Kleineres Gemeindehaus, größere Kita
Baubestand muss neu geordnet werden - Bürgergespräch nach Protesten gegen Architektenpläne

Jörn zur Brügge aus dem Ältestenkreis beantwortete Fragen aus Gemeinde und Nachbarschaft. In der ersten Reihe saß Pfarrerin Simone Britsch (3. v. r.). Foto: Dorn
Von Günther Grosch
Weinheim. Er stößt weder bei allen Mitgliedern der Evangelischen Kirchengemeinde in der Weststadt, noch in der Nachbarschaft des Gemeindezentrums auf die erhoffte Zustimmung: der Siegerentwurf des Architektenwettbewerbs für die geplanten Neubauten rund um die Markuskirche.
Dabei steht weniger der vorgesehene Rückbau von Gemeinde-, Pfarrhaus und Kindergarten mit anschließender Neuerrichtung des dann verkleinerten Gebäude-Ensembles rund um den Markus-Turm in der Kritik. Vielmehr ziehen die "verheerende Informationspolitik" der Kirchengemeinde und die geplante Verdoppelung der Kindergartengruppen von derzeit zwei auf vier den Unmut auf sich.
Dies allerdings nicht allein wegen des damit zu erwartenden höheren Lärmpegels durch dann über 80 Kinder; allgemeine Befürchtung ist eher, dass durch den "Bring- und Holverkehr" der "Mama-Taxis" eine Verschärfung der extrem angespannten Parksituation rund um Ahornstraße, Birken- sowie Ulmenweg eintritt.
Zunächst ging es Pfarrerin Simone Britsch und Jörn zur Brügge aus dem Ältestenkreis auf der am Montag kurzfristig anberaumten Infoveranstaltung für die Nachbarschaft darum, Gerüchte und Missverständnisse auszuräumen.
"Wir stehen erst am Anfang eines langwierigen Bebauungsplanverfahrens und befinden uns in keiner Phase, in der schon etwas entschieden ist", so Britsch vor zwei Dutzend Interessierten. Das Ganze könne und werde noch viele Änderungen erfahren. Wichtig sei jetzt, "mit möglichst vielen Menschen ins Gespräch zu kommen, ihre Meinungen kennenzulernen und Befürchtungen auszuräumen".
Rund 14 Stunden lang hatte ein 20-köpfiges Preisgericht aus Sach- und Fachjuroren unter dem Vorsitz von Pfarrer Stefan Royar und vier Architekturprofessoren getagt. Dann wurde aus dem Kreis der teilnehmenden elf Architekturbüros der Siegerentwurf des Stuttgarter Büros "Birk, Heilmeyer und Frenzel Architekten" ermittelt. Für das Projekt sind rund zwei Millionen Euro veranschlagt.
Die Vorschläge und Ergebnisse des Architektenwettbewerbs und die dahinter stehende "Vision der Kirchengemeinde" werden im Verlauf einer Gemeindeversammlung am Sonntag, 8. Juli, in der Markuskirche vorgestellt. Die Versammlung beginnt um circa 11.30 Uhr im Anschluss an den Gottesdienst. Immerhin: Die aktuelle Zusammenkunft verlief in einer weitgehend sachlichen Atmosphäre. "Wir wollen jetzt sammeln, was Sie uns auf den Weg mitgeben", so die Losung von Britsch.
Zur Brügge verdeutlichte, dass sämtliche Entscheidungen in Übereinstimmung mit allen drei Weinheimer evangelischen Kirchengemeinden getroffen werden müssen. Die Gemeinde in der Weststadt ist mit rund 5000 Gläubigen zwar zahlenmäßig am größten, verfügt deshalb aber nicht automatisch über die meisten Stimmen. Im Klartext: "Die Evangelische Gemeinde in der Weststadt kann eine Entscheidung nicht alleine beeinflussen."
Dass sich das nicht allzu alte Gemeindehaus aufgrund von Bezuschussungs-Vorgaben der Evangelischen Landeskirche - "die Fläche muss im Verhältnis zur Zahl der Gläubigen stehen" - verkleinern muss, war einer der Punkte, die auf wenig Verständnis stießen. Britsch: "Uns wurde mitgeteilt, dass wir über 50 Prozent mehr Fläche haben, als benötigt wird."
Sollte man es nicht abreißen und mit reduzierter Fläche wieder aufbauen, um Kosten zu sparen, fließen auch keine Zuschüsse mehr. Jedenfalls nicht in der benötigten Höhe. "Ein um die Hälfte kleineres Haus erspart etwa die Hälfte an Reinigungskosten", rechnete Britsch vor.
Dass die künftige Kindertagesstätte vier Gruppen zählen muss, ist eine Vorgabe der Stadt, die dringend entsprechende Plätze benötigt. Mit Blick auf das geplante Neubaugebiet Allmendäcker fehlen nach Hochrechnungen mittelfristig vier bis sechs Gruppen, so zur Brügge.
Unverständlich blieb für manchen, wieso Abriss und gleichzeitiger Neubau billiger sein sollen als der Erhalt des alten Ensembles. Auf jeden Fall weiterverwendet werden kann die Fotovoltaikanlage.
Baustart frühestens Anfang 2020
Weder werde es eine Grenzbebauung geben, noch würden die Vorgärten wegfallen, so zur Brügge. Geachtet wird gleichfalls darauf, dass die neuen großen Fensterflächen an der Ahornstraße die Sonne nicht auf die Nachbarschaft reflektieren. Die neuen Gebäude werden mit nachhaltigen Baustoffen und in Holzbauweise errichtet - und auch die Turmspitze wird in Holzständerbauweise ergänzt.
Die Anzahl der Parkplätze bleibt mit 16 zwar gleich. Die Stellplätze zählen aber künftig zur Kirchengemeinde und gehören nicht mehr zur Stadt: "Was früher öffentlicher Parkraum war, ist künftig kirchlich." Wichtig sei nicht das Parken allein, sondern die Sicherheit der Kinder, die hinter parkenden Autos hervorspringen könnten, forderte ein Anwohner eine Einbahnstraßenringregelung. Was die Bauphasen betrifft, werden zunächst nacheinander Gemeindesaal und Pfarrhaus abgerissen, ehe der Kindergarten dran ist. Als frühester Baubeginn steht das Frühjahr 2020 im Raum. Für die Fertigstellung wird der Herbst 2022 angestrebt.



