Max Giesinger nahm Songs in der Alten Zigarrenfabrik auf
Popsänger nahm dort sein neues Album auf - Vor 20 Zuhörern erklärte er, wie es entstanden ist und spielte ungehörte Stücke

Mit seiner locker-lässigen Art begeisterte Max Giesinger seine Fans, darunter Helen Tietze aus Heiligkreuzsteinach und ihre Schwester Pauline. Foto: SWR Niko Neithardt
Von Anja Hammer
Sandhausen. Mit Kaffeetasse in der Hand und verwuscheltem Haar kommt er die Treppe herunter und sagt ganz lässig "Hallo". Als sei es das Normalste auf der Welt. Für die 20 Gewinner des Radiosenders SWR3 geht hingegen ein großer Traum in Erfüllung. Denn derjenige, der gerade so entspannt im Kapuzenpulli hereinspaziert kam, ist kein Geringerer als Max Giesinger.
Der Sänger, der schon mit Hits wie "80 Millionen" oder "Wenn sie tanzt" die Charts stürmte, bringt am Freitag ein neues Album heraus. In einer exklusiven Studio-Session zeigt er seinen Fans, wie die Lieder entstanden sind. Und wo er einige von ihnen aufgenommen hat: nämlich in der Alten Zigarrenfabrik in Sandhausen.
So lässig wie der Star nach außen wirkt, ist er nicht. Der 30-Jährige, der aus Waldbronn bei Karlsruhe stammt und 2011 bundesweit durch die TV-Castingshow "The Voice" bekannt wurde, gesteht: "Ich bin aufgeregt, das ist für mich was ganz Neues." Und man glaubt es ihm. Trotz mehrerer Goldener Schallplatten kommt er rüber wie der nette Junge von nebenan. Ganz ohne Starallüren. Er lässt sich sofort duzen und bringt die Gruppe in den "Control Room".

Vor einem großen Bildschirm und einem Mischpult mit Hunderten Reglern, Schiebern und Knöpfen nimmt Giesinger Platz. Neben ihm sitzt sein Produzent Jens Schneider, der bis vor Kurzem seinen festen Platz in Sandhausen hatte. "Wenn Ihr Fragen habt, fragt ruhig", sagt Giesinger. Schon will der Erste wissen: "Was kommt zuerst: der Text oder die Musik?" Das Duo muss grinsen.
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"Das ist eigentlich immer anders", erklärt Giesinger. Oft würden sie zusammen jammen, bis ein Riff herauskommt, "das kickt". Das könne auch fünf Stunden dauern. Die Texte kämen oft im Gespräch mit Schneider. Und dann ist da auch noch die Ideensammlung auf Giesingers Handy. Wenn ihm etwas durch den Kopf schießt, nimmt er es sofort auf.

Das historische Gebäude wurde 1890 errichtet. Bis 1969 wurden dort Zigarren gedreht, seit den 1980er Jahren ist dort ein modernes Tonstudio untergebracht. Foto: privat
So war es auch bei der Melodie für "Lieber geh ich", dem ersten Lied auf der neuen Platte. Die ist Giesinger bei einem Soundcheck eingefallen. Das 20-köpfige Publikum bekommt nun das Endergebnis zu hören. Als der letzte Ton erklingt, meint einer anerkennend: "Das könnte was werden!" Giesinger ist die Erleichterung anzusehen. "Das ist ein besonderer Moment", erklärt er über das erste Vorspielen vor Publikum.
Allein im Prozess des Songwritings höre man ein Stück 80 Mal, von den Hunderten Malen danach ganz abgesehen. Giesinger: "Und dann weißt du selber nicht mehr, ob es gut ist." Wenn es die Frist von der Plattenfirma nicht gebe, würden sie wohl ewig an einem Album rumwerkeln, so Giesinger und Schneider.
Um zu zeigen, aus welchen Elementen Lieder bestehen, dröselt Schneider die einzelnen Tonspuren auf. Spielt Hintergrundmelodie, Synthesizer, Bass und Beat einzeln und verwebt diese mit Stimme, Keyboard, Schlagzeug und Beat zu dem Gesamtkunstwerk, das am Ende im Radio zu hören ist.

Das historische Gebäude wurde 1890 errichtet. Bis 1969 wurden dort Zigarren gedreht, seit den 1980er Jahren ist dort ein modernes Tonstudio untergebracht. Foto: privat
Dass all das eigentlich gar nicht nötig ist, beweist Giesinger wenig später im großen Aufnahmeraum. Dort stellt er sich vor ein Mikro, stimmt die Gitarre und erzählt dabei von seiner Mutter und wechselt kurz in badischen Dialekt, als ihm eine Zuhörerin erzählt, dass sie ihn schon aus seiner Zeit als Straßenmusiker in Karlsruhe kennt. Er spielt "Roulette" und verrät, dass es der erste Song ist, den er mit Schneider geschrieben hat. Bevor er sein neues Lied "Legenden" singt, erzählt er, dass der Refrain eigentlich zu hoch für ihn ist. "Aber wenn ich es tiefer singen würde, wären die Strophen zu tief für mich." Zwischen den Titeln "Zuhause", "Wenn sie tanzt", "80 Millionen" und "Die Reise" plaudert er aus seinem Leben und als ihm einmal die Stimme wegbleibt, lacht er und meint: "Kennt ihr das, wenn man sich an der eigenen Spucke verschluckt?"
Mit seiner Art begeistert Giesinger seine Fans. Auch Helen Tietze aus Heiligkreuzsteinach ist hin und weg. "Er ist sehr sympathisch", schwärmt die 19-Jährige, die ihre ältere Schwester Paulina mitgebracht hat. "Und er ist noch lockerer, als ich ihn mir vorgestellt habe."