Leimen

Die Weinkerwe war ein teurer Spaß

Städtische Bon-Abrechnungen haben sich verzehnfacht – Die "Märkte" kosteten Leimen 2017 eine Viertelmillion Euro

11.05.2018 UPDATE: 13.05.2018 06:00 Uhr 1 Minute, 50 Sekunden

Das Riesenrad machte es im vergangenen Jahr möglich: Blick auf die Dächer Leimens und auf die Weinkerwe. Foto: Frenzel

Von Thomas Frenzel

Leimen. Der Angeklagte saß auf dem OB-Sessel, auch wenn er nicht direkt angesprochen wurde. Gegen ihn fuhren GALL und FDP bei der zurückliegenden Ratssitzung schweres Verbalgeschütz auf. Es ging um die überplanmäßigen Ausgaben des vergangenen Jahres. Genauer: um den Haushaltsposten "Märkte". Hinter diesem Sammelbegriff verstecken sich vor allem die städtischen Feste und insbesondere die Leimener Weinkerwe im September.

Um 73.254,18 Euro waren hier die eingeplanten Mittel überschritten worden, nachdem sie - laut FDP-Sprecher Klaus Feuchter - für 2017 eh schon um 50.000 auf 180.000 Euro aufgestockt worden waren. "Wie viel ist uns dieser sprichwörtliche Spaß tatsächlich wert?", fragte GALL-Sprecher Ralf Frühwirt.

Rathauschef Hans D. Reinwald reagierte auf die Anwürfe kühl - er wusste die deutliche Ratsmehrheit hinter sich. Das neue Festkonzept der Weinkerwe, so der OB, "ist bei der Bürgerschaft sehr gut angekommen": mehr teilnehmende Vereine, die Einbindung der Partnerstädte, bessere musikalische Darbietungen, ein aufgewertetes Feuerwerk.

Laut Sitzungsunterlage kam allein die Weinkerwe um 57.000 Euro teurer als geplant. Mehrkosten gab es auch bei der Kerwe in Gauangelloch - 9500 Euro - und durch den erstmals durchgeführten "Leimener Sommer" mit 10.800 Euro.

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FDP-Feuchter vermisste vor allem Kostenbewusstsein: "Können wir uns eine Viertelmillion für Feste leisten?" Bei der Leimener Weinkerwe seien die Technischen Betriebe Leimen (TBL) derart von allen Seiten mit Wünschen und Aufträgen überhäuft worden, dass diese die Arbeiten extern hätten vergeben müssen. Und die Bon-Abrechnungen der Stadt in Sachen Kerwebewirtung hätten sich verzehnfacht: "Da ist ja was abgegangen."

GALL-Frühwirt legte nach: "Wir buttern hier die Kohle rein, als gäbe es kein Morgen." Und es ärgerte ihn, dass all diese Kostensteigerungen nicht vorhersehbar gewesen sein sollen: "Wir diskutieren jetzt, wo das Geld schon weg ist."

Nüchtern-sachlich reagierte auf solche Vorhaltungen Peter Sandner (SPD). Bei den Ansätzen für die 2017er Haushaltsansätze habe man 2016 noch zögerlich die Mittel veranschlagt. Bei den Verhandlungen für den 2018er Haushalt seien sie ja "deutlich erhöht" worden, weshalb mit derartigen Überschreitungen nicht mehr zu rechnen sei. Dessen ungeachtet forderte er den OB auf, dem Rat eine Zusammenstellung der positiven Kerwe-Effekte vorzulegen.

Für Richard Bader (CDU) stand indessen eines fest: Mit der Weinkerwe 2017 ist Leimen wieder in der regionalen "Event-Landkarte" aufgetaucht. Zuvor sei das wichtigste Stadtfest bis zur Unkenntlichkeit - und zur Unzufriedenheit der Bürgerschaft - abgespeckt worden.

Für Rudolf Woesch (FW) war die zurückliegende "eine wunderschöne Weinkerwe". Deshalb solle man auch "nicht hinterher alles schlecht reden".

Das war auch die erkennbare Mehrheitsmeinung: Den Mehrausgaben bei den sogenannten "Märkten" versagten lediglich sechs Stimmen von GALL und FDP ihre Zustimmung.

Einstimmig gingen dagegen die anderen außerplanmäßigen Ausgaben über die Bühne, auch wenn über sie kein Wort verloren wurde. Eine Sondertilgung von drei Krediten in Höhe von 2,14 Millionen Euro, die dank guter Stadteinnahmen möglich wurde, zählte hierzu genauso wie 7400 Euro, die anfielen, weil in stadteigenen Notunterkünften randaliert wurde und diese deshalb repariert oder neu ausgestattet werden mussten.

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