Dem Rathaus fehlen Rechenkünstler
Der Gemeinderat vergab die Vermögensbewertung und die Eröffnungsbilanz fremd – Eine Arbeitsgruppe wurde gegründet

Meceksheim steht vor großen Herausforderungen. Wie die Haushaltsumstellung. Foto: Fink
Von Manuel Reinhardt
Meckesheim. Die Gemeinde hat derzeit Großes vor: Anbau der Schule, Leitungsbau Meckesheimer Höfe, Deckenprogramm, Ortskernsanierung, "alla hopp!"-Anlage. Und zu den baulichen Großprojekten schwebt auch noch die Umstellung auf das neue kommunale Haushalts- und Rechnungswesen - die sogenannte Doppik - zum 1. Januar 2019 über der Verwaltung. Darum hat der Gemeinderat in seiner jüngsten Zusammenkunft beschlossen, sich für Vermögensbewertung und Eröffnungsbilanz zur Haushaltsumstellung externe Hilfe zu holen.
Die Doppik soll in sechs Teilprojekten eingeführt werden: Neben Vermögensbewertung und Eröffnungsbilanz kommen noch Produktplanung und Haushaltsstruktur, Kosten- und Leistungsrechnung, Mitarbeiterqualifikation, Softwareumstellung und Qualifikation und Kommunikation auf das Rechnungsamt zu. Lediglich das erste - und umfassendste - Projekt wird nun aber in fremde Hände gegeben, wie Kämmerer Ludwig Kudis erklärte: "Das ist der größte Baustein, der Rest bleibt bei uns."
Die Vermögensbewertung und Aufstellung der Eröffnungsbilanz ist ein Mammutprojekt: "Alles muss bewertet werden", sagte Kudis. "Rund 1000 Flurstücke." Neben bebauten Grundstücken, oder Ackerland müssen zudem bewegliche Anlagevermögen - etwa Büroausstattung oder Fuhrpark - Straßen, Brücken oder Treppenanlagen untersucht werden. Die Ergebnisse fließen dann in die Eröffnungsbilanz.
Würde das Rechnungsamt nun selbst bewerten, wäre die Mithilfe der jeweiligen Fachämter im Rathaus nötig. Denn nur Mitarbeiter etwa des Haupt- und Bauamts können Fragen zu Umfang, Herstellungsjahr oder zur Gestaltung baulicher Maßnahmen beantworten. Und da kommen die aktuellen Großprojekte ins Spiel: Denn dadurch sind die Verwaltungsmitarbeiter gebunden. Und die Personalsituation im Rechnungsamt ist angespannt. "Die anfängliche Meinung, das Projekt in Eigenregie zu stemmen, musste aufgegeben werden", hieß es in den Sitzungsunterlagen. Aufgelaufene Überstunden, Urlaub aus den Vorjahren, Schulungen, Krankheit, Kündigung - zuviel für die Meckesheimer Rechenkünstler.
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Entsprechend wurden mehrere Unternehmen angeschrieben, um die Bewertung und Eröffnungsbilanz vorzunehmen. Das günstigste Angebot gab die Firma "Rödl & Partner" in Höhe von 40.060 Euro ab. Sie kann bereits Erfahrungen mit anderen Gemeinden bei der Haushaltsumstellung vorweisen.
Bei den Räten stieß die Ausgliederung auf Verständnis. "Das macht Sinn, weil wir das mit unserer Manpower nicht auf die Reihe kriegen", meinte Clemens Heck (CDU). Er schlug aber vor, eine Arbeitsgruppe mit jeweils einem Mitglied der drei Fraktionen zu gründen, um sich mit dem Kämmerer über die "sehr komplexen Sachverhalte" auszutauschen und Fragen zu klären. Den Vorschlag fand auch Ludwig Kudis gut. "Es ist keine Schande, sich Hilfe zu suchen", sagte Steffen Walter (MUM).
Und holte - wieder mal - zu einem Seitenhieb gegen die frühere Rathausspitze aus: "Da wird einiges auf den Tisch kommen, wie die Finanzen der Gemeinde sind." Ähnliches trieb seinen Fraktionskollegen Steffen Nahler um: Die Vermögensbilanz liege doch nicht erst seit vier Wochen auf dem Tisch. Man habe doch vor einem Jahr eigens eine Person für eine Vermögensbewertung eingestellt, fragte er. Könne man diese Ergebnisse nicht nutzen. Auch Jürgen Köttig (MUM) hatte so etwas in Erinnerung: "Da gab es doch eine Mitarbeiterin, die einen Monat lang mit Foto und Zollstock durch die Liegenschaften gegangen ist?"
Als Hauptamtsleiter Uwe Schwarz hierzu Aufklärung leistete, war die Überraschung bei den MUM-Räten aber groß: "Das war nur eine Bestandsaufnahme und hatte mit Vermögen nichts zu tun", so Schwarz. "Das haben wir aber definitiv als Vermögensbewertung verkauft bekommen", hielt Steffen Nahler dagegen. Dem entgegnete Rose Schuh (SPD): "Es kann doch nicht sein, dass eine weniger als 400-Euro-Kraft die gleiche Arbeit wie ein Verwaltungsmitarbeiter macht." Doch auch diese Daten können nicht verwendet werden: "Die Leute sind nicht mehr da, es gibt keine Unterlagen", erklärte Bürgermeister Maik Brandt.
Also liegt das jetzt in der Hand der Firma "Rödl & Partner". Ihr vergab der Gemeinderat einstimmig die Vermögenserfassung und Erstellung der Eröffnungsbilanz. Nur Steffen Nahler enthielt sich.



