Neckargemünd

400.000 Euro für ein besseres Klima

Die Stadt trägt die Mehrkosten des Neubaus der Johannes-Diakonie mit Kindergarten und Tagespflege für einen besseren Energiestandard.

09.12.2021 UPDATE: 13.12.2021 06:00 Uhr 2 Minuten, 29 Sekunden
Auf diesem Gelände im Wiesenbacher Tal soll der Neubau entstehen. Foto: Alex

Von Christoph Moll

Neckargemünd. Eigentlich ist es eine schlechte Nachricht: Der Neubau der Johannes-Diakonie mit einem Kindergarten am Kalkbrunnen im Wiesenbacher Tal wird für die Stadt 400.000 Euro teurer. Die gute Nachricht: Es ist eine Investition für das Klima. So sahen es jedenfalls die Stadträte und votierten einstimmig für den höheren, aber auch teureren Energiestandard des Gebäudes. Bemerkenswert: Die Stadt ist mit dem Kindergarten nur ein Nutzer des Gebäudes. Der Rhein-Neckar-Kreis wird darin einen sogenannten Schulkindergarten für Kinder mit Einschränkungen betreiben und die Diakonie selbst eine Tagespflege. Sie beteiligen sich aber nicht an den Mehrkosten.

Der zweigeschossige Neubau war bereits im September Thema im Gemeinderat. Geplant sind rund 20 Plätze für über Dreijährige und zwölf Plätze für unter Dreijährige – jeweils mit Ganztagsbetreuung. Damals wurde die Forderung nach einem Passivhaus-Standard laut. Die Diakonie plante mit einem KFW-55-Standard. Baukosten: rund 2,8 Millionen Euro. Diese sollen mit einer jährlichen Rate von rund 140.000 Euro über 40 Jahre refinanziert werden. In dieser "fiktiven Miete" sind auch Kosten für Inventar und Erbpacht für das Grundstück enthalten. Doch der Gebäudestandard war Teilen des Gremiums nicht gut genug. Hermino Katzenstein (Grüne) hatte gar von einer "Blechhütte" gesprochen.

"Wir sind nach der letzten Sitzung etwas niedergeschlagen von dannen gezogen", räumte Jörg Huber, Vorstand der Johannes-Diakonie, nun ein. "Nichtsdestotrotz haben wir die Ärmel hochgekrempelt." Man habe mit Fachleuten die "Blechhütte deutlich aufgebessert". Nun erreiche man den KFW-Energiestandard 40. Ein Passivhaus sei jedoch nicht möglich – auch weil das Gebäude nicht ganz nach Süden ausgerichtet werden könne. "Wir haben das Maximum erreicht", betonte Huber und versprach: "Wir bauen so sparsam wie möglich, damit sich die Mehrkosten in Grenzen halten."

Architektin Nicole Mattern-Menzel ergänzte, dass auch das Wasserschutzgebiet einem zertifizierten Passivhaus entgegenstehe. Erdwärme-Bohrungen seien hier nicht möglich. "Unterm Strich liegen wir nun aber um 70 Prozent besser als die gesetzlichen Vorgaben", so Menzel. Der Primärenergiebedarf liege nun bei 49,4 statt 94,2 Kilowattstunden pro Quadratmeter und Jahr. "Wir haben einen Riesenschritt gemacht", so Mattern-Menzel. "Mehr geht leider nicht."

So sah es auch Frank Volk. "Die Kostensteigerung ist gering im Vergleich zu dem, was wir erwartet haben", so der Bürgermeister, der von mehreren Millionen Euro ausgegangen war. "Mit 400.000 Euro können wir leben." Das seien auf 40 Jahre 10.000 Euro mehr im Jahr.

Der Aufwand der Stadt steige durch die sehr viel bessere Dämmung nur um wenige Prozent, ergänzte Hermino Katzenstein (Grüne) und sprach von einem "überschaubaren Betrag" – insbesondere wenn man Folgekosten durch den Klimawandel betrachte. Katzenstein meinte, dass dadurch auch die Heizkosten sinken würden. Architektin Mattern-Menzel betonte, dass die Ersparnisse bereits in die von der Stadt zu tragenden jährlichen Betriebskosten von rund 357.000 Euro eingepreist seien.

Auch Jürgen Rehberger (Freie Wähler) signalisierte trotz der Mehrkosten Zustimmung. "Wir hatten große Sorgen, dass sich die Johannes-Diakonie von dem Projekt verabschiedet", gab er zu. Dass Kollege Katzenstein das Gebäude als "etwas bessere Blechhütte" bezeichnet habe, entspreche nicht dem Stil des Gremiums und sei ein Schlag ins Gesicht der Planer gewesen. "Wir können mit der Planung gut leben – auch wenn die Stadt die Mehrkosten für alle Nutzer des Gebäudes tragen muss", so Rehberger. "Der Betrag ist sehr gut angelegt." Die Stadt brauche dringend Betreuungsplätze.

Brigitte Oppelt (CDU) meinte, dass die jetzige Planung zukunftsorientiert und "perfekt gelungen" sei. Trotz der klammen Kasse stehe man hinter der Umsetzung. Sarah Striegel (SPD) begrüßte die aktuelle Planung ebenfalls, meinte aber: "Kindertagesstätten sollten vom Land finanziert werden und kostenfrei sein." Petra Groesser (Grüne) regte an, dass die Wartung der Gebäudetechnik von einem Fachmann erledigt werden sollte, weil Kosten sonst "durch die Decke gehen".

Die Stadträte votierten schließlich einstimmig für den Betriebsführungsvertrag und die Übernahme der Mehrkosten. Auch für den Bauantrag gab es grünes Licht. Hier ging es unter anderem um Befreiungen für die Lage der Stellplätze und eines Gerätehäuschens sowie abweichende Bepflanzung, eine andere Dachform und eine höhere Einzäunung.

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