"Feinkost Wetzel" schließt

Wetzel verlässt Leutershausen

Ende des Jahres schließt das Feinkostgeschäft, sollte sich kein Nachfolger finden

02.11.2018 UPDATE: 03.11.2018 06:00 Uhr 2 Minuten, 8 Sekunden

Hermann Wetzel in seinem Laden "Feinkost Wetzel". Sein Herz hängt an dem 1983 eröffneten Geschäft, daher würde er sich freuen, wenn sich ein Nachfolger findet. Foto: Dorn

Von Annette Steininger

Hirschberg-Leutershausen. Die Sonne scheint auf Blumenkohl und Salate, zahlreich strömen die Kunden in den Laden "Feinkost Wetzel". Doch mit diesem fast schon mediterran anmutenden Idyll in der Bahnhofstraße könnte bald Schluss sein: Noch bis Ende des Jahres - ein genaues Datum gibt es noch nicht - wird Hermann Wetzel zwischen Leutershausen und dem Schwarzwald pendeln, dann zieht er endgültig aus Hirschberg weg. In Menzenschwand wollen er und seine Frau vier Ferienappartements vermieten. Einen Bezug zum Schwarzwald hatte er schon immer, zumal auch Verwandtschaft von ihm dort lebte.

Nun könnte sein Wegzug auch das Ende von "Feinkost Wetzel" bedeuten, vorausgesetzt, es findet sich kein Nachfolger. "Es würde mich schon freuen, wenn es weitergeht", sagt der 55-Jährige. "Das wäre sonst bitter für Leutershausen." Wetzel hat ein Schild des "Historischen Ortsrundgangs" abfotografiert, um zu zeigen, wie es früher, also 1957, im Hirschberger Ortsteil mit den Einzelhandelsgeschäften aussah: Zwölf Lebensmittelläden, sechs Bäckereien, fünf Metzgereien und noch vieles mehr gab es damals. Heute kann man diese Geschäfte an einer Hand abzählen.

Hermann Wetzel selbst gründete mit seiner Mutter 1983 "Feinkost Wetzel" und baute den Laden viermal um. Früher gehörte noch eine außerhalb des Ortskerns gelegene Gärtnerei dazu, die er aber seit März an Obstbaumeister Werner Volk verpachtet hat. Den an das Feinkost-Geschäft angrenzenden Blumenladen vermietet er seit eineinhalb Jahren. "Ich brauche ja auch etwas Sicherheit", sagt der vierfache Familienvater.

So hat er zwar eine treue Stammkundschaft, doch die Zahlen sind zurückgegangen. Immerhin besuchen seinen Laden gut 70 bis 90 Kunden täglich, "aber von einem Salat bleibt halt nicht viel bei einem hängen", erzählt der Gärtnermeister. Damit aber etwas "hängen" bleibt, bräuchte er gut 120 Kunden am Tag. "Das hatten wir vielleicht zuletzt vor zehn Jahren", sagt Wetzel bedauernd. Denn sein Herz hängt an dem Laden. Er bezeichnet den Kundenschwund als "schleichenden Prozess" und verweist in diesem Zusammenhang auf die Zunahme der Vollsortimenter in der Region. "Der Rhein-Neckar-Kreis hat die höchste Dichte an Discountern in Deutschland", sagt er. "Wir haben einfach eine Überversorgung an Waren."

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Und da sieht er auch eine Verantwortung bei der Politik, die diese Entwicklung zulässt. Auch die Bürokratie würde gerade kleineren Einzelhändlern immer wieder Steine in den Weg legen. So musste Wetzel vor einiger Zeit eine recht teure Kasse anschaffen, damit ein entsprechender Chip für die Abrechnung ausgelesen werden konnte. Zwar hat er Verständnis für Menschen, die zum Vollsortimenter fahren, weil’s nun mal bequemer ist, dort alles einzukaufen. Er weist aber auch darauf hin, dass er sich mit seinen Produkten von diesen abhebt. So verkauft er exquisites Olivenöl, frisches Gemüse und Pilze sowie Wein und eben Feinkost aus aller Herren Länder.

Jeden Morgen fährt er gegen 4 Uhr auf den Großmarkt, Feierabend ist dann erst um 18.30 Uhr. Unterstützung hat er von zwei 450-Euro-Kräften.

"Ich will nicht mit dem Finger auf jemanden zeigen und sagen: Der ist Schuld", sagt Wetzel. Und hinterfragt sich auch selbstkritisch: "Vielleicht habe ich etwas falsch gemacht?" Klar ist jedenfalls, dass die Leutershausener ihn vermissen werden. Man kennt ihn nicht nur als Feinkost-Verkäufer, er hat auch zehn Jahre lang in der Ersten Mannschaft der Sportgemeinde Leutershausen Handball gespielt. Und der Bund der Selbstständigen wird wohl künftig auf ihn als Beisitzer verzichten müssen. Einen kleinen Trost gibt es aber: Für das beliebte "Schlemmerkino" wird Wetzel weiterhin die Vorspeise kreieren.

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