Goldbeck Solar hat den Bogen raus
Unternehmen stellte in Hirschberg neuartige modulare Bogenkonstruktion für Solarsysteme vor - Nutzung auch für Landwirtschaft

Von Annette Steininger
Hirschberg-Großsachsen. Das Gras des Rollrasens unter dem neuartigen Bogensystem von Goldbeck Solar leuchtet in sattem Grün, außerhalb sieht es dagegen schon reichlich vertrocknet aus. Es zeigt anschaulich, was die neue Agri-Photovoltaik-Konstruktion "MarcS" (Modular Arc System) auch kann: nämlich Pflanzen vor der starken Sonneneinstrahlung zu schützen. Am Mittwochvormittag stellt Goldbeck Solar die Innovation zum einen beim Spargelhof Reisig vor Ort und zum anderen international online vor.
Beim Vor-Ort-Termin in Großsachsen lauschten Vertreter aus der Energiewirtschaft, der Landwirtschaft, Mitarbeiter von Goldbeck Solar und der Presse den Worten von Geschäftsführer Joachim Goldbeck, dem Leiter der technischen Abwicklung Niederlande sowie des Entwicklungsteams Marcel Stöber und dem Vertriebsleiter Niederlande, Tobias Friedrich.
Agri-Photovoltaik an sich ist auf dem Vormarsch, vereint es doch den Nutzen der Sonnenenergie mit demjenigen der Landwirtschaft. Ein hoch aktuelles Thema: Der Verlust von hochwertigem landwirtschaftlichen Boden bei Solarparks wird vielerorts heiß diskutiert. Zum 20-jährigen Betriebsjubiläum kann Goldbeck Solar nun mit "MarcS" glänzen: Laut Goldbeck ermöglicht die Bogenkonstruktion glatt eine "Dreifachernte", wenn man "Solarernte", Ackerbau und Viehhaltung zusammennimmt. Die für die Solarenergiegewinnung zur Verfügung stehende Fläche wird dabei so überbaut, dass der Raum darunter nutzbar bleibt. Und das bei einer Maximierung der Solarenergieproduktion. Auch Wünsche und Vorstellungen der Landwirte hätten den Produktentwicklungsprozess mitgestaltet.
So bieten die Solarbögen Pflanzen beispielsweise Schutz vor Hagel, vor Dürren oder sonstigen Wetterkapriolen. Angesichts des Klimawandels und der jüngsten Unwetterkatastrophen ein brandaktuelles Thema, wie Goldbeck findet. "Wir müssen die Treibhausemissionen massiv zurückfahren. Aktuell wird zehn Prozent der Stromversorgung über Solar abgewickelt, wir müssen auf 100 Prozent kommen", findet der Geschäftsführer.
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Das Interesse in den Niederlanden, auch gerade für die Agri-Photovoltaik, sei groß, berichten Fischer und Stöber, der sich seit fünf Jahren mit der Entwicklung befasst. Dort gibt es auch ein großes Testfeld, wo "MarcS" auf Herz und Nieren geprüft wird. "80 Prozent der Tests sind absolviert, und das erfolgreich", berichtet Stöber. In den Niederlanden soll es 2022 auf den Markt kommen. Goldbeck Solar hat zudem ein Patent auf "MarcS" angemeldet und am Mittwochnachmittag den "Intersolar Award 2021" gewonnen. Bis es nun in Deutschland erhältlich ist, dürfte es allerdings noch etwas dauern, "vielleicht ein, zwei Jahre", schätzt Friedrich. Denn die Hürden in Deutschland sind höher. Auch müsste hier politisch nachgebessert werden, findet Goldbeck. Installiert der Landwirt "MarcS" auf seinem Feld, würde das Ganze als Solaranlage laufen und die Subvention, die der Bauer sonst für den Spargelanbau, den er gleichzeitig weiterbetreiben würde, fiele weg. Dabei soll der Landwirt ja etwas von der Doppelnutzung haben.
Die Bögen, die in der Mitte eine Höhe von 2,5 bis 3,5 Metern haben, können auf Seitenschienen gleiten, die auf Pfosten stehen. Dadurch kann der Landwirt sie flexibel elektrisch verschieben. Geplant sei zudem eine automatische Koppelung nach Wetterlage, so Stöber. Auch an Bewässerungssystemen und LED-Beleuchtung wird noch gearbeitet. Durch ein automatisches Montagekonzept soll "MarcS" schnell gebaut werden können und durch weniger Bauteile als herkömmliche Agri-PV-Anlagen kostengünstiger sein. Die Energieproduktion beläuft sich auf bis zu 1,9 Millionen Kilowatt-Stunden pro Hektar und Jahr in den Niederlanden. Gedacht ist das Bogensystem vor allem für großflächige Anlagen.
Wie solche ein Bogen aussehen kann, sehen sich die Teilnehmer der Vorstellungsrunde gleich vor Ort auf dem Acker neben dem Spargelhof an und finden besagten grünen Rollrasen darunter vor. Auch Bürgermeister Ralf Gänshirt bestaunt die Konstruktion. Er sieht solche Anlagen als eine mögliche Lösung für das Spannungsfeld Landwirtschaft und Solarparks an. Auch Gastgeber Hermann Reisig schließt eine Nutzung in der Zukunft nicht aus. Auf seinem Acker würde Goldbeck Solar nun testweise drei Reihen aufstellen, erzählte er der RNZ. Er wünschte dem Unternehmen jedenfalls, dass man in zwei, drei Jahren in der Zeitung liest: "Goldbeck Solar Hirschberg – der Nabel der Solarindustrie".



