Neckargemünd

Keine Fotovoltaik auf den Altstädt-Dächern

Gemeinderat brachte Gestaltungssatzung auf den Weg: Jedes neue Bauvorhaben muss künftig der Stadt angezeigt werden - Fotovoltaikanlagen sind verboten

15.08.2016 UPDATE: 16.08.2016 06:00 Uhr 2 Minuten, 14 Sekunden

Wer in der Neckargemünder Altstadt leben will, muss auf Fotovoltaik verzichten. Diese Vorgabe der Gestaltungssatzung sorgt für Unmut. Foto: Alex

Von Christoph Moll

Neckargemünd. Jahrelang gab es sie nur als Entwurf - jetzt macht die Stadt Nägel mit Köpfen: Der Gemeinderat brachte in seiner jüngsten öffentlichen Sitzung die "Gestaltungssatzung Altstadt" auf den Weg und beschloss deren Offenlage. Jedes neue Bauvorhaben - auch Instandsetzungs- und Unterhaltungsarbeiten - muss künftig bei der Stadt "angezeigt" werden und den Bestimmungen der Satzung entsprechen. In dieser wird im Detail geregelt, was erlaubt ist und was nicht - von der Dachneigung bis zur Fassadenfarbe. Werden diese Vorschriften nicht beachtet, droht eine Geldbuße von bis zu 100.000 Euro. So sollen der Charakter der Altstadt und das historische Stadtbild geschützt und für die nächsten Jahrzehnte erhalten werden.

Zur Erarbeitung der Satzung hatte der Gemeinderat eine Kommission mit Mitgliedern aller vier Fraktionen eingesetzt, die zweimal tagte. Im Gemeinderat stellte der beauftragte Architekt Thomas Thiele die wichtigsten Eckpunkte vor. Er betonte, dass es einen Bestandsschutz gibt. "Wir haben über jeden Satz diskutiert", berichtete Thiele. Dennoch gab es auch in der Sitzung noch Gesprächsbedarf. Petra Groesser stieß sich vor allem am Verbot von Fotovoltaikanlagen: "Das geht aus unserer Sicht gar nicht", sagte die Grüne. "Wir haben ein Klimaschutzkonzept und sollten erneuerbare Energien fördern." Jetzt solle Fotovoltaik in einem ganzen Stadtteil verboten werden, ärgerte sie sich. "Für uns ist das nicht nachvollziehbar." Bei der Umrüstung von Heizungen seien Hauseigentümer teilweise sogar gezwungen, erneuerbare Energien einzusetzen.

"Die Zulassung von Fotovoltaikanlagen ist eine politische und grundsätzliche Entscheidung", meinte Architekt Thiele. Es gelte, zwischen Optik und Umwelt abzuwägen. In den schmalen Gassen würden die Anlagen auf den Hausdächern nicht so sehr auffallen, meinte Groesser. Ihr Fraktionskollege Hermino Katzenstein gab zu bedenken, dass Fotovoltaikanlagen einfacher nachzurüsten seien als Solarthermieanlagen, für die man Wasserrohre verlegen müsse. Diese sind jedoch in der Satzung erlaubt.

Dietmar Keller (SPD) ärgerte sich, dass das Thema noch einmal diskutiert werde: "Das hatten wir doch alles schon in der Kommission." Frank Volk (Freie Wähler) gab zu bedenken, dass es um 200 bis 250 von insgesamt 3700 Gebäuden in Neckargemünd geht. "Außerhalb der Altstadt gibt es bei Fotovoltaik auch Aufholbedarf." So zum Beispiel im Wiesenbacher Tal, wo nur jedes zehnte Gebäude - trotz großer Dachflächen, die es in der Altstadt nicht gebe - mit einer Anlage ausgestattet sei. "Die Altstadt soll so schön bleiben wie sie ist", meinte Volk. Er sei froh, dass der Anblick von der Rothsnasenhütte durch das Verbot so bleibe wie er ist, woraufhin Hermino Katzenstein bemerkte: "Das ist die Nordseite, da macht niemand eine Fotovoltaikanlage auf sein Dach." Die Satzung lasse noch Gestaltungsfreiraum, meinte Volk. "Es gibt Ausnahmen, aber hellblaue Häuser brauchen wir nicht."

Karl Albert Schubert (SPD) sah in Sachen Fotovoltaik keine Willkür: "Wir haben triftige Gründe gefunden." Es gebe viele andere Alternativen wie zum Beispiel Wärmepumpen: "Das ist der Fantasie der Eigentümer überlassen." Schuberts Fraktionskollege Walter Berroth sah im Ansinnen der Grünen sogar einen "Treppenwitz". "Wenn wir das zulassen, brauchen wir keine Satzung", meinte er. "Wer in der Altstadt lebt, muss eben darauf verzichten." So sah es auch Anne von Reumont (CDU): "Das ist zumutbar."

Bei vier Gegenstimmen wurde das Fotovoltaik-Verbot beschlossen, der Rest der Satzung wurde bei vier Enthaltungen gutgeheißen. Petra Groesser befürchtete viel Arbeit für den Bauausschuss, weil Bauherren nun Befreiungen möchten. "Die Satzung erreicht nicht jedes Bauvorhaben", räumte Thiele ein.

Nun können Bürger Kritik äußern und Änderungen anregen, die dann ebenso vom Gemeinderat diskutiert werden wie die Stellungnahmen der "Träger öffentlicher Belange". Wenn es keine gravierenden Änderungen mehr gibt, kann auf eine zweite Offenlage verzichtet und die Satzung verabschiedet werden.

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