Ist der Wein wirklich 100 Jahre alt?
Etikett lässt Zweifel aufkommen - Expertenurteil steht aus

Neckargemünd. (lew) Noch bis Freitag, 16. August, läuft die Versteigerung einer seltenen Weinflasche aus dem Weingut J.F. Menzer, deren Erlös dem gemeinnützigen Verein "Villa Menzer" zugute kommen soll. Wie berichtet liegt die Herkunft des trockenen Rotweins mit dem Namen "Majoral" in Algerien und soll etwa 100 Jahre alt sein. Eine Schätzung, die ein RNZ-Leser aus Sandhausen gestern in Zweifel zog. Der Mann, der seinen Namen nicht veröffentlicht haben will, erklärt: "Ich wage zu sagen, dass die Flasche nicht 100, sondern eher nur 50 Jahre alt ist."
Diese Behauptung macht er an der Schrift auf dem Etikett der Flasche fest. Die Beschäftigung mit historischen Schriftarten sei für ihn ein privates Hobby, studiert und promoviert habe er in Geowissenschaften sowie in Anglistik und Romanistik. Er wolle seine Aussage daher zwar "nicht mit 100-prozentiger Sicherheit" treffen, aber: "Insbesondere das ,Majoral’ ist eine typische 60er-Jahre-Schrift." Und auch wie die Mengenangabe "1,0 L" dargestellt sei, entspreche nicht dem Art déco der 1920er-Jahre. "Die gesamte Aufmachung, man hätte das damals anders gemacht", meint der Sandhäuser.
Doch was ist an dieser Einschätzung dran? Die RNZ hat beim Verein "Villa Menzer" nachgefragt, auf dessen Initiative die Versteigerung zustande kam. Dessen Vorsitzender Claus Petschmann widerspricht den Vorwürfen, die Flasche sei wesentlich jünger als angegeben, zunächst vehement: "Dass der Wein aus den 60er-Jahren stammt, ist ausgeschlossen." Petschmann betont, dass die Villa Menzer bereits im Jahr 1954 von einem Nachkommen des Konsuls Julius Menzer (1845-1917) inklusive des zugehörigen Parks an die Stadt Neckargemünd verkauft worden sei. Stadtsprecherin Thordis Taag ergänzt, dass die Weinhandlung bereits 1941 geschlossen habe und außerdem nach dem Ersten Weltkrieg (1914-1918) nur noch deutsche Weine im Vertrieb gehabt habe. Insofern müsse die Flasche aus Algerien, die jetzt zur Versteigerung steht, mindestens 100 Jahre alt, sogar etwas älter, sein.
Auch interessant
Allerdings brachte Petschmann gestern auch in Erfahrung, dass es um 1960 jemanden gegeben hat, der alte Bestände der Weinhandlung Menzer abgewickelt habe. Es könne sein, dass die Flasche in dieser Zeit verkauft worden sei, eventuell neu etikettiert. Der Verein will zur Klärung nun als Experten Norbert Girnth, ehemals Inhaber der inzwischen geschlossenen "Griechischen Weinstube", hinzuziehen.



