Leimen steigt auf den Drahtesel
Pedelecs sind zulässig, Hometrainer nicht: Die Große Kreisstadt beteiligt sich vom 9. bis 29. Juni am europaweiten Stadtradeln

Werbung für das Fahrradfahren machen soll die Aktion "Stadtradeln". Foto: Ingo Wagner
Von Thomas Frenzel
Leimen. Michael Reinig von den Grün-Alternativen nannte ihn augenzwinkernd "unser grünes U-Boot in der Stadtverwaltung" und sprach von einer "ganz tollen Sache". Er - das ist Michael Sauerzapf, der stellvertretende Bauamtsleiter und Chef des Grünflächenamts. Nach eigenem Bekunden ist er ein leidenschaftlicher Radfahrer. Und als solcher warb er bei der jüngsten Gemeinderatssitzung erfolgreich für eine Teilnahme der Stadt an einer Kampagne, die das Fahrrad als nachhaltiges, da klimaschützendes Fortbewegungsmittel in den Mittelpunkt rückt. Die Aktion heißt "Stadtradeln" und soll vom 9. bis einschließlich 29. Juni möglichst viele Leimener auf die Drahtesel wechseln lassen.
Hintergrund
Heidelberger Böschung verzögert den Bau des Radwegs
Die Förderung des Fahrradverkehrs bedarf nicht nur werblicher Kampagnen, sondern ganz konkreter Maßnahmen. Und bei der Akzeptanz des Radeln innerhalb der Bürgerschaft gibt es ebenfalls noch einiges zu
Heidelberger Böschung verzögert den Bau des Radwegs
Die Förderung des Fahrradverkehrs bedarf nicht nur werblicher Kampagnen, sondern ganz konkreter Maßnahmen. Und bei der Akzeptanz des Radeln innerhalb der Bürgerschaft gibt es ebenfalls noch einiges zu tun. Auch das wurde deutlich, als der Gemeinderat einhellig die Teilnahme Leimens bei der europaweiten Aktion "Stadtradeln" auf den Weg brachte (vgl. Artikel oben).
So fragte Gerhard Scheurich (FDP) nach der versprochenen Fahrradwegverbindung von Gauangelloch nach Leimen. Ob denn diese Verbindung fertig sei bis zum Stadtradel-Start im Juni, wollte er wissen. Michael Sauerzapf als stellvertretender Bauamtschef bat hier um Geduld: Bis diese Strecke komme, müsse wohl das "übernächste Stadtfest" abgewartet werden. Aber: "Wir sind an dem Thema dran."
Auch beim Fahrradweg von Heidelberg zur Geheimrat-Schott-Straße in Leimen bedarf es der Geduld. Das erfuhr Dietrich Unverfehrt (SPD). Die Heidelberger hätten Probleme mit einer Böschung, so Sauerzapf, die in die vorgesehene Radwegtrasse rage.
Völlig anderes trieb Wolfgang Krauth (SPD) um. Ihn ärgerten jene Radfahrer, die wie ganz selbstverständlich die Bürgersteige als ihr Terrain betrachteten. Würde er diese Radler auf ihr Fehlverhalten aufmerksam machen, würde er nur als "alter Sack" beschimpft. Krauths Appell an die Stadtverwaltung: Der Gemeindevollzugsdienst sollte hier mal intensiv kontrollieren.
Oberbürgermeister Hans D. Reinwald winkte diesbezüglich aber ab: Der Gemeindevollzugsdienst sei nur für den ruhenden Verkehr zuständig. (fre)
Dass Leimen hier kein Vor(radel)reiter ist, räumte Sauerzapf freimütig ein: Bei dieser 2008 aus der Taufe gehobenen und inzwischen europaweiten Drei-Wochen-Aktion treten in der näheren Umgebung schon längst Mauer und Neckargemünd in die Pedale. Dass die 2018er Teilnahme Leimens offene Ratstüren einrannte, wurde gewiss auch von einem anderen Umstand befördert: Der Rhein-Neckar-Kreis übernimmt die Kosten der Anmeldung, auch für nötige Werbeflyer und Werbeposter.
Dennoch: Einen überschaubaren Obolus aus seinem Stadtsäckel muss Leimen dennoch beisteuern. Um die Bürgerschaft für das nachhaltige Pedaletreten zu mobilisieren, so Sauerzapf, soll am 5. Mai im Rahmen des St. Ilgener Frühlingsfests ein Radaktionstag über die Bühne gehen. Hierfür sind laut Sitzungsunterlage 2000 bis 3000 Euro zu veranschlagen.
Was geschieht beim Stadtradeln? Binnen der festgelegten 21 Tage sollen von Leimenern oder Arbeitnehmern in Leimen möglichst viele Kilometer mit dem Fahrrad zurückgelegt werden. Die werden via Internet der Stadtradel-Zentrale gemeldet und - gegenüber automobiler Fortbewegung - auch in CO2-Ersparnis umgerechnet. Am Ende werden Stadtradelsieger ermittelt, wobei es fürs Gewinnen diverse Kategorien gibt. Dass bei den individuellen Kilometerangaben nicht gemogelt werde, so Sauerzapf, sei Ehrensache - und werde nicht überwacht. Hauptsache, möglichst viele Bürger steigen um aufs Fahrrad und lassen das Auto stehen.
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Dass sich hier auch die Stadtmütter und -väter nicht zwingend lumpen lassen wollen, war den Worten der Fraktionssprecher zu entnehmen. Dietrich Unverfehrt (SPD) vergewisserte sich zudem, dass auch Kilometer, die mit Elektromotor unterstützten Pedelecs absolviert werden, in die Wertung einfließen dürfen. Außen vor bleibt dagegen der heimische Hometrainer, den Dieter Sterzenbach (FW) ins Spiel brachte. Hans Appel (CDU) gab dagegen zu bedenken, dass - in Sachen CO2-Einsparung - doch eigentlich nur jene Kilometer gezählt werden dürften, bei denen wirklich ein Umstieg vom Auto aufs Fahrrad erfolge. Auf derartige Feinheiten werde beim Stadtradeln nicht eingegangen, sagte hierzu Michael Sauerzapf. Denn Hauptsache sei, es wird fleißig geradelt.



