Neckargemünd

Auf dem Gnadenhof sind alle Tiere glücklich

Theresa Carrera hat einen Schutzraum für Tiere geschaffen. Hier leben Schweine, Hunde, Pferde, Ziegen, Hühner und Puten zusammen.

20.09.2023 UPDATE: 20.09.2023 06:00 Uhr 4 Minuten, 1 Sekunde
Theresa Carrera wird stets umringt von ihren Tieren. Sie liebt jedes einzelne Huhn auf ihrer Farm. Foto: Barth

Von Christiane Barth

Neckargemünd. Henriette hört auf’s Wort. Wilma ist der Liebling aller. Und Frau Malzahn rennt aufgeregt im Kreis herum, damit sie beim Füttern nicht leer ausgeht. Es ist schon spannend, wenn Theresa Carrera ihre Hühner und Puten füttert. Das Federvieh ist endlich satt, da recken schon Michel und Emil vorwitzig ihre Hälse. "Das sind zwei Frechnasen", neckt die 28-jährige Frau in Gummistiefeln, bevor sie den Ziegen die so begehrte Aufmerksamkeit schenkt.

Auf der "Happy Little Farm" am Ortsrand von Neckargemünd ist immer etwas los. Theresa Carrera hat auf einem städtischen Grundstück einen kleinen Tierpark aufgebaut: Auch Schweine, Hunde und Pferde sind hier zu Hause.

Auch Schweine fühlen sich hier wohl. Foto: Barth

Oft sind es Tiere, die sie aus schwierigen Verhältnissen übernimmt oder die sie sogar vor dem sicheren Tod bewahrt. Wie Sammy, den Schäferhund-Mischling, den sie aus einer ungarischen Tötungsstation rettete: "Ich habe sein Bild im Internet gesehen und sofort gewusst: Ich muss ihn haben." Einige Hühner stammen aus Legebatterien, die aufgelöst wurden. Heute glucksen sie zufrieden und legen bessere Eier.

Vor drei Jahren hat Theresa Carrera das Areal übernommen, um ihre Pferde dort unterzustellen. Aber erst vergangenen Oktober sind nach und nach auch andere Tiere hinzugekommen. Eigentlich sind es sogar vier Grundstücke, die Carrera nun gepachtet hat. Weideflächen für die Pferde gehören ebenfalls dazu.

Auch interessant
Walldürn: Familie Weiss will Pferde-Gnadenhof in Steinbach eröffnen
Rosenberg: 2000 Euro für den Gnadenhof
Tierschutz: "Richtig Bär sein" - Gnadenhof gibt Bären ein zweites Leben

30 Hühner gackern lautstark, wenn Besuch kommt und eilen neugierig aus ihrem Freigehege heran. Die Tiere haben es hier gut, genießen die Freiheit zu entscheiden, ob sie lieber im Stall bleiben oder unter schattigen Bäumen, zwischen Sträuchern und Ställen, promenieren möchten. Tierliebe und Tierschutz waren Carrera schon immer wichtig. Mit der Farm hat sie sich einen kleinen Traum erfüllt, für den sie alles gibt: Zeit, Energie – und auch Geld. Sie bewirtschaftet das Anwesen zusammen mit einer Freundin: Cara Welkes. Auch der 26-jährige Freund, Fabian Ehmig, hilft nach Kräften mit.

Denn die glückliche Farm der Tiere macht eine Menge Arbeit. Drei Stunden täglich ist Carrera mit ihren Schützlingen mindestens beschäftigt. Oft kommt sie aus Mauer, wo sie lebt, schon vor Arbeitsantritt her. Sie ist Arzthelferin und macht gerade "nebenbei" eine Ausbildung zur Tier-Physiotherapeutin. Im Oktober ist sie damit fertig. Ein weiterer Traum von ihr wäre es dann, sich in diesem Beruf selbstständig zu machen.

Die zwei Pferde, der Pony-Mix Schampus und das englische Vollblut Elliot (ein früheres Rennpferd), machen die meiste Arbeit und verursachen den größten Anteil der Kosten. Dies ist auch der Grund, warum der Tierschützerin inzwischen die Lust am Pferdesport ein wenig vergangen ist. Denn die Tierarztkosten drohen ihr manchmal über den Kopf zu wachsen – vor allem seit der Neufassung der Tierärztegebührenordnung, die Ende 2022 in Kraft getreten ist.

Erst neulich, da musste sie den Veterinär holen, weil Elliot an einem Hufgeschwür litt. Bei der anschließenden Rechnung erschrak sie gewaltig: 600 Euro für zwei Untersuchungen und die Medikamente musste sie berappen. Auch als ein Huhn krank war und sie ärztlichen Rat suchte, schluckte Carrera heftig, als sich die Rechnung auf 250 Euro belief.

Einschläfern oder Schlachten wäre billiger gewesen. "Aber das konnte ich nicht. Ich hänge an jedem einzelnen Huhn", versichert Carrera. Die Futterkosten, die auf der Farm anfallen, sind horrend. Für einige der 38 Hühner haben sich inzwischen Paten gefunden, die für das Fressen "ihrer" Tiere aufkommen.

Ihre Schützlinge dürfen bis ans Lebensende bleiben. Foto: Barth

Die frechen Ziegen Michel und Emil stammen aus dem Tierpark in Bretten, dort waren sie nicht mehr klein genug. Nun haben sie ihr neues Zuhause rund um einen alten, ausrangierten Wohnwagen gefunden. Und ob es Schweine jemals so gut gehabt haben wie bei Theresa Carrera? Da gibt es zum Frühstück schon einmal selbst gemachtes Eis mit Joghurt, Möhren, Nudeln und Äpfeln – wohlgemerkt für das Borstenvieh. Betty und ihre Hühnerbande picken sich unterdessen gerade das Beste aus einer frischen Melone heraus.

Das gesamte Areal hat eine beruhigenden Wirkung. Das findet auch Theresa Carrera: "Das bringt mir sehr viel. Ich komme da wunderbar runter." Bevor sie das Grundstück übernahm, hat sie oft sehr viel Stress verspürt. Dies lag auch daran, dass ihre Pferde damals in Pensionsställen untergebracht waren.

"Damit hatte ich Probleme", berichtet sie. Heute genießt sie es, für die Unterbringung ihrer Pferde komplett selbst sorgen zu können. "Ich habe nun zwar mehr Arbeit, aber ich habe wenigstens die Sicherheit, dass alles richtig gemacht wird," erklärt sie ihre Entscheidung, die für sie kein Opfer bedeutet.

Dem Metzger geweiht ist kein einziges Tier, das auf der "Happy Little Farm" lebt. Allein bei der Frage zuckt die Vegetarierin Carrera heftig zusammen: "Oh Gott, nein. Hier wird kein Tier geschlachtet. Die bleiben alle bis zum Lebensende." Die Eier, welche die Hühner legen, stehen zum Verkauf.

Vor dem Grundstück steht ein kleiner Holzschrank. Meist kurz nachdem sie hineingelegt wurden, haben die Eier auch Abnehmer gefunden. Das Geld kann in eine bereitgestellte Kasse geworfen werden. Die meisten Kunden halten sich daran. Doch es wurden auch schon Eier gestohlen, bedauert Theresa Carrera. Dies ist umso schmerzlicher, weil jeder Euro wichtig ist, um die Farm zu unterhalten.

80 Euro Pachtgebühren sind jeden Monat fällig. Mit den Futterkosten fallen mindestens 300 Euro für die Tierhaltung an. Geld für Heu oder den Tierarzt sind in dieser Summe noch gar nicht eingerechnet. All dies muss Theresa Carrera mit ihrem Gehalt als Arzthelferin bestreiten. Da bleibt nicht viel übrig: "Aber ich liebe es. Es ist mein Ausgleich. Es gibt mir extrem viel."

Abends sitzt sie mit der Familie oder mit Freunden gerne um die Feuerstelle und grillt Stockbrot. Nun denkt sie darüber nach, die Farm auch öffentlich zugänglich zu machen. Denn was ihr gut tut, könnte auch anderen zur Erholung dienen. Auf dem Grundstück gibt es weder fließendes Wasser, noch Strom oder W-Lan. Doch der Erholungseffekt sei enorm, vielleicht gerade deshalb. Neckargemünds Kitas waren bereits mit den Kindern zur Besichtigung da. Oft fragen auch Passanten mit Kindern, ob sie die Tiere anschauen dürfen. Denn das Grundstück liegt an einem gut genutzten Wanderweg.

Auf ihrem Instagram-Account "happylittlefarm_" hat Theresa Carrera viele Bilder und Tiervideos veröffentlicht sowie den Link zu einer Amazon-Wunschliste hinterlegt. Dort sind Dinge wie Futtermais, ein Hühnertrog oder Vitaminkonzentrat für Geflügel aufgelistet. Wer helfen möchte, kann die Ware direkt an die Wunschzettel-Adresse liefern lassen. Auch weitere Tierpaten, Helfer oder Sponsoren wären sehr hilfreich. Wer mit der engagierten Tierschützerin direkt Kontakt aufnehmen möchte, kann dies unter theresa.carrera@web.de tun.

(Der Kommentar wurde vom Verfasser bearbeitet.)
(zur Freigabe)
Möchten sie diesen Kommentar wirklich löschen?
Möchten Sie diesen Kommentar wirklich melden?
Sie haben diesen Kommentar bereits gemeldet. Er wird von uns geprüft und gegebenenfalls gelöscht.
Kommentare
Das Kommentarfeld darf nicht leer sein!
Beim Speichern des Kommentares ist ein Fehler aufgetreten, bitte versuchen sie es später erneut.
Beim Speichern ihres Nickname ist ein Fehler aufgetreten. Versuchen Sie bitte sich aus- und wieder einzuloggen.
Um zu kommentieren benötigen Sie einen Nicknamen
Bitte beachten Sie unsere Netiquette
Zum Kommentieren dieses Artikels müssen Sie als RNZ+-Abonnent angemeldet sein.