Für das verletzte Rehkitz klingelt nachts zwei Mal der Wecker
Im August soll das Rehkitz wieder zurück in die Freiheit

Der rote Verband deckt die tiefe Fleischwunde ab, die Rehkitz Luzy beim Mähen eines Luzernenfeldes erlitten hatte.
Gaiberg. (kaz) Vor den Teddybären auf dem Bett sieht Luzy fast selbst aus wie ein Plüschtier. Doch das wenige Tage alte Rehkitz ist quicklebendig und neuerdings der Sonnenschein im Haus von Ralph und Anne Steffen in Gaiberg - auch wenn ihm Anne zwei Mal mitten in der Nacht das Fläschchen mit Ziegenmilch geben und sich dafür den Wecker auf 2 und 5 Uhr früh stellen muss.
Das Rehkitz wurde vor einer Woche in Mannheim-Sandhofen beim maschinellen Mähen eines Luzernenfelds verletzt. Der Landwirt meldete den Vorfall dem zuständigen Jagdpächter, der sofort zu Hilfe eilte. Ein zweites Kitz konnte nicht mehr gerettet werden. Luzy erlitt eine tiefe Fleischwunde am rechten Hinterbein, das Gelenk blieb zum Glück unverletzt. Und so ist sie samt rotem Verband schon ganz gut im Schlafzimmer unterwegs, geht aber doch am liebsten in ihre "Deckung" - bestehend aus einer Plastikkiste, gepolstert im Handtüchern, wo sie auch tagsüber noch viel schläft.
Schmatzend macht sie sich dort aber auch über das Grünfutter her, das ihre Ersatz-Mama für sie gesammelt hat: Rotklee, Sauerampfer, Löwenzahn - das schmeckt! Dass Luzy nun in Gaiberg aufwächst, hat damit zu tun, dass Ralph Steffen Jäger und Leiter der Jagdschule Rhein-Neckar ist. Der Jagdpächter von Sandhofen wusste, dass dieser zusammen mit seiner Frau vor etwa 25 Jahren schon Mal ein Rehkitz aufgepäppelt hat, und war sich sicher: Die beiden würden das nochmals tun.
Nun sehen beim Ehepaar Steffen die nächsten Monate anders aus als geplant. Ein zweiwöchiger Urlaub in die Provence wurde abgesagt. Da das Paar aber in einem wunderschönen alten Bauernhaus mit Garten wohnt, werden sie den Juni auch in ihrer Heimat genießen. Indessen wird der Garten zum Gehege für Luzy umgestaltet. Nicht nur, dass das Rehkitz dort Rosenblätter oder frisches Grün von der Buche fressen darf. Auf einem Teil der Rasenfläche wird bald die Samenmischung "Reh- und Hasengarten" aufgehen. Dort soll Luzy - die so heißt, weil sie im Luzernenfeld und damit inmitten von Futterpflanzen gefunden wurde - lernen, von was sie sich später im Wald ernähren kann.
Im August oder September soll sie nämlich in die Freiheit entlassen werden. Vielleicht wieder auf Wald und Wiesen von Sandhofen. Ein gut geführter Tierpark wäre eine Alternative. Ihr erstes Kitz haben Anne und Ralph Steffen in den Heidelberger Stadtwald entlassen. Das ging der neuen Freiheit mit übermütigen Sprüngen entgegen und hat sich nicht mal mehr nach den Ersatzeltern umgedreht. Keine Ahnung, was Luzy machen wird. Darüber wollen die Steffens auch noch gar nicht nachdenken, sondern erst mal ihre "Elternzeit" mit dem niedlichen Rehkitz genießen.
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Derweil ist für Jäger Ralph Steffen eine Herzensangelegenheit, darauf hinzuweisen, dass Rehkitze im hohen Gras auf keinen Fall angefasst werden sollten, weil diese danach wegen des Menschengeruchs von der Mutter im Stich gelassen werden könnten. Die Kitze tarnen sich aufgrund ihrer Fellfärbung gut vor Fressfeinden, sind aber leider nicht vor Mähdreschern geschützt. Wer auf einem Feld etwas Auffälliges bemerkt, kann den Notruf wählen und wird an einen Fachmann weiter vermittelt.