Hirschberg

Streit wegen Projektentwicklung geht weiter

Burkhard Wagner fürchtet, dass Unternehmen erpresst werden. Der Eigentümer würde nie etwas zum Nachteil der Firmen und Gemeinde tun.

06.10.2021 UPDATE: 07.10.2021 06:00 Uhr 3 Minuten, 57 Sekunden
Neben Holzbau Otto befindet sich ein Grundstück, das im Besitz von Hensel Immobilien ist. Einst war es als Erschließungsstraße für die Gewerbeparkerweiterung angedacht, aber nach der jüngsten Entwicklung will das Unternehmen das Areal nicht einfach so hergeben. Foto: Dorn

Von Annette Steininger

Hirschberg. Für die Projektentwickler Mathias Hensel und Burkhard Wagner von Hensel Immobilien ist der Hirschberger Gewerbepark "ihr Baby". Das wiederholen und betonen die beiden immer wieder, wenn es jetzt um die Entwicklung des zehn Hektar großen Erweiterungsgeländes geht. Doch der Eigentümer, Ferdinand Graf von Wiser, hat sich dazu entschieden, das Areal mit Projektentwickler Michael Zimmermann in Angriff zu nehmen. Nachdem sich bereits Hensel mit Vorwürfen gegenüber von Wiser zu Wort gemeldet hatte, äußert sich nun auch Wagner, der damals die Erschließung des Gewerbeparks vor 20 Jahren federführend mitbegleitet hat.

"Überrascht", ja, gar "entsetzt" zeigt sich der Jurist über einen Anruf des Grafen, den er drei Wochen nach dem Bürgerentscheid über die Gewerbeparkserweiterung im März erhalten habe. Darin habe ihm dieser mitgeteilt, einen "neuen kompetenten Kopf" gefunden zu haben, mit dessen Unternehmen der Eigentümer nun die Entwicklung realisieren will. Bis dahin, so Wagner, seien er und Hensel fest davon ausgegangen, dass sie die "erfolgreiche und gute Arbeit" gemeinsam fortsetzen würden.

Was passiert mit dem Schlüsselgrundstück?

Zumal sie bei "Hirschberg 1" schon Vorarbeit für eine eventuelle Erweiterung geleistet hätten: Dazu gehörten unter anderem die größer geplante Entwässerung, ein größer veranschlagtes Zwei-Kammer-Spülsystem und die Aufschüttung einer Rampe. Auch verwies Wagner auf bereits geführte Gespräche mit der Gemeinde und dem Eigentümer, die seiner Meinung nach darauf hindeuteten, dass wieder eine Zusammenarbeit angestrebt wird.

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Doch dazu soll es nicht kommen. "Ich denke, das Tischtuch ist zerrissen", meint Wagner. Für ihn unverständlich, denn das erste Gewerbegebiet sei ein voller Erfolg, auch dank der Zusammenarbeit des damaligen Bürgermeisters Werner Oeldorf mit ihnen und dem einstigen Eigentümer, des inzwischen verstorbenen Adalbert Graf von Wiser, Vater von Ferdinand Graf von Wiser. Was Wagner nun erreichen will: Die Firmen und auch der Gemeinderat müssten darüber aufgeklärt werden, was der jetzige Eigentümer plant.

Denn während beim ersten Gewerbepark die Projektentwickler das Areal vom Grafen erwarben und dann größtenteils weiterveräußerten an die Unternehmen, soll es nun anders laufen. Ferdinand Graf von Wiser sagte im Pressegespräch, dass er zunächst Eigentümer bleibt, dann aber langfristig verkaufen möchte.

Wagner aber ist davon überzeugt, dass der Eigentümer andere Pläne hat und teilweise eine Vergabe nach Erbbaurecht anstrebt. "Wir wollen nicht, dass die Unternehmen erpresst werden", sagt der Projektentwickler mit Verweis auf eventuell hohe Erbbauzinsen. Außerdem würden die meisten Unternehmen die Sicherheit eines gekauften Grundstücks bevorzugen. "Und wir hätten verkauft." Eine Zusammenarbeit mit dem Grafen als "Dienstleister", wie von ihm vorgeschlagen, komme für sie jedenfalls nicht in Frage, betont Wagner.

Der Gemeinde und dem Eigentümer Steine in den Weg legen könnten die einstigen Projektentwickler mit ihrem "Schlüsselgrundstück", einer Fläche neben Holzbau Otto, die als Erschließungsstraße für die Erweiterung vorgesehen war. Hensel Immobilien wollen dies nun nicht einfach so hergeben, das Unternehmen erwartet "einen Kompromissvorschlag, und zwar nicht in Form von Geld", sagt Wagner, ohne auf Nachfrage weiter auszuführen, was er damit meint.

Eigentlich gar nichts dazu sagen will Ferdinand Graf von Wiser. Er macht aber deutlich, dass eine Festlegung, ob Verkauf oder Vergabe nach Erbbaurecht viel zu früh sei. "Aber wer mich kennt, weiß, dass ich kein Freund von Erbpacht bin." Außerdem ist ihm wichtig zu betonen: "Ich werde nichts tun, was zum Nachteil der Gemeinde oder der Unternehmen ist." Die Entscheidung für das Unternehmen von Michael Zimmermann sei letztlich eine Entscheidung für ein anderes Geschäftsmodell gewesen. Angesichts der angespannten Lage wollte die RNZ von Bürgermeister Ralf Gänshirt wissen, ob die Gemeinde generell eine Möglichkeit zur Mitsprache bei der Auswahl des Projektentwicklers hat. Eine rechtliche Handhabe sieht er dort nicht, denn dies entscheide letztlich der Eigentümer. "Dies wäre nur dann möglich, wenn die Gemeinde das Gebiet selbst entwickeln würde, aber dies ist und war nie Teil unserer Überlegungen. Die Gemeinde hat die gesetzliche Planungshoheit, und diese werden wir auch wahrnehmen", betont Gänshirt.

Auch zum Vorwurf, Graf von Wiser würde einen Großteil der Grundstücke nach Erbbaurecht vergeben oder selbst investieren und anschließend Grundstücke samt Gebäude vermieten wollen und damit die Firmen unter Druck setzen, äußert sich der Bürgermeister. Dazu lägen der Gemeinde keine Informationen vor, sagt Gänshirt. Aber: "Im Gegenteil, Graf von Wiser macht immer wieder deutlich, dass er sich an der Nachfrage orientieren wird und sich selbst mit der Entwicklung, aber auch mit der späteren dauerhaften Verwertung der Grundstücke, identifiziert." Es gebe sicher Firmen, die selbst Grundstücke erwerben wollen, aber genauso werde es eine Nachfrage nach Mietobjekten geben, ist der Bürgermeister überzeugt. "Ich sehe Graf von Wiser in dieser Frage sehr offen."

Darüber hinaus sei es der erkläre Wille Graf von Wisers, in enger Abstimmung mit der Gemeinde die Erschließung zu realisieren, sagt Gänshirt. "Natürlich haben beide Seiten Interessen, die sicherlich auch nicht immer deckungsgleich sein werden." Der aktuelle Prozess sei vertrauensvoll und kooperativ und damit die beste Basis für das weiteres Verfahren, in das der Gemeinderat auch immer eng eingebunden sei. "Schon der Versuch, Graf von Wiser in dem Verfahren zu diskreditieren, entbehrt jeglicher Grundlage", macht der Bürgermeister deutlich. Wagner kontert: "Wir werden diskreditiert und nicht umgekehrt."

Dass Hensel Immobilien ihr Schlüsselgrundstück nicht einfach so hergeben wollen, könnte möglicherweise Schwierigkeiten bereiten, weiß Gänshirt, "bietet aber auch Chancen für Alternativen". Ob die Gemeinde auch über eine Enteignung nachdenkt oder einen Kompromiss sieht, will die RNZ vom Bürgermeister wissen. Die Antwort: "Kompromisse sind meist der bessere Weg."

Eine mögliche Erschließung könnte auch über die Gelände stattfinden, auf denen sich EvoBus oder MAN befinden. Nach RNZ-Informationen soll der Bürgermeister bereits Gespräche mit den jeweiligen Eigentümern geführt haben. Das will Gänshirt nicht bestätigen, dementiert es aber auch nicht. "Aktuell werden viele Gespräche zu ganz unterschiedlichen Themen geführt. Wenn Ergebnisse vorliegen, wird dies sicherlich überwiegend durch öffentliche Gemeinderatsbeschlüsse flankiert oder bei einem Pressegespräch erläutert werden", sagt der Bürgermeister dazu nur.

Angesichts der doch ziemlich erhitzten Gemüter will die RNZ noch wissen, ob sich der Bürgermeister vorstellen kann, hier als Moderator tätig zu werden. "Wenn beide Seiten für ein solches Gespräch offen sind, werde ich selbstverständlich zur Verfügung stehen."

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