Heulende Sirenen kehren zurück
Der Gemeinderat beschließt die schnellstmögliche Anschaffung von neun Warnanlagen. Die gesamte Stadt soll beschallt werden.

Von Thomas Frenzel
Leimen. Ungeachtet aller sonstigen Reibereien herrschte da Einstimmigkeit im Gemeinderat: Die Große Kreisstadt beschafft sich in absehbarer Zukunft ein Sirenensystem, mit dem im gesamten Stadtgebiet die Bürgerschaft im Katastrophenfall gewarnt werden kann. Befördert wurde das positive Votum durch zweierlei: Ein staatliches Förderprogramm lässt hohe Zuschüsse erwarten – und als Mitte Juli heftigster Starkregen das Ahrtal überflutet, war das vom Leimbach durchflossene St. Ilgen "gerade noch mal davongekommen". Dies betonte Oberbürgermeister Hans D. Reinwald: "All diese Ereignisse haben vor Augen geführt, dass wir uns wappnen müssen."

Denn wäre es im Juli ganz schlimm gekommen, so der Rathauschef, hätte man in St. Ilgen vor der drohenden Überflutung noch nicht mal warnen können: Die aus den Zeiten des "Kalten Krieges" stammenden pilzförmigen Sirenen, die mit durchdringendem Heulen über bevorstehende Luftangriffe hätten informieren sollen, gibt es nicht mehr. Zur schnellen Warnung der Bevölkerung existierten derzeit nur Smartphone-Apps wie "Katwarn" oder "Nina" mit dem Problem, so der OB, dass nicht alle Leute solche Smartphones haben und – wenn doch – diese Softwareprogramme nicht zwingend installiert sind.
Die neuen elektronischen Sirenen haben Reinwald zufolge auch andere Vorteile. Über ihre Hörner können sie die Stadt nicht nur mit Heul- oder Dauertönen beschallen, sie lassen sich auch für Sprachnachrichten nutzen. Diese können, so war der Sitzungsunterlage zu entnehmen, digital aufgezeichnet sein oder aber live per Mikrofon ins System eingespeist werden. Je nach Art der Katastrophe – Reinwald: "Stromausfälle kommen auch in der hiesigen Gegend immer häufiger vor" – sei dies von Vorteil. Apropos: Die neuen Sirenen verfügen parallel zum Stromanschluss auch über eine eigene Notstromversorgung.
Vorerst neun Sirenen sollen im Stadtgebiet aufgestellt werden: drei in Leimen-Mitte, zwei in St. Ilgen und zwei in Gauangelloch sowie jeweils eine in Lingental und Ochsenbach. Standorte sind unter anderem die Rat- und die Feuerwehrhäuser. Angesichts erster Schätzkosten von knapp 120.000 Euro hatte der OB auch eine "gute Botschaft": Ein aus Bundesmitteln gespeistes Förderprogramm des Landes lässt eine nahezu vollständige Bezuschussung erwarten. Allerdings erfolge die Zuteilung im "Windhundprinzip", sprich: nach Eingang der Anträge.
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Auf den "Kalten Krieg" folge nun ein "heißer Krieg gegen die Klimakatastrophen", signalisierte Ralf Frühwirt (GALL) Zustimmung: Es sei dringend notwendig, dass die Bevölkerung gewarnt werden kann. Genauso dringend sei, dass endlich etwas beim Leimbach geschehe: "Wir warten schon sehr sehr lange auf die Renaturierung" und den mit ihr verbundenen Hochwasserschutz.
"Es geht um die Sicherheit", befand Richard Bader (CDU) und drängte mit Blick auf das Förderprogramm auf schnellstmögliche Inangriffnahme. Bruno Lindenbach (FDP) verwies auf den – nach erfolgtem Sirenenabbau – sirenenlos herumstehenden Mast in Lingental: Der solle jetzt entweder genutzt oder aber abgebaut werden. Dass im Katastrophenfall auch reihenweise die Funkmasten ausfallen können, brachte Peter Sandner (SPD) ins Spiel: "Da helfen dann auch die besten Smartphone-Apps nicht mehr." Mathias Kurz (FW) fragte nach künftigen Probeläufen. Allein schon um die Bürgerschaft mit dieser Art der Warnung vertraut zu machen, müsse es Testalarmierungen geben, sagte der OB – "allerdings nicht nachts um Drei".
Dass es dem Gemeinderat ernst ist mit der Sorge für die Sicherheit der Bürger, was der OB als "vornehmste Pflicht der Kommunalpolitik" bezeichnete, belegte die ausgedruckte Beschlussvorlage. Da ist nachzulesen, dass die schnellstmögliche Beschaffung der Sirenenanlage "unabhängig einer tatsächlichen Förderung" erfolgen soll.