nicht alle Stadträte sahen die Notwendigkeit des Supermarkts
Kleingemünder Rewe-Markt: "Wer braucht schon 27 Chips-Sorten?"

Der neue Markt soll hinter dem ehemaligen VW-Autohaus Bernhardt an der Bundesstraße 37 (im Hintergrund) entstehen - der aktuelle Rewe-Markt (nicht im Bild) befindet sich aus diesem Blickwinkel rechts davon, Teile dessen Parkplatzes sind sichtbar. Visualisierung: IBB
Neckargemünd. (cm) Knapp war die Entscheidung für den neuen Rewe-Markt in Kleingemünd in der jüngsten öffentlichen Sitzung des Gemeinderats. So positionierten sich die Stadträte und ihre Fraktionen:
Jürgen Rehberger (Freie Wähler) meinte, dass der aktuelle Rewe-Markt mit seinen zugestellten Gängen kein großes Einkaufserlebnis biete. Seine Fraktion habe keine einheitliche Meinung.
Petra Groesser (Grüne) wunderte sich zunächst darüber, dass Bürgermeister Frank Volk nicht befangen ist, da dessen Frau im Rewe-Markt arbeite. "Wir lehnen die Erweiterung ab", sagte sie dann. Ja, einen schönen modernen Markt würden die Kunden wohl begrüßen und neue Kunden würden kommen. "Aber das ändert an den alten Ablehnungsgründen nichts." Sie habe die Protokolle gelesen - und alle Argumente von einst würden noch gelten. "Der neue Markt würde vor allem den Umlandgemeinden zu Gute kommen, Neckargemünd ist gesättigt." Rewe hätte sich für das Güterbahnhofsareal bewerben können, wo jetzt ein Netto-Markt stehe. Außerdem werde Kaufkraft zu Lasten der mittelständischen Geschäfte in der Altstadt abgezogen. Sie könne nicht nachvollziehen, dass das Einzelhandelsgutachten der Stadt hier nicht mehr gilt, so Groesser. Mit Blick auf den neuen Rewe-Markt in Schlierbach und "weitere Anfragen für Neckargemünd" fragte sie: "Mit wie vielen Supermärkten will man uns noch eindecken?" Groesser sorgte sich auch um die Zufahrt zur Bundesstraße 37, an der es jetzt schon lange Autoschlangen gebe.
Christian Rupp (CDU) sah das Vorhaben "unkritischer". Es gehe um "ein anderes Einkaufserlebnis für Neckargemünder" und nicht für Auswärtige. Die geplante Apotheke im bisherigen Getränkemarkt sei im Zusammenhang mit dem Pflegeheim sehr sinnvoll. Letzteres werde "hoffentlich noch dieses Jahr umgesetzt". Wichtig sei, dass kein Biomarkt mehr geplant ist. "Wir haben schon einen in der Stadt, den wir nicht verlieren wollen", meinte Rupp. Auch einen Getränkehändler gebe es schon in der Stadt. Rupp sah hier aber "keine Konkurrenz, sondern eher eine Verzahnung". Rupp wünschte sich, dass der alte Rewe-Markt optisch auf den neuesten Stand gebracht wird und ein Gesamtensemble entsteht. Das freie Grundstück sei eher eine Müllkippe und bleibe es auch, wenn es keine Nutzung gebe. Da derzeit auch das THW-Gebäude gebaut wird, halte man die Belastung der Anwohner kürzer.
Winfried Schimpf (SPD) fand gut, dass der neue Markt übersichtlicher gestaltet wird. "Das ist besonders wichtig, wenn ich den Einkaufszettel meiner Frau abarbeite", sagte er mit einem Augenzwinkern. Er habe bis zuletzt auf einen Einkaufsmarkt in der Altstadt gehofft, den man sich aber abschminken könne. In Kleingemünd werde durch die Anbindung an die B 37 jedenfalls kein Wohngebiet durch Autoverkehr belastet.
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Steffen Wachert (Freie Wähler) fand, dass der bisherige Markt nicht mehr zeitgemäß ist. "Ich werde aber keinem Neubau, sondern nur einer Erweiterung auf der bestehenden Fläche zustimmen." Kleingemünd brauche keinen neuen Markt. Wachert sorgte sich im Fall eines Neubaus um die Gewerbetreibenden.
Hermino Katzenstein (Grüne) verwies auf das Einzelhandelsgutachten der Stadt, das eine Erweiterung der Verkaufsfläche von Rewe um 300 Quadratmeter empfehle. Jetzt gehe es um doppelt so viel. Katzenstein führte den Rohrbacher Rewe-Markt an: "Es ist erschreckend: Wer braucht schon 27 Chips- und 37 Sektsorten? Bei diesem Overkill bin ich rückwärts wieder aus dem Markt herausgefallen!" Bei der großen Auswahl werde mehr weggeworfen. In den letzten Monaten hätte sich nichts geändert, was nun für eine Zustimmung spräche.
Manfred Rothe (Freie Wähler) störte, dass sich in Neckargemünd nur Supermärkte und Investoren ansiedeln: "Wir brauchen auch Unternehmen, die Gewerbesteuer zahlen", sagte er. "Andere Gemeinden bekommen das auch hin."
Walter Berroth (SPD) meinte, dass das Gelände irgendeiner Nutzung zugeführt werden müsse. "Keine Firma wollte sich bisher dort ansiedeln", sagte er und fragte seine Kollegen: "Was wollt ihr dann?"



