Neubaustrecke Mannheim-Karlsruhe

Rattert bei Eppelheim bald der Güterverkehr?

Eine Infoveranstaltung der DB Netze ließ diese Möglichkeit offen. Hintergrund ist der Schienenausbau zwischen Mannheim und Karlsruhe.

20.01.2022 UPDATE: 21.01.2022 06:00 Uhr 3 Minuten, 43 Sekunden
Foto: sg

Von Sabine Geschwill

Eppelheim/Region. Der rund zwei Kilometer breite Landschaftsstreifen zwischen Eppelheim und Plankstadt ist begehrt, wenn es um Großprojekte wie den geplanten Bau einer neuen Gasleitung oder den Neu- und Ausbau einer zweigleisigen Trasse für den Güter- und Personenfernverkehr geht. Ob Eppelheim neben der Autobahn im Osten in Zukunft auch ratternden Güterverkehr im Westen ertragen muss, wird sich bald zeigen. Denn eine von derzeit vielen angedachten Varianten für den Neubau einer Gütertrasse von Mannheim über Edingen-Neckarhausen, Heidelberg-Grenzhof, Sandhausen und Walldorf in Richtung Karlsruhe könnte auf den Feldern zwischen Eppelheim und Plankstadt durchführen.

Sicher ist, dass die Bahnstrecken zwischen den Hochseehäfen Rotterdam und Genua an ihre Grenzen stoßen und das Schienennetz zwischen Mannheim und Karlsruhe am Limit ist. Dies hat zur Folge, dass man in den nächsten Jahren neue Verbindungen finden muss – vornehmlich für Güter, die aber auch nutzbar für den Personenfernverkehr sind. Mannheim und Karlsruhe gehören in Baden-Württemberg zu den zentralen Knotenpunkten des europäischen Bahnverkehrs.

Rot markiert sind die Linienkorridore, lila die Tunnel. Rechts die Güterverkehrsstrecke Friedrichsfeld-Schwetzingen. Grafik/Foto: DB Netze/sg

Um neue Kapazitäten zu schaffen und künftig mehr Verkehr auf die Schiene zu bringen, wurde von der Deutschen Bahn Netze AG das "Bahnprojekt Mannheim-Karlsruhe" auf den Weg gebracht, die Weichen für eine zukünftig umweltfreundlichere Beförderung vornehmlich von Gütern stellen soll. Der zweigleisige Streckenneubau, der zwischen Mannheim und Karlsruhe erfolgen soll und dabei viele Kommunen tangiert sowie landschaftlich wertvolle Flächen zerschneidet, ist für die DB Netze AG ein wichtiges "Puzzlestück" zur Komplettierung der Neubaustrecken auf den Linien Frankfurt-Mannheim und Karlsruhe-Basel.

Entsprechend groß war das Interesse bei der Online-Informationsveranstaltung, zu der die DB Netze AG jetzt eingeladen hatte, um die Öffentlichkeit frühzeitig in den Prozess der Trassenfindung miteinzubeziehen. Rund 650 Teilnehmende nutzten das Angebot des transparenten Austausches. Sie lauschten den Ausführungen der DB-Konzernbevollmächtigten für Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz, Thorsten Krenz und Klaus Vornhusen, DB-Projektleiter Stefan Geweke sowie Martin Stolzenburg und Marius Kern als Vertreter der mit den Planungen beauftragten Architektenbüros Froelich & Sporbeck sowie Krebs & Kiefer. Moderiert wurde die rund zweistündige Veranstaltung, die aufgrund technischer Probleme erst nach halbstündiger Verzögerung starten konnte, von Ralf Eggert.

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Bei dem Großprojekt für Europa, das als wichtiger Meilenstein für eine Verkehrswende bezeichnet wurde, stehe man, was den Trassenneubau anbelange, noch ganz am Anfang der Planungen. "Noch ist nichts in Stein gemeißelt", betonte Thorsten Krenz. Der Ausbau könnte nach jetzigem Stand ebenso links des Rheins als auch rechts des Rheins verlaufen. "Wir wollen alle Varianten prüfen", erklärte Klaus Vornhusen. Bis der Trassenfindungsprozess abgeschlossen und die Vorzugsvariante gefunden sei, dauere es noch eine Weile, berichtete Projektleiter Stefan Geweke.

Angepeilt zur Antragseinreichung der bevorzugten Trassenvariante für ein Raumordnungsverfahren ist das vierte Quartal 2023. Danach gehe es an die technische Vorplanung sowie an die Entwurfs- und Genehmigungsplanung als Grundlage fürs Planfeststellungsverfahren. Mit einer Baugenehmigung könne man frühestens in etwa acht bis zehn Jahren rechnen. Vom Baubeginn bis zur Inbetriebnahme der neuen Strecke würde weitere Zeit ins Land gehen, sodass die Neubaustrecke erst im nächsten Jahrzehnt als "starke Schiene in Europa für Europa" genutzt werden könne.

Planer Martin Stolzenburg ist bei dem Projekt dafür zuständig, die passende Antwort auf die Frage "Wo verläuft die Trasse am umwelt- und raumverträglichsten?" zu finden. "Wir wollen weder Wohnhäuser oder Siedlungen abreißen noch in Landschafts- oder Wasserschutzgebiete oder Waldbestände eingreifen müssen", betonte er. Jedoch werde es in dem dicht besiedelten Gebiet zwischen dem Mannheimer Rangierbahnhof und dem Karlsruher Güterbahnhof, wo die neue zweigleisige Linienvariante verlaufen soll, nicht möglich sein, eine geeignete Trasse ohne Konflikte zu finden, prophezeite er.


Bahn winkt ab: Tunnellösung ist zu teuer

Das Finanzbudget für die Neubaustrecke gibt dies nicht her. Empörung gab es über die Zerstörung von Natur.

Eppelheim. (sg) Bereits während den Erläuterungen von Projektleiter und Planern wurde bei der Online-Infoveranstaltung der DB Netze AG (siehe oben) die Chatfunktion rege genutzt, um Fragen zu stellen und Anregungen zu geben. Beispielsweise wollte jemand wissen, ob Gebiete, wo derzeit keine Trassenvariante eingezeichnet ist, sicher seien und unberührt blieben. Die Antwort lautete "Nein". Sie könnten noch zu einem späteren Zeitpunkt für eine Planung ins Spiel kommen.

Ein anderer wollte wissen, ob es gesetzliche Abstandsvorgaben zur Wohnbebauung gebe. Auch hier war die Antwort "Nein." Jedoch werde die DB Netze AG von sich aus als Puffer zu Wohnsiedlungen einen Abstandskorridor von 250 bis 400 Metern einplanen.

Es gab auch Beiträge, in denen die Teilnehmer ihr Unverständnis zur geplanten Güterstrecke zum Ausdruck brachten: "Wie kann man da quer durch Natur- und Landschaftsschutzgebiete bauen und Lebensräume vom Aussterben bedrohter Tierarten vernichten?" Ein anderer fragte, was den Planern wichtiger sei: Mensch oder Natur?

"Gehen wir mit der Linienplanung in den Freiraum, machen wir mehr Natur kaputt, gehen wir in die Bestandsstrecken, wird der Mensch mehr belastet", erhielten sie als Antwort. Bei einem Eingriff in die Natur sei auf jeden Fall ein Ausgleich in entsprechendem Umfang zu erbringen.

Auf die Nachfrage, ob auch neue S-Bahnanschlüsse auf der Strecke Mannheim-Karlsruhe mitgeplant würden, wurde mitgeteilt, dass die neue Trasse als Mischverkehrsstrecke geplant, aber aller Wahrscheinlichkeit nach mehr für den Güterverkehr genutzt werde, wobei eine S-Bahnnutzung nicht grundsätzlich ausgeschlossen werde.

Viele wünschten sich an sensiblen Stellen der Trassenführung eine Tunnellösung, insbesondere wenn der Verlauf nah an Wohngebieten vorbeiführt, und fragten daher: "Wäre es nicht viel sinnvoller einen bergmännischen Tunnel von Karlsruhe bis Mannheim zu bauen?"

Doch die ernüchternde Antwort lautete: Das vorgegebene Projektbudget sowie Kosten und Nutzen stünden der Finanzierbarkeit dieses Wunsches entgegen, zumal die wirtschaftlich sinnvolle Verwendung von Steuergeldern berücksichtigt werden müsse und die Strecke nicht durch bergisches Gebiet, sondern durch die Rheinebene führe.

Da die umliegenden Gemeinden jetzt schon unglaublich lärmgeplagt seien, wurde angemahnt, bei dem Bauprojekt unbedingt ausreichend Lärmschutz zu gewährleisten. Dies wurde den Teilnehmern von den anwesenden Planern zugesagt. "Wir müssen die Emissionsschutzverordnung einhalten und sind verpflichtet, für Schallschutz zu sorgen", hieß es hierzu.

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