Mit einer Weihnachtsbeleuchtung ging es los
In diesem Jahr 30. Geburtstag - Manfred Müller-Jehle blickt auf seine Entstehung zurück

Manfred Müller-Jehle war damals Stadtplaner, als die Idee aus der Nachbarschaft aufkam, den neu gestalteten Hutplatz als Kerwetreff zu nutzen. Foto: Kreutzer
Von Günther Grosch
Weinheim. Aus einer Vision des damaligen für die Altstadtsanierung und Stadterneuerung zuständigen Stadtplaners Manfred Müller-Jehle, aber auch dank der tatkräftigen Mithilfe vieler Anwohner entstand 1988 ein Kleinod und gleichzeitig eine der schönsten Kerwe-Örtlichkeiten der Zweiburgenstadt.
Vom 10. bis 13. August feiert der von einem schmucklosen asphaltierten Parkplatz zum Bürgertreff umgestaltete "Hutplatz" jetzt nicht nur seinen 30. Geburtstag. Sein Ambiente weiß auch an normalen Tagen und außerhalb eines der größten Volksfeste an der Bergstraße zu begeistern. Dafür sorgen unter anderem zehn Platanen und ein von der Volksbank Weinheim gestifteter Brunnen nach dem Entwurf des Ladenburger Kinetik-Künstlers Hans-Michael Kissel.
Von einem "südfranzösischen Dorfplatz" habe er sich damals inspirieren lassen, sagt Müller-Jehle und nippt beim Gespräch mit der RNZ an seinem Cappuccino. Spätestens in den 1970er Jahren bedurfte das bis dahin schmucklose Areal der Aufmöbelung.
Schon damals habe es eine "aktive demokratische Bürgerbeteiligung" gegeben, erinnert sich Müller-Jehle. Wobei die Gegensätze allerdings hart aufeinanderprallten: "Die einen wollten den Parkplatz so, wie er war, erhalten. Die anderen machten sich für eine reine Grünfläche stark."
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Am Ende stand als Kompromiss die jetzige wassergebundene Multifunktionsfläche mit Parkplätzen. Der Nachbarschaft gefiel das Ganze. Als im Fertigstellungsjahr die Kerwe nahte, kam aus ihren Reihen die Anregung, auch hier einen "kleinen, aber feinen" Kerwestandort einzurichten.
"Wir backen Kuchen. Ich zapfe Bier. Wir bedienen", zeigten sich die Anwohner von der Idee begeistert. Auch die Angehörigen der nur wenige Schritte entfernten evangelische Johannisgemeinde wollten sich mit einbringen. Was allerdings daran scheiterte, dass man darauf beharrte, keinen Alkohol auszuschenken. "Kerwe ohne Bier und Wein. Das geht nicht", spielte die Nachbarschaftsinitiative nicht mit. Die Johannisgemeinde zog sich zurück.
Für den Getränkeausschank bezog man die Welde-Brauerei mit ein. Als Hauptgericht stand "Lewwerworschd mit Pellkartoffeln" auf der Speisekarte. Doch je mehr sich die Kerwe näherte, desto mehr Absagen hagelte es.
"Viele merkten, dass das Ganze doch ziemlich Arbeit macht", so Müller-Jehle. Drei Wochen vor der Kerwe stand man nur noch mit einem knappen halben Dutzend an Helfern da.
In der Not wurden Mitglieder der Marktplatzinitiative und Helfer aus dem eigenen Familien- und Bekanntenkreis mobilisiert. Schnell war ein Stamm von 20 Leuten um Müller-Jehles Bruder Hartmut und dessen Ehefrau Renate beisammen.
Die Schwetzinger Welde-Brauerei steuerte die Illumination bei. "Allerdings handelte es sich dabei um die mit Tannenreisig umwickelte Schwetzinger Weihnachtsbeleuchtung", lacht Müller-Jehle: "Anstelle der weißen Birnchen haben wir kurzerhand bunte Lämpchen reingeschraubt." Doch damit waren die Probleme nicht vom Tisch.
Als man die Girlanden an den jungen Platanen befestigen wollte, stellte sich schnell heraus: "Die Stämmchen waren noch zu dünn und bogen sich". Kurzerhand wurden vier Meter hohe Kanthölzer besorgt.
Mit den Jahren wuchsen nicht nur die Platanen, sondern auch die Erfahrung der Akteure. Ein Prinzip aus den Anfängen der Hutplatz-Kerwe gilt bis heute: "Keine Zelte als Überdachung. Dies würde die Open-Air-Atmosphäre des Platzes kaputtmachen."
Womit man in den zurückliegenden drei Jahrzehnten meist Glück hatte. Lediglich drei Mal mussten die jeweils freitags und sonntags aufspielenden Live-Bands wegen sintflutartiger Regenfälle nach Hause geschickt werden, so Müller-Jehle.
Mit der 22-köpfigen "LA Reed Big Band" ist in diesem Jahr erneut ein soundstarkes Gebläse zu Gast. LA steht nicht für Los Angeles, sondern für "Lampertheim" und Reed ist als Synonym für das hessische "Ried" zu lesen.
Dass in den drei Jahrzehnten einzelne Partner und Teile des Konzepts wechselten und auch die Weihnachtsbeleuchtung längst ausgetauscht wurde, kann man sich denken. Statt Welde gibt’s jetzt Radeberger Bier. Kay Gottuck und Rainer Bickel von der "Gschmacksach’" und die "Bistronauten" sorgen jetzt anstelle der Lewwerworscht und Pellkartoffeln mit ihren Burger-Spezialitäten für die kulinarischen Gaumenfreuden. Die Stammkundschaft weiß den Hutplatz zu schätzen.
Neue Fans kommen jährlich hinzu. Wovon die Bürgermeisterdelegation, die hier ihren ersten Kerwemontag-Rundgang-Stopp einlegt, ebenso zeugt wie der Treff der lokalen und regionalen Serviceclubs.
Info: Kerwe am Hutplatz: Freitag, 10. August, ab 19.30 Uhr Live-Musik mit der "LA Reed Big Band"; Sonntag ab 19 Uhr mit dem "Delta Django Collective". Bewirtung freitags und samstags ab 17 Uhr. Sonntag und Montag ab 12 Uhr.