Neckargemünd: Bürgermeister Althoff vom Gemeinderat verabschiedet

Nach 16 Jahren als Bürgermeister von Neckargemünd endet an diesem Sonntag, 31. Juli, die Amtszeit von Horst Althoff

27.07.2016 UPDATE: 28.07.2016 06:00 Uhr 2 Minuten, 37 Sekunden

Mit einem Neckargemünd-Gemälde dankten die Stadträte (v.l.) Karl Albert Schubert (SPD), Petra Groesser (Grüne), Jürgen Rehberger (Freie Wähler) und Anne von Reumont (CDU) stellvertretend für ihre Fraktionen Horst Althoff. Foto: Alex

Von Christoph Moll

Neckargemünd. "Danke für die tolle Zusammenarbeit - wir können stolz sein auf das Erreichte." Es war 22.22 Uhr im großen Sitzungssaal des Rathauses, als Bürgermeister Horst Althoff die jüngste öffentliche Sitzung des Gemeinderates schloss. Es war seine letzte. Nach 16 Jahren endet an diesem Sonntag, 31. Juli, Althoffs Amtszeit, am Montag, 1. August, tritt dann Frank Volk sein Amt als neuer Bürgermeister der Stadt am Neckar an.

Hintergrund

Die Fraktionen würdigten den scheidenden Bürgermeister

Anne von Reumont (CDU) zitierte eine Überschrift aus der RNZ:

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Die Fraktionen würdigten den scheidenden Bürgermeister

Anne von Reumont (CDU) zitierte eine Überschrift aus der RNZ: "Horst Althoff zeigt Größe nach seiner Abwahl". "Wir haben auch keine andere Reaktion erwartet", sagte von Reumont. Althoff habe die Niederlage professionell und fast schon sportlich weggesteckt. Andere Gemeinden hätten solch ein Glück nicht. Die Niederlage habe sich zwar schon nach dem ersten Wahlgang angedeutet, aber der Abschied falle schwer, sagte von Reumont auch als Ortsvorsteherin von Waldhilsbach. Althoff hinterlasse seinem Nachfolger ein gut bestelltes Haus. Zusammen mit dem Gemeinderat habe er "beste Resultate" erzielt. "In Neckargemünd fühlt sich jeder wohl." Mensch und Umwelt seien bei Althoff immer im Mittelpunkt gestanden. Man könne gar nicht alles Erreichte aufzählen.

"Es war eine Freude, Dich zu kennen", sagte von Reumont. "Man konnte immer offen mit Dir diskutieren." Als Sternzeichen Skorpion habe Althoff aber auch manchmal "unvermutet den Stachel ausgefahren". Ein Talent sei, dass er auf Menschen zugehe. "Parteifarbe war nie Dein Ding, es ging Dir immer um die Sache." Althoff sei für alle Anliegen offen gewesen und habe Kompliziertes gut erklären können. Unter Frank Volk würden die oft sehr langen Sitzungen wohl nicht mehr "mit leichter Verspätung" beginnen, mutmaßte von Reumont. Althoff sei stets verbindlich und zuverlässig gewesen und habe viel Verständnis für Hilfe suchende Menschen gehabt. "Du hast die Stadt exzellent nach außen präsentiert." Jetzt gebe es endlich mehr Zeit zum Lesen von Mankell-Krimis sowie für seine Kinder und Lebensgefährtin. "Wenn Du etwas nicht kannst, ist es Stillsitzen", sagte sie zu Althoff. Man freue sich auch auf die Zusammenarbeit mit Volk.

Jürgen Rehberger (Freie Wähler) blickt gerne auf die letzten 16 Jahren zurück, wie er sagte. "Die Zusammenarbeit war vertrauensvoll und eng, wir konnten uns aufeinander verlassen." Horst Althoff sei immer am Puls der Zeit gewesen und habe die Chancen am Schopfe gepackt. Rehberger nannte insbesondere die Brände des Hotels "Ritter" und des Schulzentrums im Jahr 2003. "Das hat viel Kraft, Einsatz und Energie bedeutet - Du warst rund um die Uhr im Dienst." 1400 Schüler in kürzester Zeit unterzubringen, sei eine logistische Herausforderung gewesen. Althoff habe sich bei der Schadensregulierung als harter und gewiefter Verhandlungsführer erwiesen. Irgendwann habe der Vorstand der Badischen Gemeindeversicherungen "fix und fertig" resigniert. "Du kannst erhobenen Hauptes das Rathaus verlassen."

Karl Albert Schubert (SPD) meinte, dass man sich mit dem Abschied von Horst Althoff erst einmal abfinden müsse. Mit seiner ersten Abstimmung im Gemeinderat habe Althoff gleich gezeigt, dass es ihm um die Sache gehe, da er damals gegen "seine" CDU gestimmt habe. Schubert würdigte Althoffs Einsatz insbesondere nach den Großbränden. Die Realisierung des Kleingemünder Neubaugebiets als "Meilenstein" habe man unter "zum Teil großen Anfeindungen" durchgestanden. Jeder Bürger sei ohne gesellschaftliche Schranken gehört worden.

Hermino Katzenstein (Grüne) sagte, dass Horst Althoff immer nach Kompromissen und der gemeinsamen Linie im Gemeinderat gesucht habe - auch wenn dann in den Sitzungen länger diskutiert werden musste. Als "sehr guter Demokrat" habe der scheidende Bürgermeister immer andere Meinungen akzeptiert. Und trotz der Schwierigkeiten habe er immer das Naturbad verteidigt und "wie eine Wand" davorgestanden. Beim Klimaschutz sei Neckargemünd weit vor anderen Gemeinden. "Wir werden Sie in der Stadt vermissen", sagte Katzenstein.

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Die letzte Sitzung des Gemeinderates vor der Sommerpause war zunächst eine ganz gewöhnliche: Sie begann - wie immer - "mit leichter Verspätung" und einer "interessanten Tagesordnung" (Althoff). "Wenigstens haben wir gutes Wetter und es ist warm", schmunzelte der Bürgermeister.

Das war eine reinste Untertreibung: Der Sitzungssaal war ein Brutkasten, Althoff und die Räte mussten jedoch bei 16 Tagesordnungspunkten einen kühlen Kopf behalten. Erst unter dem letzten Punkt "Verschiedenes" kam Abschiedsstimmung auf.

Bevor die Räte den Bürgermeister würdigten (siehe anderer Artikel) und diesem ein Neckargemünd-Gemälde von Dieter Portugall schenkten, blickte Althoff zurück auf seine beiden Amtszeiten. Eine offizielle Verabschiedung wird es nicht geben.

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Applaus gab es schon, als Althoff ankündigte, auf die üblichen Themen unter "Verschiedenes" zugunsten seiner "Worte des Abschieds" und einer Bilanz der letzten 16 Jahre verzichten zu wollen. Er betonte, dass er das Amt nie als "Alleinunterhalter und Alleinherrscher" verstanden habe.

Die Beteiligung der Bürger sei ihm immer wichtig gewesen - so zum Beispiel beim Stadtleitbild 2001 und 2002, bei Funkmasten und bei Erschließungsmaßnahmen. "Wir haben die Bürger immer einbezogen und umfassend informiert."

Besonders in Erinnerung sei ihm eine Begegnung mit seinem Vorgänger Oskar Schuster in seinem ersten Wahlkampf im Jahr 2000 geblieben, so Althoff. Dieser habe damals geschätzt, dass es noch fünf Jahre dauern würde, bis die Umgehungsstraße mit dem Hollmuth-Tunnel fertig ist. "Es wurden dann elf Jahre." Das "Jahrhundertbauwerk" habe viele Belastungen für die Anwohner bedeutet, funktioniere aber gut.

Althoff nannte auch die Umgestaltung der Hauptstraße sowie die Verlegung des Rathauses unter ein Dach im Jahr 2004 sowie den Ausbau der Kinderbetreuung.

Nie vergessen werde er den 2. Juni 2003, als um 14 Uhr eine Rauchsäule über der Stadt aufstieg und das Schulzentrum in Flammen aufging: "So etwas hatte ich noch nicht gesehen", so Althoff. "Die Zeit danach mit schlaflosen Nächten will ich nie mehr mitmachen." "Legendär" und "prägend" sei für ihn die Entscheidung gewesen, das neue Schulzentrum als Passivhaus zu bauen, die "morgens um halb vier" an der Theke des damaligen "Jaber’s" gefallen sei, so Althoff.

Man habe alles "super hingekriegt", obwohl direkt nebenan die Umgehungsstraße und der neue S-Bahnhof Altstadt gebaut wurden. Überhaupt sei Neckargemünd über den öffentlichen Personennahverkehr "richtig gut" angebunden. Teilweise bestehe ein Halbstundentakt in die Ortsteile.

Lange diskutiert habe man über das Kleingemünder Neubaugebiet. Er sei dankbar, dass fast der ganze Gemeinderat dahinter stand. "Nur deshalb haben wir es durchgestanden und sind keine dauerhaften Gräben entstanden." Die vielen jungen Familien würden die Stadt beleben.

Die Hallen seien saniert und "top in Schuss", man habe alle Abteilungen der Feuerwehr erhalten und trotz finanzieller Schwierigkeiten gut ausgestattet. Die von einem Eigenbetrieb in eine "gut funktionierende Gesellschaft" umgewandelten Stadtwerke würden auf gesunden Füßen stehen, die Verschuldung der Stadt sei "insgesamt moderat".

Eines der Erfolgsgeheimnisse sei die offene Diskussionskultur gewesen: "Es war gut, dass wir im Gemeinderat nicht jedem Einzelinteresse nachgegeben haben, sondern uns immer am Wohl der Bürgerschaft ausgerichtet haben", so Althoff.

Frank Volk habe er in einige Entscheidungen bereits eingebunden, berichtete Althoff: "Wir haben uns abgestimmt, aber er hatte das letzte Wort." Das Ziel sei eine "ordentliche Übergabe". Althoff wünschte Volk eine glückliche Hand, Tatkraft, Durchsetzungsvermögen, Standhaftigkeit und Gelassenheit. "Ich bin mir sicher, dass Du die Stadt weiterentwickelst", so Althoff zu Volk. "Mich hat der Job meine Familie gekostet - mache es besser."

Bürgermeister hätten die höchste Scheidungsrate und würden früh sterben. Es sei wichtig, Pausen zu machen und Luft zu holen. Es folgte eine Umarmung.

Er sei nicht gerade für seine Geduld bekannt, sagte Althoff und dankte für die Nachsicht. Das werde auch so bleiben. "Jetzt beginnt aber ein neuer Lebensabschnitt und ich werde mich neu orientieren - es war eine schöne Zeit." Die Räte standen auf und applaudierten.

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