So gehen die Menschen in der Region mit der Corona-Krise um
Das wollte die RNZ beim Wochenmarkt in Neckargemünd wissen - Gelassen bleiben, sich sinnvoll beschäftigen

Von Karin Katzenberger-Ruf
Neckargemünd. Abstand halten und sich emotional doch nahe sein: So lautet das Credo in der Corona-Krise. Beim Wochenmarkt auf dem Marktplatz in Neckargemünd fühlt sich das genauso an. Dies an einem ungemütlichen Samstagvormittag mit kühlen Temperaturen, Regenschauern und Windböen. Die meisten Wochenmärkte, deren Beschicker viel Regionales im Sortiment haben, über Winter aber natürlich auch einiges aus dem Ausland zukaufen müssen, sollen nach jetzigem Stand ja zum Großteil weiterhin geöffnet bleiben, weil sie unter freiem Himmel stattfinden. Doch es gibt auch Kommunen, die anders entschieden haben.

Was ist an diesem Tag an den beiden Obst- und Gemüseständen los? Bei Felix Heinrich aus Obrigheim ist der Ingwer schnell ausverkauft. Überhaupt hat er den Eindruck, dass die Kundschaft mehr Obst und Gemüse kauft als sonst und sich über das Wochenende hinaus mit Waren eindeckt. Ihm ist aufgefallen, dass sich die Kundschaft vorbildlich an die Vorgaben wie den "Mindestabstand" hält.

Peter Altevogt kauft bei ihm zwar nur einen Endiviensalat, macht als Stammgast beim Wochenmarkt aber noch die Runde von Stand zu Stand. Der Professor der Immunologie am "Deutschen Krebsforschungszentrum" in Heidelberg nennt als Rezept für die Krise: Gelassen bleiben und sich zu Hause sinnvoll beschäftigen.

Derweil hat Patrick Becker, Obst- und Gemüsehändler aus Frankenthal, eher das Gefühl, dass die Kundschaft schon ein bisschen im "Corona-Stress" ist. An seinem Stand wird an dem Vormittag viel besonders Vitaminreiches gekauft. "Die Leute achten gerade sehr auf gesunde Ernährung", sagt er. Grundnahrungsmittel wie Kartoffeln gingen auch gut weg, aber nicht in übermäßigen Mengen.
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Sonja Ruhland, Inhaberin von "Florale Art & Design", würde an dem Tag normalerweise in und vor ihrem Geschäft in der Hauptstraße Blumen verkaufen. Das darf sie als Einzelhändlerin nun nicht mehr. Ihr "Café Floral", das sie erst seit einem Jahr betreibt, muss ebenfalls geschlossen bleiben. Jetzt ist sie kurzfristig als "Marktbeschickerin" mit ihrem Verkaufsstand auf die andere Straßenseite gerückt. Auch um mit bunten und duftenden Blumen sowie einem Lächeln für ihre Kunden ein Zeichen gegen diese bleierne Zeit zu setzen. Dies, obwohl sie tags zuvor angesichts der Bilder aus ihrer Branche in Tränen hätte ausbrechen können. Tonnenweise mussten in Gärtnereien und Großmärkten Pflanzen entsorgt werden. Sonja Ruhland hatte in ihrem Café eine Veranstaltungsreihe geplant und ist überdies Streuobstwiesen-Pädagogin. Bis vor wenigen Tagen hatte sie noch einen vollen Terminkalender. Alles weggebrochen. Trotz Existenzangst hofft sie, dass alles wieder gut wird und nach der Krise weltweit ganz neue Zeichen anbrechen.

Trotz des Regens ist Jürgen Schubert mit dem Fahrrad zum Einkaufen auf den Markt gekommen. Man kennt ihn als Vorstandsmitglied im Kreisseniorenrat, der seinen Sitz in der Villa Menzer hat. Nun plädiert er dafür, ortsansässige Unternehmen so gut wie möglich zu unterstützen. Gerade hat er bei Sonja Ruhland noch einiges in Auftrag gegeben. Blumen samt Grußkarten sollen an Bewohner von Altenpflegeheimen geliefert werden.
Auch in Krisenzeiten sind es eher ermunternde Gespräche zwischen allen Beteiligten auf dem Wochenmarkt. "Irgendwie muss es ja weitergehen", sagt eine Kundin, die sich mit Lebensmitteln für mehrere Tage eindecken will. Nicht um zu "hamstern", sondern um die Händler auf dem Wochenmarkt zu unterstützen – und weil sie inzwischen nicht mehr so gerne im Supermarkt einkaufen geht.



