Ladenburg

Bürgermeister ist für eine Umbenennung der Straße

Historiker Jürgen Zieher hält eine Veränderung für "zwingend geboten".

20.02.2022 UPDATE: 21.02.2022 06:00 Uhr 2 Minuten, 3 Sekunden
Ein Bild, das Bände spricht: Das „Achtung-Verkehrsschild“ ist geradezu passend oberhalb des Straßenschildes Albert-Reimann-Straße montiert. Eine Umbenennung der Straße wird in Ladenburg eingefordert. Foto: Sturm

Von Axel Sturm

Ladenburg. "Ich bin der regionalen Presse so dankbar, dass in den letzten Monaten ein Thema aufgegriffen wurde, das mir schon lange am Herzen liegt. Es wurde Zeit, dass gehandelt wird", sagte die Sprecherin des Arbeitskreises Jüdische Geschichte, Ingrid Wagner. Die Benennung von Straßen nach Profiteuren der Kolonial- und Nazizeit ist für sie inakzeptabel.

Die Leutwein-Straße, die Lüderitz-Straße und die Gustav-Nachtigal-Straße in Mannheim-Rheinau sind Straßennamen, die bei Wagner Gänsehaut verursachen. Auch die Hans-Pfitzner-Straße in Schriesheim und die Dr.-Albert-Reimann-Straße in Ladenburg haben ihre Daseinsberechtigung nie gehabt, sagt sie. Wagner würde sich freuen, wenn auch die Gemeinde Ilvesheim die Vergangenheit ihres Ehrenbürgers Heinrich Vetter in diesem Zusammenhang noch einmal unter die Lupe nehmen würde. Auch Vetter sei einer der großen Profiteure der Nazizeit gewesen. Die Ladenburger Bürgerin und AK-Sprecherin hält eine Umbenennung der problematischen Straßennamen für "zwingend notwendig". Sie empfindet die Würdigung des Industriellen Albert Reimann jedoch als besonders auffällig. "Wie die Reimanns mit den Zwangsarbeitern umgegangen sind, ist einfach skandalös", sagte Wagner, die eine schnelle Umbenennung der Straße von den Ladenburger Entscheidungsträgern einfordert. Sie geht davon aus, dass sich die Ratsmitglieder ihrer Verantwortung bewusst sind und die aus ihrer Sicht richtige Entscheidung treffen.

Der Bürgermeister der Stadt, Stefan Schmutz, hat zu diesem Vorgang eine klare Meinung. Wie die Rathaussprecherin Nicole Hoffmann auf Anfrage der RNZ mitteilt, wird der Bürgermeister dem Gemeinderat die Umbenennung der Dr.-Albert-Reimann-Straße vorschlagen. Die Verwaltung stellt gegenwärtig Informationen über die Person Albert Reimann jun. zusammen, die dessen Rolle in der NS-Zeit betreffen. Diese Informationen werden dem Gemeinderat als Entscheidungshilfe zur Verfügung gestellt. Schmutz hat sich bereits positioniert und mag sich nicht vorstellen, dass es in Ladenburg künftig noch eine Dr.-Albert-Reimann-Straße gibt.

Einer der profundesten Kenner der nationalsozialistischen Periode in Ladenburg ist der Historiker Dr. Jürgen Zieher. Er ist Mitglied im Arbeitskreis jüdische Geschichte und war maßgeblich an dem Entstehen des Stadtbuchs "Die jüdischen Ladenburger" beteiligt. Der Wissenschaftler ist ein gefragter Mann, wenn es um die Aufarbeitung der NS-Vergangenheit Ladenburgs geht. Auch Zieher bezieht eindeutig Stellung zum Thema Dr.-Albert-Reimann Straße. Der Historiker sagte der RNZ: "Wenn historische Forschungen eindeutig belegen, dass der Namensgeber einer Straße mit seinem Verhalten oder seinen Äußerungen gegen grundlegende Menschenrechte und Werte verstoßen hat, bedarf es einer ernsthaften Diskussion über eine Namensänderung im Gemeinderat".

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Zieher findet, dass Albert Reimann nach heutigem Kenntnisstand ein überzeugter Nationalsozialist war, der während des Zweiten Weltkriegs Zwangsarbeiter in seiner Villa misshandelt hat. "Daher halte ich eine neue Namensgebung für die nach ihm benannte Straße für zwingend geboten", meint der Wissenschaftler. Die Entscheidung der Erben der Familie Reimann, die Firmengeschichte während der NS-Zeit erforschen zu lassen und die Ergebnisse zu veröffentlichen, zeuge von historischem Verantwortungsbewusstsein, betont der Historiker Zieher im RNZ-Gespräch.

Er meint, dass ein solches Verantwortungsbewusstsein auch die Ladenburger Stadträtinnen und Stadträte bereits gezeigt hätten bei ihrer Entscheidung, im Neubaugebiet Nordstadt-Kurzgewann keine Straße nach der Ehrenbürgerin Elisabeth Trippmacher zu benennen. Daher ist sich Zieher auch in diesem Fall sicher, dass die Mitglieder des Gemeinderats in ähnlich verantwortungsvoller Weise über die Umbenennung der Dr.-Albert-Reimann-Straße diskutieren und anschließend eine adäquate, wertebewusste Entscheidung treffen werden.

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