Kind in Großsachsen überrollt

Bei Joanas Familie sind "Riesen-Panik" und Trauma geblieben

Vor einem Jahr wurde die heute vierjährige Joana von einem Auto überrollt. Ihre Eltern sprechen über die Folgen und mahnen zur Vorsicht.

08.11.2023 UPDATE: 08.11.2023 06:00 Uhr 2 Minuten, 45 Sekunden
Nach dem Unfall machte sich die Gemeinde für Poller am Parkplatz an der Alten Schule in Großsachsen stark. Dadurch müssen Autofahrer künftig einen Schlenker machen, wenn sie vom Parkplatz auf die Breitgasse fahren wollen. Foto: Dorn

Von Annette Steininger

Hirschberg. Es ist der Albtraum aller Eltern, der zwei Leutershausenern widerfahren ist: das Kind von einem Auto überrollt und in Lebensgefahr schwebend. Die Ängste, die das Ehepaar nach dem schweren Unfall in Großsachsen am 9. September 2022 ausgestanden hat, sind noch heute spürbar, wenn man mit ihnen spricht. Die Eltern (Namen sind der Redaktion bekannt) von Joana, damals drei Jahre alt und heute vier, haben sich dazu entschlossen, mit der RNZ zu sprechen.

Unter anderem, weil das öffentliche Interesse groß war und es weiterhin ist. "Wir werden heute noch gefragt, wie es Joana geht." Auch die Anteilnahme und die Unterstützung waren riesig, weshalb im September auch ein Dankesgottesdienst stattfand, bei dem das Mädchen auch getauft wurde.

Dankbar fürs Überleben und für Unterstützung

Ein Dankesgottesdienst aber auch deshalb, weil die Eltern unglaublich dankbar sind, dass Joana überlebt hat. Und danach sah es zunächst nicht aus. Eine Frau fuhr damals mit ihrem Auto vom Parkplatz an der Alten Schule auf die Breitgasse. Beim Abbiegen nach rechts übersah sie ein dort an der Ampel wartendes Mädchen, Joana. Ihre Mutter hatte gerade alle drei Kinder vom evangelischen Kindergarten abgeholt.

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Wie immer ließ sie Joana an den Umlaufsperren kurz vor der Breitgasse runter, um selbst vom Rad abzusteigen und es drumherumzuschieben. Jeden Tag lief Joana schon mal vor, um auf den Schalter bei der Fußgängerampel zu drücken. "Es war ein eingespieltes System", erzählt die Mutter. Doch diesmal ging alles schief. Schreckliche Szenen müssen sich abgespielt haben.

Die Mutter eilte zu ihrem schwer verletzten Kind, um ihre anderen beiden kümmerte sich der Kindergarten. Der Vater wurde angerufen und fuhr zur Unfallstelle. Schon trafen der Rettungswagen und Seelsorger ein; Joanna wurde aufgrund der Schwere ihrer Verletzungen ins künstliche Koma versetzt.

Sie erlitt unter anderem multiple Schädelverletzungen, eine Einblutung am Rückenmark, einen Leberriss und der Sehnerv ihres rechtes Auges ein Trauma. Der Riss der Leber war es, der allen Sorge bereitete. Blut lief in den Bauchraum. Auch zwei Gehirnblutungen machten Ärzten wie Angehörigen Sorgen. An diesem schlimmen Tag gewitterte es.

Für die beiden gläubigen Leutershausener war es zunächst ein Zeichen, dass Gott Joana zu sich holen will. Letztlich sahen sie es aber als Zeichen, dass ihr Kind bei ihnen bleibt. Denn wie durch ein Wunder hörten die Blutungen auf, Joana überlebte.

Am 13. Tag konnte sie aus dem Krankenhaus entlassen werden. Doch der Unfall hatte schwere Folgen: Joana ist auf dem rechten Auge blind. "Sie kann dadurch nicht mehr räumlich sehen", erzählt ihre Mutter. Von außen fällt es kaum auf, nur die Pupille bewegt sich kaum.

Auch wenn Joana wieder mit anderen Kindern spielen kann, weiß ihr Vater doch, mit was für Einschränkungen sie später einmal zu kämpfen haben wird: "Sie kann nicht mehr Polizistin oder Pilotin werden." Und dann ist bei der ganzen Familie – sie sind alle in psychotherapeutischer Behandlung – ein Trauma geblieben. "Dass man auf dem Weg vom Kindergarten ums Leben kommen kann", sagt die Mutter. "Wir haben alle immer noch eine Riesen-Panik."

Anfangs wollte Joana gar nicht das Haus verlassen. Das ist inzwischen zwar möglich, doch alle pressen sich bei ihnen in der Straße erst mal an die Hauswand, wenn ein Auto vorbeifährt. Den Hof haben sie umzäunen lassen, um eine gesicherte Spielfläche für die Kinder zu haben.

Und die Gemeinde, allen voran Bürgermeister Ralf Gänshirt, hat sich erfolgreich für die Installation von Pollern am Parkplatz stark gemacht, sodass Rechtsabbieger nun einen Bogen fahren müssen, um auf die Breitgasse zu fahren. "Ich dachte ja, ich wäre erleichtert, wenn ich die beiden Poller sehe", erzählt der Vater.

"Doch ich musste weinen, weil ich dachte: Muss immer erst mal was passieren, bis gehandelt wird?" Daher appelliert das Ehepaar auch eindringlich an alle Verkehrsteilnehmer, gerade dort, wo Kinder unterwegs sind, besonders die Augen offen zu halten. Auch vor dem Hintergrund, dass nicht alle Ecken perfekt abgesichert sind.

Einen großen Wunsch haben die Eltern von Joana noch: Dass die Unfallverursacherin, die wegen fahrlässiger Körperverletzung zu 30 Tagessätzen à zehn Euro verurteilt wurde, mit ihnen spricht. Damit sie nachvollziehen können, was passiert ist und zumindest einen Teil der schrecklichen Erfahrung verarbeiten können.

Gerne hätte auch die RNZ mit der Unfallverursacherin oder ihrem Rechtsanwalt gesprochen. Dieser teilte mit, dass er das Anliegen mit seiner Mandantin besprochen hätte. "Weder meine Mandantin noch ich stehen für Pressekontakte zur Verfügung", lautete die Antwort.

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