"Wir machen uns Sorgen um den Zustand der Stadt"
Thomas Ax und Karl Malik haben die Initiative "Neckargemünd im Aufbruch" gegründet

Mit drastischen Botschaften macht die Initiative auf sich aufmerksam. Foto: A. Dorn
Von Christoph Moll
Neckargemünd. "Neckargemünd stirbt!" Weiß auf Schwarz prangt diese drastische Botschaft auf Plakaten im Stadtgebiet und weckt die Aufmerksamkeit der Neckargemünder. Und sorgt für Rätselraten: Wer hängt solche Plakate auf und was steckt dahinter?
Verantwortlich sind Thomas Ax und Karl Malik. Der Rechtsanwalt und der Unternehmensberater haben sich zur Initiative "Neckargemünd im Aufbruch" (NIA) zusammengeschlossen. "Wir machen uns Sorgen um den Zustand der Stadt", sagen sie. Mit mehreren Projekten und ihrem Netzwerk wollen sie die Stadt unterstützen.

Sie sind die beiden Köpfe der Initiative: Thomas Ax ... Foto: Alex
Thomas Ax berichtet, dass die Initiative über die "provokativen Plakate" mit vielen Bürgern ins Gespräch gekommen sei. "Der Zuspruch ist erstaunlich", meint der 50-Jährige. Das hätten zahlreiche Anrufe und E-Mails von Personen gezeigt - darunter viele Gewerbetreibende. Ihnen will Thomas Ax zusammen mit Karl Malik eine Stimme verleihen. Denn diese könnten oft nicht selbst die Stadt kritisieren, weil sie sonst Repressionen fürchten müssten, so Ax. "Der Tenor lautete: Da muss etwas passieren!", sagt der Rechtsanwalt und konkretisiert: "Es gibt zwar viele Feste in der Stadt, aber Neckargemünd stirbt an entscheidender Stelle aus."

Karl Malik von der Initiative Nia. Fotos: Alex.
Neckargemünd brauche dringend ein mittelfristiges Stadtentwicklungskonzept bis zum Jahr 2025. Dieses solle Folgendes enthalten: einen Plan zur Sanierung der Stadtfinanzen, ein Tourismuskonzept für Rad- und Bootstouristen sowie internationale Heidelberg-Besucher und Veranstaltungen in der Stadt.
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Weitere Ziele sind eine Aufwertung der Beherbergungs- und Gaststättenbetriebe im gehobenen Segment, ein offensives Leerstandsmanagement in der Altstadt und eine Aufwertung der städtischen Infrastruktur - zum Beispiel mit einer Fußgängerzone in der Altstadt.
Hintergrund
Das sind die Projekte von "Neckargemünd im Aufbruch"
> Kita-Neubau: Als Reaktion auf das Scheitern der neuen Kindertagesstätte im Gewerbepark
Das sind die Projekte von "Neckargemünd im Aufbruch"
> Kita-Neubau: Als Reaktion auf das Scheitern der neuen Kindertagesstätte im Gewerbepark an der B 45 habe man ein Kita-Projekt "aus dem Boden gestampft", sagt Thomas Ax. Dafür hat er Ingo Schaar von der Firma "Skanhus" aus Birkenau im Odenwald ins Boot geholt, der seit 25 Jahren "ökologische Holzhäuser" baut und auch schon mehrere Kindergärten realisiert hat, wie er sagt. Der etwa eine Million Euro teure Neubau soll in der Peter-Schnellbach-Straße 33 beim früheren Büdel-Ebert-Heim am Waldrand entstehen. Die Kita soll Platz für vier Gruppen für unter und über Dreijährige bieten - was das aktuelle Defizit an Betreuungsplätzen in der Stadt beseitigen würde. "Der Bauantrag wird derzeit vorbereitet", berichtet Thomas Ax, der die Einrichtung für mindestens zehn Jahre an einen privaten oder kirchlichen Betreiber verpachten möchte.
> Sanierung und Erweiterung des "Schwanen": Für seine Pläne mit dem früheren traditionsreichen Hotel-Restaurant "Zum Schwanen" in der Uferstraße in Kleingemünd hat sich Thomas Ax Unterstützung von Thomas Schlachter von "Haus Concept" aus Eberbach geholt. Mit dem 1,8-Millionen-Euro-Projekt hat sich bereits der Bauausschuss der Stadt befasst - und die Bauvoranfrage abgelehnt. Der vierstöckige Erweiterungsbau war dem Gremium zu massiv und passe nicht ins Stadtbild. Ein Hotelbetrieb war dennoch erwünscht. "Ohne das vierte Geschoss ist das Vorhaben aber unwirtschaftlich", gibt Ax zu bedenken. Vorgesehen ist eine Kombination aus Brauhaus, Hotel, Konferenzräumen und etwa 20 Ferienwohnungen. Nun muss das Landratsamt entscheiden.
> Erweiterung des Familientherapeutischen Zentrums (FaTZ): In der Hermann-Walker-Straße der Neckargemünder Weststadt kümmert sich ein Team aus Ärzten, Therapeuten, Pflegern und pädagogischen Mitarbeitern seit fünf Jahren um Kinder oder Eltern, von denen ein Teil oder beide Teile psychisch erkrankt sind. Leiterin und Eigentümerin ist Dr. Rieke Oelkers-Ax. Die Tagesklinik soll um einen Anbau erweitert werden. Kostenpunkt: knapp 300.000 Euro.
> Kaffeehaus am Marktplatz: Thomas Ax würde gerne ein Kaffeehaus mit bis zu 120 Plätzen in der Altstadt am Marktplatz einrichten - im aktuell als Modehaus genutzten Anwesen. Mit sieben Tischen könnte der Marktplatz belebt werden. Ax scheint aber nur einer von mehreren Interessenten zu sein. Nach eigenen Worten steht er in Verhandlungen mit Eigentümer Dieter Leist. "Es ist bekannt, dass ich einen Nachfolger suche", sagt Leist auf Anfrage. Er sei jedoch bemüht, dass es auch künftig ein Modegeschäft gibt. cm
Außerdem brauche es eine Kommunikationsoffensive, um gewerbliche und private Investoren für Neckargemünd zu gewinnen: "Die Ansiedelung von Gewerbe muss befeuert werden", fordert Malik. Ax ergänzt, dass die Stadt auch für kleine Gewerbetreibende attraktiv sein müsse. Der Leerstand dürfe nicht nur gemanagt, sondern müsse beseitigt werden.
Ihnen gehe es nicht darum zu sagen, was alles schlecht sei, betonen Ax und Malik: "Wir sind keine Alternative zur Stadtverwaltung, sondern wollen mit unseren großen Netzwerken Kontakte vermitteln und bei Verbesserungen helfen."
Und dies auch mit persönlichem Einsatz. Thomas Ax, gebürtiger Westfale, lebt seit 20 Jahren in Neckargemünd und ist seitdem schon mehrfach als Investor in der Stadt in Erscheinung getreten - zum Beispiel bei der Sanierung des Büdel-Ebert-Heims in Kleingemünd. Er wollte einst auch die "Griechische Weinstube" kaufen und fortführen, wie er sagt.
Ax gehört eine Vielzahl von Immobilien in der Stadt, darunter auch das ehemalige Hotel-Restaurant "Zum Schwanen" in Kleingemünd, wo er derzeit mit seiner Kanzlei sitzt. Der Anwalt würde den "Schwanen" gerne wiederbeleben (siehe Hintergrund): "Wir brauchen dringend ein neues Hotelangebot für Familien, Radfahrer und Geschäftsreisende, die statt der Heidelberger Enge das luftige Neckargemünd bevorzugen." Doch das ist nicht das einzige Projekt.

Der "Schwanen" soll um einen Anbau erweitert werden. Visualisierung: Haus Concept
"Ich bin kein Mäzen oder Gönner - die Projekte sind ein Angebot an die Stadt", betont Thomas Ax, der sich von der Verwaltung und dem Gemeinderat Unterstützung wünscht. "Es geht nur gemeinsam und mit transparenter Politik", so Ax. Ihm gehe es nicht um ein Denkmal, so der 50-Jährige: "Ich will mich nicht aufdrängen und lebe eher zurückgezogen."
Ax und der 69-jährige Malik, der seit Jahren immer wieder öffentlich den Finger in die städtischen Wunden legt, suchen noch Unterstützer für ihre Initiative. Auf diese möchten sie demnächst mit weiteren "Neckargemünd stirbt!"-Plakaten aufmerksam machen.
Frank Volk wollte sich jedenfalls nicht der Initiative anschließen. Karl Malik hatte den Bürgermeister in einer Sitzung des Gemeinderats ausdrücklich dazu eingeladen. " Ich setze mich seit zwei Jahren mit der Verwaltung und dem Gemeinderat mit voller Kraft jeden Tag für unsere Stadt ein, dafür brauche ich keine Initiative", antwortete Volk.



