So schnell stand der Maibaum noch nie
Gemeinderäte beeilten sich mit dem Aufstellen wegen aufkommenden Sturmböen - "Die Hexen machen sich schon mal bereit"

Das Maibaumstellen am Brignais-Platz lief schon mal flüssiger. Immer wieder musste der mächtige Stamm von der Feuerwehr stabilisiert werden. Fotos: Kreutzer
Von Anja Stepic
Hirschberg-Leutershausen. Die rot-weißen Bändchen, welche die Fichte an der Spitze des Maibaums schmücken, flattern erwartungsvoll im Wind. Bereit, um drohendes Unheil vom Ort fern zu halten. Der Legende nach sollen nämlich die Hexen, die das Unheil mit sich führen, in den Zweigen der Fichte hängen bleiben. Noch liegt er am Boden, der prächtig geschmückte Koloss, und wartet geduldig auf seine Aufrichtung.
Bis es so weit ist, vergnügt sich das schaulustige Volk am Brignais-Platz bei Feuerwurst, Schorle und Bier und lässt sich vom veranstaltenden Sing- und Volkstanzkreis Leutershausen mit Tänzen aus aller Welt und bunten Melodien der Kapelle AM unterhalten.
Dann schlägt es 18 Uhr. Zeit, die Fichte aufzurichten. Doch urplötzlich jagen dunkle graue Wolken über den Himmel. Ein unheimlicher Wind pfeift durch die mächtigen Bäume am Brignais-Platz und lässt ihre Äste biegen. "Die Hexen machen sich schon mal bereit", versucht Volkstanzchef Jürgen Gustke zu scherzen und richtet einen sorgenvollen Blick gen Himmel. Dunkle Magie scheint da am Werk, fast als wollten die Hexen zum freien Durchflug in die Orte ausströmen, nachdem auf der Heidelberger Thingstätte ja diesmal keine Walpurgisnacht gefeiert werden darf.
Nur zögerlich greifen die Gemeinderäte nach den Seilen. Es sind eher die Kameraden der Feuerwehr, die den Baum zumindest stückchenweise nach oben stemmen. "Backe mehr uffpezze", ruft Gustke den Räten zu, die offenbar auf Ansage warten.
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Drei Grundschul-Jungs fragen schließlich, ob sie mithelfen dürfen und haben dabei ganz sicher ihren "One moment in time", also ihren ganz besonderen Moment, den die Kapelle AM symbolkräftig zur Anfeuerung spielt. Mit geballten Kräften wird gezogen, aber irgendwie ging das alles schon mal flüssiger. Immer wieder muss der mächtige Stamm von den Kameraden stabilisiert werden, die Fichte verhaspelt sich in den Blättern der alten Bäume.
Empfindlich frische Windböen fegen über den Platz und tragen ein paar Tropfen mit sich. Sind das gar schon die Vorzeichen der Walpurgisnacht und die Hexen bereits am Werk? Den Räten scheint es nicht geheuer, denn auf einmal gibt es einen schnellen, kräftigen Ruck - und schon steht der Baum.
Gerade dreieinhalb Minuten hat es dann nur noch gedauert, bis es vollbracht ist. Zum Vergleich waren es in den Vorjahren doch zumindest immer um die acht Minuten, in denen die Räte sich zugkräftig in die Seile legten.
Kaum ist der noch im Wind wankende Riese von Tobias Rell mit dicken Keilen gesichert, ist der Spuk auch schon wieder vorbei. Die dunklen Wolken haben sich verzogen, über dem Brignais-Platz strahlt wieder die Sonne am makellos blauen Himmel. Es scheint also wirklich was dran zu sein, dass die Hexen durch die Zweige des Baums kein Durchkommen finden.
Nachdem der Ort nun nachweislich vor Unheil geschützt ist, kann Zimmermeister Bernhard Götz den schmucken Maibaum guten Gewissens an Bürgermeister Manuel Just übergeben. Mit dem Richtspruch und dem Lied "Großer Gott, wir loben dich" machen sich alle schon mal bereit für den Tanz in den Mai oder die Maifeiern in der Gemeinde.
Hexen waren natürlich nicht am Werk beim Maibaumstellen. Dass die Aufrichtung etwas forciert werden musste, lag schlicht am Wetter. Regen hätte nichts gemacht, aber vor Sturm hatte man dann aus Sicherheitsgründen doch Respekt.



