Meckesheim

Die offenen Fragen zum meterhohen Müllberg

Nach der Aufräumaktion auf einem Grundstück deutet einiges darauf hin, dass sich der Bewohner an öffentlichen Bücherregalen bedient hat.

12.06.2020 UPDATE: 13.06.2020 06:00 Uhr 2 Minuten, 9 Sekunden
Zwischen seinem Haus und der Garage seines Nachbarn hatte der Mann diverse Gegenstände gestapelt. Foto: Alex

Von Christoph Moll

Meckesheim. Die Aufräumaktion auf einem Grundstück in der Luisenstraße ist beendet. Drei Tage lang waren etwa zehn Mitarbeiter eines Entsorgungsunternehmens damit beschäftigt, den meterhohen "Müllberg" an einem Haus und in einem Hof zu beseitigen. Offenbar über Jahrzehnte hat der dortige Eigentümer allerhand Gegenstände angesammelt: Zehntausende Schallplatten, Bücher, Computer, Monitore und sogar eine Geschwindigkeitsanzeigetafel.

Bis zum Mittwoch vergangener Woche. Da griffen die Behörden ein, da der Müllberg ihrer Ansicht nach auf die Straße zu kippen drohte und eine Brandgefahr darstellte. Die Polizei brachte den um die 60 Jahre alten Mann in eine psychiatrische Einrichtung, die er inzwischen wieder verlassen durfte. Die Aufräumaktion dauerte bis Montag. Nun ist der Hof leer.

Hintergrund

> Die Aufräumaktion auf dem Grundstückin der Meckesheimer Luisenstraße sorgt für Diskussionen im sozialen Netzwerk "Facebook". Zahlreiche Meckesheimer zeigen sich erleichtert. Ein Mann berichtet, dass die Zustände schon mindestens 22 Jahre herrschten: "Wird langsam Zeit,

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> Die Aufräumaktion auf dem Grundstückin der Meckesheimer Luisenstraße sorgt für Diskussionen im sozialen Netzwerk "Facebook". Zahlreiche Meckesheimer zeigen sich erleichtert. Ein Mann berichtet, dass die Zustände schon mindestens 22 Jahre herrschten: "Wird langsam Zeit, da was zu tun!" Eine Nutzerin schreibt: "Endlich – der Müll ist ja schon fast auf die Straße gekippt!"

Es wird sogar berichtet, dass auch schon Gegenstände auf den Gehweg gefallen sind. "Die Anwohner sind wirklich zu bedauern!", findet ein Nutzer. "Ja, der Bewohner aber auch", entgegnet eine Frau. "Da gibt es nur Verlierer."

Mehrere Kommentatoren bedauern den Eigentümer. Andere wundern sich, dass die Behörden nicht schon früher eingegriffen haben. Ein "direkter Nachbar" berichtet, dass er froh sei, da seine Garage an der Rückwand schon gelitten habe. Er kritisiert, dass zahlreiche Neugierige die Entsorgung beobachteten und kommentierten. Auch sei nachts das Grundstück betreten worden und es seien Gegenstände gestohlen worden. "Nur zum Kopf schütteln", meint er. cm

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Doch woher kamen die Gegenstände eigentlich? Bei der RNZ gingen Hinweise ein, dass insbesondere die Bücher aus öffentlichen Bücherregalen aus der ganzen Region stammen könnten – so zum Beispiel aus den Bücherregalen in der Heidelberger Neugasse und am Neuenheimer Marktplatz. Diese dienen dazu, dass Menschen Bücher hineinstellen können, die sie schon gelesen haben. Im Gegenzug dürfen sie sich Bücher herausnehmen. Ein RNZ-Leser berichtete, dass der Meckesheimer oft mit Kartons voller Bücher auf einer Sackkarre in S-Bahnen der Region unterwegs gewesen sei.

Auf Nachfrage der RNZ sagt der Meckesheimer, dass zahlreiche Bücher auf seinem Grundstück von Flohmärkten stammen. Er räumt aber ein, dass er durchaus auch Bücher aus öffentlichen Regalen genommen habe, um diese zu verkaufen. Er habe aber immer mindestens genauso viele Bücher in die Regale zurückgestellt, die er auf Flohmärkten erworben habe und nicht weiterverkaufen konnte. Jene habe er mit "markanten Merkmalen" versehen, damit er diese nicht erneut aus Regalen nehme. Der RNZ wurde berichtet, dass er unter anderem die ISBN-Nummer durchgestrichen habe. Auf die Frage nach dem Sinn der Bücherregale antwortet der Mann, der nach eigenen Angaben noch weitere "Lager" in der Region unterhält: "Damit die Leute ihren Müll loswerden." Zuletzt habe er in den Regalen auch nichts mehr gefunden, was er noch verwerten könne.

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Doch ist dieses Vorgehen legal? Polizeisprecher Dieter Klumpp betont zunächst, dass keine Anzeigen gegen den Mann vorliegen. "Die Bücherregale haben nicht den Sinn, dass sie ausgeräumt werden und die Bücher gehortet oder weiterverkauft werden", betont er. "Die Bücher sind zum Lesen und Weitergeben da." Klumpp ist der Meinung, dass es sich um einen Diebstahl handeln könnte. Denn die Bücher seien nicht "herrenlos". Eigentümer sei derjenige, dem auch das Bücherregal gehört – zum Beispiel die jeweilige Kommune. "Das ist wie bei Sperrmüll, der zwar auf einem öffentlichen Gehweg steht, aber vom Eigentümer dem Entsorgungsunternehmen überlassen wird", erklärt Klumpp.

Der Meckesheimer hingegen ist vielmehr der Meinung, dass er selbst Opfer eines Diebstahls geworden ist. Und zwar durch die Behörden. Als er am Montagabend an sein Haus kam, sei der Hof "besenrein" leergefegt gewesen. "Alles wurde geklaut", sagt er. Sogar zwei "Oldtimer" – also über 30 Jahre alte Autos, die unter dem Berg verborgen waren – seien nun weg. Ein Wagen sei voller "technischer Hochfrequenzteile" gewesen. Geblieben sind mehrere Gitterboxen und ein Hubgerät, mit denen der Mann Gegenstände so hoch stapeln konnte. Dieses hat er inzwischen abtransportiert. Zudem seien Dächer beschädigt worden. Den Gesamtschaden schätzt er auf über 50.000 Euro. Zudem seien Elektroteile wie alte Radiogeräte übers Wochenende auf dem Gehweg gestanden, sodass sich jeder "bedienen" konnte. Tatsächlich lockte der Berg einige Sammler aus der Region an.

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