Leimen/Nußloch/Sandhausen

Skepsis bei Katholiken zu "Kirchenentwicklung 2030"

Katholiken stellen sich Vertrauensfragen. Ein Infoabend mit der Projektleitung in Nußloch.

07.12.2023 UPDATE: 07.12.2023 06:00 Uhr 2 Minuten, 55 Sekunden
Der Lautsprecher in einer nachgebildeten Kirchenglocke machte es in Nußloch möglich, das Geläute aller Kirchen der künftigen katholischen Pfarrei Wiesloch anzuhören (l.). Rund 20 Personen waren beim Informationsabend zur Kirchenentwicklung 2023 zugegen. Foto: Hüll

Von Felix Hüll

Nußloch. Der jüngste Infoabend zur "Kirchenentwicklung 2030" zeigt, welche Chancen im grundsätzlichen Umbau des katholischen Gemeindelebens in der Region stecken können. Aber er zeigt auch, welche Skepsis selbst bei engagierten Ehrenamtlichen gegenüber amtskirchlicher Bischofsmacht besteht.

"Man soll da sein und arbeiten, darf aber nichts entscheiden. Und wie soll das dann in einem größeren Raum sein?" Diese Frage warf eine ehrenamtlich Aktive im Gemeindehaus Sancta Maria auf. Dort sprachen Vertreter der Projektleitung von "Kirchenenttwicklung 2030" über die künftige Großpfarrei Wiesloch-Ost.

Zu ihr werden auch die 12.116 Katholiken aus der Seelsorgeeinheit Leimen-Nußloch-Sandhausen gehören. Bis 2026 schließen sich bekanntlich vier Seelsorgeeinheiten zu einer großen Einheit mit nur noch einem leitenden Pfarrer zusammen: Neben Leimen-Nußloch-Sandhausen sind das Wiesloch-Dielheim, Walldorf-Sankt Le­on-Rot und Letzenberg.

Nußloch Teil der Pfarrei Wiesloch

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Das Nußlocher Gemeindeteam von Sankt Laurentius um Jonathan Philipp hatte Projektkoordinator Gernot Hödl und die Mitglieder der Projektleitung Anke Beck und Dagmar Brewig eingeladen. Wie wiederholt berichtet, werden alle katholischen Gemeinden in der Erzdiözese Freiburg bis 2026 in 36 Pfarreien neu aufgeteilt. Nußlochs 2775 katholische Christen zählen dann zur künftigen "römisch-katholischen Kirchengemeinde Wiesloch". Als Pfarrei hat sie aber die Patronatskirche St. Aegidius in St. Ilgen.

Den rund 20 Anwesenden auch von außerhalb Nußlochs erläuterten Pastoralreferent Hödl, Brewig und Beck, dass die Erzdiözese Freiburg mit dem Prozess "Kirchenentwicklung 2030" auf "das immer Weniger" bei Mitgliederzahlen, Gottesdienstbesuchern, Kirchensteuereinnahmen, hauptamtlichem Personal und ehrenamtlich Engagierten reagiere.

Pfarreiprojekt hat vier Elemente

In der künftigen Pfarrei Wiesloch habe man sich auf vier Projektelemente verständigt: geistlichen Prozess, Erkundung, Info- und Beteiligungsformate sowie Verwaltung. So wolle man bis zum Heiligen Jahr 2025 etappenweise im Rahmen eines Pilgerprojekts "Open End" nach Rom wallfahren. Am 7. bis 9. Juni 2024 ist auf Schloss Unteröwisheim ein Begegnungsforum "Tasting – wie geht Beheimatung?" geplant. Es soll ausloten, wie Katholiken sich im neuen Großgebilde zugehörig fühlen können.

Die Erkundungsgruppe bot bereits eine erste Wanderung durch die Seelsorgeeinheiten an. Sie plant eine weitere Tour am 14. Januar. Und es gab eine Veranstaltung "Resonanzraum", in der gewissermaßen Befindlichkeiten der Basis abgefragt wurden. Zu den Beteiligungsformaten und Informationen zählte Projektleiterin Brewig einen Auskunftsbesuch wie den soeben in Nußloch.

Mit dabei war auch die Glocke von Urban Ronellenfitsch. Das ist eine Art Lautsprecher, über den von verschiedenen Chips auf Kärtchen die darauf gespeicherten Kirchengeläut-Klänge aller Kirchen der künftigen Großpfarrei angehört werden können. Zur "Verwaltung im Prozess" erläuterten Gernot Hödl und Anke Beck, wie aus den bisherigen Pfarrgemeinderäten ein neues Entscheidungsgremium entstand, das schon fortwirkende Beschlüsse fassen kann, bevor der neue Leitende Pfarrer und der beabsichtigte zentrale Geschäftsführer "Pfarrökonom" der künftig in Walldorf geplanten zentralen Rechnungsstelle eingesetzt sind.

Über die Personen und die Strukturwünsche aus der künftigen Pfarrei habe der Erzbischof bislang noch keine Entscheidung getroffen. Hödl, Brewig und Beck hatten erläutert, dass die 16 hauptamtlichen pastoralen Stellen – aktuell sind 14 davon besetzt – über die 19 Gemeinden so verteilt werden sollen, dass diese auch alle versorgt werden können.

An weite Anfahrten gewöhnen

"Ja glauben Sie denn, ich fahre nach St. Leon?" erkundigte sich ein Besucher in Nußloch. "Wie sollen wir da ein Miteinander hinkriegen auf diesen Strecken?" Hödl antwortete, dass die Gremien auch Überlegungen anstellten, etwa fragten: "Wie können wir Ehrenamtliche bestärken in ihrem Tun?" Schon jetzt komme es vor, dass sie mal 25 Minuten Anfahrt auf sich nehme, erklärte Anke Beck aus Leimen-Gauangelloch.

"Wir haben schon seit 1979 keinen eigenen Pfarrer mehr und sind vielleicht deswegen seit Langem gewohnt, dass nicht immer alles vor Ort ist oder es einer anderen Form bedarf," sagte Beck, die in St. Peter Gauangelloch auch Andachten gestaltet. Die neue Pfarrei Wiesloch soll zudem fünf "pastorale Knotenpunkte" eines angedachten Netzwerkes erhalten. Sie werden über die Fläche der neuen Pfarrei verteilt sein. Ergänzt werden sie durch "Glaubensorte", an denen sich "Glauben vollzieht".

Neben der zentralen Verwaltung sollen in den ehemaligen Seelsorgeeinheiten Ansprechpartner vor Ort verbleiben. "Wir, die wir Verantwortung übernommen haben, spüren schon jetzt: Es gibt sehr viele Gestaltungsspielräume in den großen Gebilden der 36 Pfarreien", wirbt Hödl dafür, die Chancen dieses "Gestaltwandels der Kirche in Deutschland" zu nutzen. Man sei als katholischer Christ herausgefordert, Stellung zu beziehen. Und dafür stehen jetzt Projektangebote zum Mitmachen bereit: Infos dazu biete die Internetseite www.kath-wiesloch-ost.de

"Lebendiger Gott, wir beginnen unsren Weg in ein neues Land, in dem Du mit uns das Haus der Kirche 2030 neu gestalten willst. Schenke uns auf diesem Weg Deinen Geist, den Geist des Vertrauens, der Offenheit, des Hinhörens und der Kreativität", sprachen die Anwesenden und versprachen zu bringen, "was wir sind und haben", und baten: "Ergänze, was uns fehlt, inspiriere und segne uns."

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