Internet in Neckargemünd: Die Schneckenpost hat ein Ende
Die Telekom rüstet etwa 98 Prozent des Stadtgebiets auf die neue Vectoring-Technik um

Die grauen Verteilerkästen am Straßenrand werden künftig größer ausfallen. Foto: Alex
Von Christoph Moll
Neckargemünd. Im ganzen Stadtgebiet wird in den nächsten Monaten gegraben. Doch im Gegensatz zur anstehenden B 37-Sanierung werden diese Baustellen den Autoverkehr wohl kaum behindern, den Datenverkehr sollen sie dafür rasant beschleunigen. Die Telekom rüstet etwa 98 Prozent des Stadtgebiets auf die neue Vectoring-Technik um. Damit soll die digitale Schneckenpost endlich ein Ende haben. Selbst aus den lahmsten Internetanschlüssen der Stadt sollen damit Datenautobahnen werden - aus 1 Mbit pro Sekunde könnten auf einen Schlag 100 werden. Geplagte Nutzer können aufatmen.
Hintergrund
Bei der Vectoring-Technik handelt es sich um eine Verbesserung des bisherigen Internet-VDSL-Standards. Bei diesem bleiben die Kupferkabel zwischen dem Verteiler am Straßenrand und dem Hausanschluss bestehen. Zwischen den Verteilern aber werden Glasfaserkabel gelegt, wofür
Bei der Vectoring-Technik handelt es sich um eine Verbesserung des bisherigen Internet-VDSL-Standards. Bei diesem bleiben die Kupferkabel zwischen dem Verteiler am Straßenrand und dem Hausanschluss bestehen. Zwischen den Verteilern aber werden Glasfaserkabel gelegt, wofür auch der Boden - in der Regel Gehwege - aufgegraben werden muss. Dies geschieht nun auch in Neckargemünd. Hier werden insgesamt 4220 Meter aufgegraben.
Die Vectoring-Technik gleicht elektromagnetische Störungen in den Kupferkabeln aus, sodass höhere Übertragungsgeschwindigkeiten möglich sind. Doch diese Technik braucht Platz, neue größere Verteilerkästen müssen aufgestellt werden - in Neckargemünd sind es insgesamt 17 Stück im gesamten Stadtgebiet. Diese seien aber "grau und unauffällig wie vorher", erklärt Telekom-Regiomanager Wolfgang Neumann.
Während bei FTTC ("Fiber To The Curb") die Glasfaserleitungen - wie nun in Neckargemünd - bis zur Bordsteinkante gelegt werden, führen sie bei FTTH ("Fiber To The Home") direkt ins Haus, wofür der Vorgarten aufgegraben werden muss. Diese Technik kommt deshalb bisher hauptsächlich in Neubaugebieten und bei Geschäftskunden zum Einsatz.
Vectoring erlaubt derzeit Geschwindigkeiten von 100 Mbit pro Sekunde im Down- und 40 Mbit pro Sekunde im Upload. Ab nächstes Jahr sollen es beim neuen Technikstandard "Super-Vectoring" 250 und 100 Mbit pro Sekunde sein. Wer auf die neue Technik umsteigen will, muss dies übrigens auch aktiv bei seinem Anbieter beantragen - sonst bleibt er bei der alten Kupfer-Technik. "Wir bauen diskriminierungsfrei", erklärte Wolfgang Neumann. Heißt: Andere Anbieter können bei der Telekom Kontingente erwerben und das Netz für ihre Kunden nutzen. cm
Diese frohe Botschaft verkündete Bürgermeister Frank Volk in der jüngsten öffentlichen Sitzung des Gemeinderates, zu der auch die Regio-Manager Ana Pia Engel und Wolfgang Neumann von der Telekom gekommen waren. "Die Telekom hat sich gegenüber der Bundesnetzagentur verpflichtet, den Vectoring-Ausbau bis zum 31. Oktober 2017 abzuschließen", so Volk. "Es wird fast die ganze Stadt versorgt." 98 Prozent der Haushalte könnten sich über mindestens 25 Mbit pro Sekunde freuen, die Mehrheit sogar über bis zu 100. In einem ersten Entwurf seien das Gewerbegebiet Dilsberger Straße und der Ortsteil Rainbach nicht berücksichtigt gewesen, so Volk. "Dies wäre aber sehr wichtig, wir brauchen dringend schnelle Anschlüsse."
Ana Pia Engel machte deutlich, dass der Ausbau schnell und kostengünstig erfolgen kann. "Er kostet die Gemeinde nichts", betonte ihr Kollege Wolfgang Neumann. Die Telekom investiere jedes Jahr vier Milliarden Euro in den Netzausbau, denn die Anforderungen wachsen. Schon jetzt würden Kunden zu spüren bekommen, dass das Kupfernetz an die Grenzen gerät und die Übertragungsgeschwindigkeit in bestimmten Zeiten abfällt, so Neumann. Deshalb setze man auf die schnellere Glasfasertechnik, mit der Daten - im Gegensatz zu Kupferleitungen - beliebig weit ohne Verluste übertragen werden könnten.
Volk machte deutlich, dass der Glasfaserausbau in jede Straße durch den Zweckverband "Fibernet" des Landkreises parallel weiterlaufe. Bis dieser jedoch abgeschlossen sei, werde es noch zwölf bis 13 Jahre dauern. Für Neckargemünd seien Kosten von acht Millionen Euro für alle Straßen berechnet worden. "Ohne diesen Ausbau wäre die Telekom jetzt nicht aktiv geworden", zeigte sich Volk überzeugt. "Konkurrenz belebt das Geschäft", sagte Neumann dazu. Bei den aktuellen Tiefbauarbeiten sollen gleich Leerrohre für den späteren Fibernet-Ausbau verlegt werden.
Hermino Katzenstein (Grüne) bezeichnete Vectoring als "nette Übergangstechnologie". Er erinnerte an die Probleme beim Ausbau in Dossenheim mit blockierten Einfahren und offenen Baugruben. "Es wird viel aufgegraben, aber es geht auch schnell", meinte Telekom-Managerin Engel. Waldhilsbachs Ortsvorsteherin Anne von Reumont (CDU) berichtete von der Unterschriftenaktion für schnelleres Internet: "Bei uns laufen die Mails noch zu Fuß, Überweisungen beim Online-Banking brechen ab", sagte sie. "Wir sind glücklich, dass sich etwas tut." Übrigens: Nicht nur Neckargemünd kann sich freuen: Die Telekom will das ganze Vorwahl-Gebiet 06223 ausbauen, also auch Bammental, Wiesenbach und Gaiberg.