Neckargemünd

Stadt startet Bußgeldverfahren gegen "The Länd" (Update)

Das Schild wurde in Neckargemünd an eine Mülltonne gestellt. Nun folgt das angekündigte Verfahren gegen das Ministerium.

29.10.2021 UPDATE: 03.11.2021 19:15 Uhr 3 Minuten, 11 Sekunden
Das Schild wurde in Neckargemünd an eine Mülltonne gestellt. Foto: Stadt

Von Lukas Werthenbach

Neckargemünd/Stuttgart. Die Stadt Neckargemünd geht juristisch gegen das Land Baden-Württemberg vor: Geht es nach Bürgermeister Frank Volk, muss der Südwest-Staat zu den bisher für die umstrittene Imagekampagne "The Länd" vorgesehenen 21 Millionen Euro noch ein zweistelliges Bußgeld oben drauf zahlen. Die Stadt hat ein Ordnungswidrigkeitsverfahren gegen das für die Aktion verantwortliche Staatsministerium eingeleitet. Denn das gelbe Plakat mit dem Slogan "Willkommen in the Länd" war unterhalb des gleichgroßen Ortseingangsschildes des Stadtteils Kleingemünd angebracht worden, das rechtlich auch Verkehrszeichen ist. Darin sieht die Stadtverwaltung eine mögliche Gefährdung des Straßenverkehrs.

Im Rathaus hatte man bereits vor einigen Tagen wie berichtet ein Verfahren gegen das Staatsministerium geprüft. Seit Mittwoch ist es nun offiziell: Die Stadt Neckargemünd will ein Knöllchen nach Stuttgart schicken. Nach RNZ-Informationen steht ein Bußgeld von etwa 50 Euro im Raum, sollte es tatsächlich verhängt werden. Nach Ansicht der Kommune hätte das inzwischen von ihr abgehängte Plakat den Verkehr gefährden können, da Autofahrer abgelenkt und zum Abbremsen verleitet hätten werden können.

Bei Facebook hatte Rathauschef Volk die Kampagne des Landes als "Schlag in das Gesicht" für alle Vereine und Gewerbetreibenden bezeichnet, die ordnungsgemäß eine Plakatierungsgenehmigung benötigen und beantragen. Schließlich sei Plakatieren an Verkehrsschildern nicht erlaubt: "auch nicht dem Staatsministerium". Volk war am Mittwoch auf mehrfache Nachfrage der RNZ nicht zu erreichen.

Auch der Sprecher der Landesregierung Arne Braun hatte den Bürgermeister vergeblich angerufen, wie dieser wiederum auf Anfrage erklärte: "Wir würden Herrn Volk gern ins Staatsministerium einladen", so Braun am Mittwochnachmittag. Man wolle mit ihm über die Kampagne reden. Auf die Frage, warum das Land unerlaubte Plakatierungen an Ortsschildern vornehme, antwortete der Regierungssprecher: "Wir sollten mal die Kirche im Dorf lassen: Das waren sehr kleine Schilder." Zudem habe man noch von keiner Polizeidienststelle gehört, dass die Plakate den Straßenverkehr gefährdet hätten. "Und wir standen von Anfang an in Kontakt mit dem Verkehrsministerium, wir haben auch absichtlich keine Plakate an Autobahnen aufgehängt", so Braun.

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Dass die Plakatierung ohne Genehmigung stattfand, sei indes Teil der Kampagne: "Die zuständige Agentur wollte eine Guerilla-Aktion – wenn wir eine Genehmigung beantragt hätten, wäre es aber keine mehr gewesen." Es sei ein erklärtes Ziel gewesen, die Plakate ohne Ankündigung im Land aufzuhängen: "Mit Ankündigung hätte die Plakate keine Aufmerksamkeit erregt", sagt der Regierungssprecher. Das Ortsschild von Kleingemünd aus Neckarsteinach kommend sei wegen seiner Nähe zur Landesgrenze als Standort für das Plakat ausgewählt worden: "Es sollte auch ein Willkommensgruß sein und kein Grund, jemanden zu verklagen."

Mit der Imagekampagne will sich das Land als führender Hightech-Standort und als Region mit hoher Lebensqualität profilieren; Grundidee ist, Fachkräfte aus aller Welt anzulocken. "Wir haben schon ein Stück weit damit gerechnet, dass es nicht nur positive Reaktionen darauf gibt", erklärt Braun. Übrigens sei auch die im Jahr 1999 ins Leben gerufene Kampagne "Wir können alles außer Hochdeutsch" in den ersten zwei Jahren "hoch umstritten" gewesen – inzwischen werde sie aber "hochgejubelt", so der Regierungssprecher.

Update: Mittwoch, 3. November 2021, 19.52 Uhr


Die Stadt hängte "The Länd" ab

Neckargemünd. (cm) Schickt die Stadt Neckargemünd ein Knöllchen nach Stuttgart? Bürgermeister Frank Volk meint, dass das baden-württembergische Staatsministerium eine Ordnungswidrigkeit begangen hat. Dieses hatte bekanntlich überall im Land – unter anderem in Kleingemünd – Schilder mit der Aufschrift "Willkommen in the Länd" an die offiziellen Ortstafeln gehängt, um für seine neue Imagekampagne zu werben. Weil das "Ergänzen" von Ortsschildern verboten ist, hat die Stadt das Schild abgehängt und prüft nun ein Verfahren wegen einer Ordnungswidrigkeit.

"Die Aktion war nicht in Ordnung", betont Volk. "Wir hätten erwartet, dass wir informiert werden." Das Ministerium habe gegen das Straßengesetz verstoßen – und zwar vorsätzlich. Der städtische Bauhof habe das Schild abgehängt, weil eine akute Gefahr für den Straßenverkehr bestanden habe. Bekanntlich gilt ab dem Ortsschild Tempo 50, was nicht mehr eindeutig zu erkennen gewesen sei. "Das konnten wir nicht dulden", so Volk. "Wir müssen auch alle schützen, die ordnungsgemäß plakatieren." Das Staatsministerium dürfe sich nicht mehr erlauben als Vereine und Firmen. "Auch ein Ministerium muss sich an Recht und Ordnung halten", sagt er.

Das Schild sei sichergestellt worden. Es könnte noch als Beweismittel notwendig werden, so Volk. Ob die Stadt wirklich ein Verfahren einleitet, lässt der Bürgermeister offen. Ministerpräsident Winfried Kretschmann rechnet nicht mit Bußgeldern. "Ich wüsste auch nicht, warum", sagte er bei der Vorstellung der Imagekampagne am gestrigen Freitag in Stuttgart. Laut Behördensprecherin Silke Hartmann hat auch der Rhein-Neckar-Kreis "The Länd"-Schilder insbesondere an Ortstafeln demontiert.

Bürgermeister Volk sorgte derweil am gestrigen Freitag auf Facebook für viel Aufsehen. Dort kritisierte er die rund 21 Millionen Euro teure Imagekampagne scharf und erhielt dafür sehr viel Zustimmung. "Was hätte man mit diesem Geld viel Gutes tun können", schrieb er und fragte: "Wie weit geht die Verballhornung der deutschen Sprache noch? Reichten das Gendersternchen und Großbuchstaben mitten im Wort noch nicht?" Das Staatsministerium sollte sich um Wichtigeres kümmern, meint er.

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