Die unechte Teilortswahl ist abgeschafft
Das beschloss der Gemeinderat beschloss einstimmig. "Nach rund 48 Jahren ist es an der Zeit".

Von Annette Steininger
Hirschberg. Für Thomas Scholz (SPD) war der Dienstag "ein geschichtsträchtiger Tag". Schließlich hatte der Gemeinderat die Abschaffung der unechten Teilortswahl auf der Agenda, die er auch einstimmig beschloss. Diese wird in Hirschberg seit der Vereinbarung über den Zusammenschluss der Gemeinden Leutershausen und Großsachsen vom 1. Januar 1975 angewandt. Bei Gemeinderatswahlen waren daher von 18 Sitzen im Gremium zehn von Vertretern des Ortsteils Leutershausen und acht von Vertretern Großsachsens zu besetzen.
Generell sei die unechte Teilortswahl ein probates Mittel, um quantitative Ungleichheiten auszugleichen, sagte Bürgermeister Ralf Gänshirt. "Damals war es sicher sinnvoll." Aber heute sehe die Verwaltung keine schlüssigen Argumente mehr, die unechte Teilortswahl in Hirschberg aufrechtzuerhalten. Letztlich obliege es dem Gemeinderat zu entscheiden, ob noch Interessenskonflikte bestünden. Aus Sicht der Verwaltung gibt es keine Anzeichen dafür, dass im Gemeinderat Entscheidungen aus einem Ortsteildenken heraus getroffen würden. Als Argument für die Abschaffung – die Neuregelung kommt 2024 zum Tragen – führt sie in der Vorlage auch an, dass die unechte Teilortswahl auch ein kompliziertes Wahlsystem ist, das immer wieder zu ungültigen Stimmzetteln führt.
Nach den Ankündigungen zur Sitzung in der Presse hätten sie sich schon einigen Fragen von Bürgern stellen müssen, berichtete CDU-Fraktionsvorsitzender Christian Würz. Gerade in Großsachsen, dem kleineren Ortsteil von Hirschberg, seien Befürchtungen geäußert worden. "Da sind die Wogen zwischenzeitlich mal hochgekocht." Die CDU sei aber davon überzeugt, dass die Interessensgegensätze nicht mehr bestünden. "Und die Gemeinderäte haben das Wohl Hirschbergs im Blick und nicht der einzelnen Ortsteile", betonte Würz. Aus seiner Sicht sollte sich der "Hirschberger Einheitsgedanke" auch in der Wahl niederschlagen.
FW-Fraktionsvorsitzender Werner Volk schloss sich seinem Vorredner an. Die unechte Teilortswahl sei hier nicht mehr zeitgemäß, und nach 48 Jahren sollte man sie wirklich aufheben, fand der Freie Wähler. "Außerdem haben wir in der Vergangenheit schon gezeigt, dass es kein Ortsteildenken mehr gibt", betonte Volk und verwies exemplarisch auf den in Großsachsen geplanten Anbau an die Sachsenhalle.
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Seit dem Zusammenschluss hat sich einiges getan. Das hob auch SPD-Fraktionsvorsitzender Thomas Scholz hervor, der daran erinnerte: "Das war damals nicht unbedingt eine Liebesheirat." Nun sei aber fast ein halbes Jahrhundert vergangen – und damit mehr als genug Zeit, um nun den Passus zu ändern. Als wesentliches Argument sah Scholz dabei gar nicht, die Zahl der ungültigen Stimmen zu minimieren, sondern: "Es ist einfach überfällig. Wir sind in der Zwischenzeit zusammengewachsen." So gebe es ja auch eine Zukunftswerkstatt, die sich "Wir in Hirschberg" nennt. Mit dem Beschluss nun gehe es einen Schritt weiter in diese Richtung – für noch mehr "Wir in Hirschberg".
Und Tobias Rell (FDP) fand, dass der Gemeinderat ein Zeichen setzen sollte, "dass wir zusammengehören". Dass dem so sei, hätten ja auch die Zusammenschlüsse vieler Vereine schon gezeigt. Auch Leonie Mußotter (GLH) meinte: "Es ist an der Zeit, die unechte Teilortswahl abzuschaffen." Schließlich wolle man die Gemeinde ja auch weiterentwickeln, und dies sei mit dem Beschluss möglich. "Das Ortsteildenken gehört nach 48 Jahren Zusammenschluss der Vergangenheit an", betonte die Gemeinderätin der Grünen Liste Hirschberg.
Nachdem das Gremium dann einstimmig die Abschaffung der unechten Teilortswahl und die entsprechende Änderung in der Hauptsatzung beschlossen hatte, befand der Bürgermeister: "Das war ein guter Tag für Hirschberg."