Baumfällungen in Dossenheim: Jochen Konradi ärgert sich über Bußgeldbescheid
Konradi ist einer von mehreren Winzern aus Dossenheim, denen Bußgeldbescheide zugestellt wurden - "Das ist keine Brandrodung am Amazonas"

Ärgern sich über die Vorgehensweise des örtlichen BUND und des Landratsamts: die Hobbywinzer Dieter König (l.) und Jochen Konradi. F.: Alex
Von Nikolas Beck
Dossenheim. Jochen Konradi blickt auf seine Weinreben am Hang hinunter und schüttelt den Kopf: "Wenn das schon nicht okay ist, will man dann Weinbau in Dossenheim überhaupt?" Konradi ist einer von mehreren Winzern der Bergstraßengemeinde, die kürzlich Post von der Unteren Naturschutzbehörde des Rhein-Neckar-Kreises bekamen. Ingesamt 15 Bußgeldbescheide seien an Dossenheimer verschickt worden, bestätigt das Landratsamt der RNZ. Es handele sich hierbei um "nicht zulässige Baumfällungen im Vogelschutz- und/oder Landschaftsschutzgebiet".
450 Euro sind es, die Jochen Konradi bezahlen soll. Der Vorwurf an ihn: Ehrhebliche Einflussnahme in ein Vogelschutzgebiet, Umbruch von Brache und die Entfernung von Gehölzbeständen. "Das hört sich an, als ob ich am Amazonas Brandrodung betrieben hätte", ärgert sich der studierte Agrarbiologe.
Seit 1996 hat Konradi das etwa 30 Ar große Grundstück am Dossenheimer Ölberg gepachtet. Zum damaligen Zeitpunkt sei es landwirtschaftlich genutzt worden: Im unteren Bereich seien Kartoffeln angebaut worden, der Rest sei mit Reben bepflanzt gewesen.
Konradi ist sich sicher: Durch die von ihm in den letzten Jahren durchgeführten Maßnahmen haben sich die Lebensbedingungen für Vögel auf seinem Grundstück erheblich verbessert. So habe er Hecken gepflanzt, Nistkästen angebracht und für eine artenreiche Begrünung gesorgt. Zudem sei nicht nur der alte Baumbestand erhalten geblieben, sondern zahlreiche neue Bäume gepflanzt worden. Von diesen neuen seien lediglich zwei kleine Apfelbäume und ein Walnussbaum wieder entfernt worden.
Doch als Konradi vor einigen Jahren den Weinberg neu anlegen wollte - laut Pachtvertrag ist er dazu auch verpflichtet - wurde unter anderem auf eben diese entfernten Bäume der örtliche BUND aufmerksam. Er geißelte eine "systematische Rodung" und wandte sich im Juli 2012 an die Untere Naturschutzbehörde. In einem Schreiben hieß es damals: "Das an der Bergstraße typische kleinräumige Mosaik brachliegender Weinberge mit Trockenmauern und Trockengebüschen, Obstbaumwiesen sowie Gärten mit Hochstamm-Obstbaumwiesen und Vorkommen von Neuntötern und weiterer gefährdeter Vögel, Reptilien, Schmetterlinge und Pflanzen wurde durch eintönige und großflächige Weinberge ersetzt, die mit regelmäßiger Anwendung von Herbiziden bewirtschaftet werden."
Jochen Konradi möchte nicht ausschließen, dass es Winzer gibt, die über die Stränge schlagen. Er selbst - wie auch seine Nachbar Dieter König, der ebenfalls einen Bußgeldbescheid bekam - verzichteten aber aber schon seit vielen Jahren auf Herbizide, Insektizide und den Einsatz von Kunstdünger. In Sachen "ökologischer Weinbau" haben Konradi und König sogar eine Art Vorbildfunktion inne: "Das Staatliche Weinbauinstitut in Freiburg führt seine Beratungen zum ökologischen Weinbau bei uns durch", sagt Konradi.
Was ihn ärgert, ist nicht zwingend das Bußgeld. Vielmehr stört es ihn, dass Bescheide verschickt wurden, ohne sich vor Ort ein Bild zu machen und über eventuelle Missverständnisse zu diskutieren. Winzer würden pauschal in die "böse Ecke gestellt" - und das von Leuten, bei denen er sich nicht immer sicher sei, ob diese über ausreichend Kenntnis verfügen.
Die Freude an seinem Hobby - im Hauptberuf berät der 43-jährige Familienvater Weinbaubetriebe für die ZG Raiffeisen - hat er dennoch nicht verloren. Zwei Rot- und zwei Weißweine, ein paar Tausend Flaschen produziert Konradi im Jahr. Gegen den Bußgeldbescheid hat der Dossenheimer, der auch für die SPD im Gemeinderat aktiv ist, inzwischen Widerspruch eingelegt. Er sagt: "Wir sind sicherlich nicht die großen Umweltzerstörer hier." Für diese Klarstellung wollen König und Konradi weiter kämpfen.