Messerattacke in Wiesloch

Stadt und Sicherheitsgefühl sind erschüttert

Für das Opfer der Messerattacke gab es eine Gedenkminute mit Sozialminister Manne Lucha. Die Einwohner sind nach der Tat entsetzt.

12.09.2023 UPDATE: 12.09.2023 06:00 Uhr 2 Minuten, 17 Sekunden
Trafen sich zu einer Gedenkminute am Tatort (v.l.): Pflegedienstleiterin Annette Diemer, Oberarzt Christian Oberbauer, PZN-Geschäftsführerin Anett Rose-Losert, OB Dirk Elkemann, Sozialminister Manne Lucha und Bürgermeister Ludwig Sauer. Foto: Teufert

Von Timo Teufert

Wiesloch. Zu einer Gedenkminute am "Kubus am Adenauerplatz" kamen gestern Abend Sozialminister Manne Lucha, Oberbürgermeister Dirk Elkemann, Bürgermeister Ludwig Sauer und Vertreter des Psychiatrischen Zentrums Nordbaden (PZN) zusammen. Sie legten für die Frau, die am Freitagmittag von einem entflohenen PZN-Patienten tödlich verletzt wurde, Blumen nieder. Außerdem trugen sie sich in das Kondolenzbuch ein, das ab heute im Foyer des Rathauses ausliegt.

Lucha sprach nach dem Eintrag ins Kondolenzbuch sein tief empfundenes Mitgefühl aus: Zu dem therapeutischen Ansatz, den das PZN habe, gebe es für eine zivilisierte Gesellschaft keine Alternative. "Gleichzeitig machen solche Taten sprachlos und betroffen", so Lucha.

Seine Gedanken seien beim Opfer und sein Mitgefühl gelte der Familie. "Es ist kein Widerspruch: Diese Trauer und diese Betroffenheit und gleichzeitig die Solidarität mit den Kollegen im PZN, die seit Jahrzehnten im Auftrag der Gesellschaft diese enorm wichtige wie schwierige Arbeit leisten, mit höchster fachlicher, persönlicher und empathischer Qualität."

Wie entsetzt die Wieslocherinnen und Wieslocher über die Tat sind, machte Oberbürgermeister Dirk Elkemann deutlich: "Die Erschütterung in der Stadt ist spürbar." Das Sicherheitsgefühl im gesamten Stadtgebiet sei beeinträchtigt: "Nun muss Vertrauen zurückgewonnen werden", sagte der OB. Das bestehende, negative Grundgefühl müsse man Ernst nehmen und eine Antwort darauf finden: "Ein ,Weiter so’ wird es nicht geben können", ist Elkemann überzeugt.

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Allerdings stehe im Moment die Verarbeitung des Schockmoments im Mittelpunkt, so das Stadtoberhaupt. Über das Wochenende habe er im engen Austausch mit dem Krisenstab des PZN und Minister Lucha gestanden. Zunächst müsse rekapituliert werden, was passiert sei und wie man künftig darauf reagiere und wie man das Risiko, das man nie ganz ausschließen könne, minimiere. Es sei wichtig, in Ruhe zu analysieren und daraus die richtigen Schlüsse zu ziehen, so Elkemann.

Schließlich habe das PZN zwei Aufgaben: "Auf der einen Seite, die Patienten zu therapieren und sie auf die Gesellschaft vorzubereiten, auf der anderen Seite, die Patienten zu sichern", so Elkemann. Dies sei ein Drahtseilakt und man müsse schauen, ob alles richtig austariert sei.

Polizei und Staatsanwaltschaft teilten unterdessen weitere Details zu der Messerattacke mit. Demnach haben die bisherigen Ermittlungen der Kriminalpolizeidirektion Heidelberg ergeben, dass "der Beschuldigte nach seiner Flucht zu Fuß in die Wieslocher Innenstadt ein Küchenmesser aus der Auslage des Kaufhauses an sich nahm und in unmittelbarem zeitlichen Anschluss die Tat beging", heißt es in der Mitteilung. Er habe sich im Rahmen der Vorführung vor dem Haftrichter nicht zum Vorfall geäußert, heißt es weiter.

Der Mann war kurz vor 13 Uhr aus einer Gruppe von sechs Patienten geflüchtet, die in Begleitung von zwei Pflegekräften von der geschlossenen Rehabilitationsstation zur Arbeitstherapie unterwegs waren. Kurz nach 13 Uhr ereignete sich dann die Tat in einem Geschäft im Untergeschoss des "Kubus am Adenauerplatz".

Der mutmaßliche Täter und das Opfer kannten sich nicht. Warum genau der Mann zustach, ist unklar. "Wir vermuten, dass wir das auch nicht herausfinden werden", sagte ein Sprecher der Anklagebehörde am Montag. "Der Mann ist psychisch krank." Laut Mitteilung ist er dringend verdächtig, "aufgrund einer wahnhaften Störung im Zustand der Schuldunfähigkeit heimtückisch einen Menschen getötet zu haben".

Bereits am Samstag wurde der 33-jährige Beschuldigte dem Haftrichter des Amtsgerichts Heidelberg vorgeführt, der einen Unterbringungsbefehl wegen Mordes erließ, so Polizei und Staatsanwaltschaft. Derzeit ist der Mann in der Aufnahmestation des PZN in einem besonders gesicherten Krisenraum untergebracht und soll zügig in die forensische Klinik nach Weinsberg verlegt werden.

Info: Das Kondolenzbuch im Rathaus, Marktstraße 13, ist montags, dienstags und donnerstags jeweils von 8 bis 12.30 Uhr und von 13.30 bis 16.30 Uhr, mittwochs bis 18 Uhr und freitags nur von 8 bis 12.30 Uhr zugänglich.

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