Haushalt Neckargemünd

Freude über gute Finanzen vor der Coronakrise

Als die Welt noch in Ordnung war: Der Schuldenstand lag unter dem Schnitt des Landkreises.

18.11.2021 UPDATE: 19.11.2021 06:00 Uhr 2 Minuten, 53 Sekunden
Die Containerwohnanlage am Bahnhof gehörte 2019 zu den größten Investitionen. Foto: Alex

Landkreis-Neckargemünd. (cm) Es war wie der Blick in eine längst vergangene Zeit, die eigentlich nur zwei Jahre zurückliegt: Im Jahr 2019 war das Coronavirus höchstens Biologen und Medizinern bekannt und das Leben verlief noch ziemlich normal. Und die Konjunktur brummte. Das machte sich auch bei den Finanzen der Stadt am Neckar bemerkbar. Diese fielen nämlich deutlich besser aus als geplant, wie sich nun bei der Feststellung der Jahresrechnung 2019 in der zurückliegenden öffentlichen Sitzung des Gemeinderates zeigte. Ob sich dies nächstes Jahr auch beim Blick auf die Finanzen des Jahres 2020 feststellen lässt, darf sehr in Frage gestellt werden.

Der stellvertretende städtische Finanzchef Alexander Jakob berichtete, dass das Rechnungsjahr 2019 mit einem Volumen von rund 49,4 Millionen Euro zu Ende gegangen ist – rund drei Millionen Euro mehr als im Vorjahr. Davon entfielen 44,7 Millionen Euro auf den Verwaltungshaushalt, der die laufenden Ein- und Ausgaben beinhaltet, und 4,6 Millionen Euro auf den Vermögenshaushalt mit den Investitionen. Der Verwaltungshaushalt erwirtschaftete einen Überschuss von 2,2 Millionen Euro, der für Investitionen des Vermögenshaushalts verwendet werden konnte. Im Vorjahr waren es noch 2,7 Millionen Euro. Dies war dennoch erfreulich, da eigentlich eine sogenannte "umgekehrte Zuführung" von 147.000 Euro befürchtet wurde, es gab somit ein Plus von über 2,3 Millionen Euro.

Doch wie kam es dazu? Ein Großteil der Mehreinnahmen war der Gewerbesteuer zu verdanken, die für Einnahmen von 3,3 statt 2,5 Millionen Euro sorgte. "Die gute Konjunktur hat sich hier positiv ausgewirkt", erklärte Jakob. Zudem gab es Mehreinnahmen bei Zuweisungen und Zuschüssen sowie Verkaufserlösen, Mieten und Pachten. Außerdem wurde weniger Geld ausgegeben für Personal, Öffentlichkeitsarbeit sowie Straßenreinigung und die Kreisumlage sank.

Gleichzeitig gab es aber auch Mehrausgaben bei der Unterhaltung von Straßen, Kanälen und Fahrzeugen. Als größere Investitionen nannte Jakob die Containerwohnanlage am Bahnhof mit 228.000 Euro, die Erweiterung des Kindergartens in Mückenloch mit 156.000 Euro und den Umbau von Bushaltestellen für 232.000 Euro. Nicht umgesetzt wurde der Solarcarport am Rathaus für 100.000 Euro sowie der Neubau des Feuerwehrhauses in Dilsberg, für das 1,45 Millionen Euro vorgesehen waren.

Auf die geplante Kreditaufnahme von drei Millionen Euro konnte verzichtet werden. Ende 2019 lag der Schuldenstand bei 7,4 Millionen Euro, was pro Kopf 558 Euro bedeutete. "Das war erstmals unter dem Durchschnitt des Rhein-Neckar-Kreises von 590 Euro", so Jakob. Statt in die Rücklage zu greifen, konnten dieser knapp 100.000 Euro zugeführt werden. Auf dem "Sparbuch" der Stadt lagen Ende 2019 rund 4,8 Millionen Euro.

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Nach den Stellungnahmen der Fraktionen (siehe unten) warnte Kämmerer Daniel Möhrle davor, dass das positive Ergebnis nicht über die finanzielle Lage der Stadt hinwegtäuschen dürfe. Nach dem neuen Haushaltsrecht müssten auch Abschreibungen, also die Wertminderungen zum Beispiel bei Gebäuden, erwirtschaftet werden. "Und wir haben ein großes Vermögen", gab Möhrle zu bedenken. Die Abschreibungen würden etwa drei Millionen Euro betragen, was für ein "Riesendefizit" sorge.


Stadträte zum Finanzbericht:

> Petra Groesser (Grüne) monierte, dass zahlreiche Investitionen wie zum Beispiel in den sozialen Wohnungsbau verschoben worden seien. "Immer weiter nur auf akute Entwicklungen zu reagieren lässt uns im Klein-Klein verharren", meinte sie und forderte mit Verweis auf das Stadtleitbild und das Klimaschutzkonzept einen Plan für die nächsten 15 bis 20 Jahre. Angesichts steigender Energiepreise müsse die Stadt außerdem auf ihre Ausgaben schauen. "Wir sollten das Augenmerk auf weniger Energieverbrauch und auf eigene Energiequellen lenken", meinte Groesser.

> Jürgen Rehberger (Freie Wähler) gab zu bedenken, dass die nicht realisierten Maßnahmen "ja irgendwann nachgeholt werden" müssen. "Insgesamt begrüßen wir natürlich das positive Ergebnis, sehen aber auch die Probleme durch nicht umgesetzte Projekte sowie die weiterhin vorhandenen strukturellen Probleme des Verwaltungshaushalts, welche auch immer wieder von der Gemeindeprüfungsanstalt angesprochen werden", sagte er.

> Maximilian Bernauer (CDU) forderte, dass künftig nur noch das geplant werde, was sich auch wirklich umsetzen lasse. Die erledigten Baumaßnahmen hätten die Stadt aber vorangebracht: "Aus dem Nötigen wurde etwas Gutes gemacht." Insgesamt müsse hinterfragt werden, wie Ausgaben weiter beschränkt und Einnahmen verbessert werden können, ohne neue Belastungen zu schaffen.

> Winfried Schimpf (SPD) meinte: "Es sollte eigentlich der Normalfall sein, dass der Verwaltungshaushalt Überschüsse generiert, damit wichtige und notwendige Maßnahmen ohne große Kredite getätigt werden können. Aber für Neckargemünder Verhältnisse ist schon der Normalfall ein besonderes Lob wert." Auch die Reduzierung des Schuldenstands in der Stadt sei positiv. Im Vergleich zu gleich großen Orten in Baden-Württemberg liege man aber noch deutlich über deren Schnitt von 383 Euro pro Kopf.

> Giuseppe Fritsch (fraktionslos) bedauerte ebenfalls, dass der soziale Wohnungsbau nicht umgesetzt wurde. Und noch viele weitere Wünsche seien offen geblieben. "Wir müssen den Gürtel in Zukunft noch enger schnallen", meinte er.

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