Jetzt hat die Kerwe auch ihr eigenes Bier
Michael Bangert und Claudia Konrad servierten es im eigenen Garten - Auch die anderen Neckarhäuser trotzten dem Regen und feierten

Michael Bangert und Claudia Konrad schenkten Kerwe-Bier aus (l.). Auch einige Schausteller waren angereist: Auf dem Karussell (M.) wurden Kinderträume wahr. Längst dazu gehört die Böller-Kanone der Schützenvereinigung (r.o.). Und auch die Kerwe-Schlumbel und ihr Schöpfer Tobias Hertel hatten den Besuchern etwas zu sagen. Fotos: Katzenberger-Ruf
Von Karin Katzenberger-Ruf
Edingen-Neckarhausen. Wer mit der Fähre von Ladenburg nach Neckarhausen übersetzt, ahnt es schon: Das dunkle Wolkenmassiv am Horizont wird die Kerwe nicht verschonen. Roland Müller und Reinhold Schlachter von der Schützenvereinigung schaffen es zwar noch, ihre Böller-Kanone im Trockenen abzufeuern, auch Markus Schläfer legt in Vertretung von Bürgermeister Simon Michler einen "Ein-Schlag-Fassanstich" hin, bei dem das Bier gleich danach tröpfelt; doch dann kommen die Tropfen von oben.
Aber man muss die Feste eben feiern, wie diese - und die Regentropfen - fallen. Der Bier-Stand des FC Viktoria profitiert an dem Nachmittag davon, dass sein Dach wie ein riesiger Regenschirm geformt ist. Auch im Kuchen-Zelt des Gesangvereins Germania sitzt man im, aber nicht auf dem Trockenen. Der Andrang ist schon vor der offiziellen Eröffnung groß, weil es dort so schmackhaften selbst gebackenen Kuchen gibt. Einen "Kühl-Turm" - wie man ihn ansonsten nur von Konditoreien kennt - hat sich der Verein schon vor Jahren geleistet. "Kauft, so viel ihr könnt", hat Markus Schläfer das Publikum zum Auftakt der Kerwe aufgefordert und damit auch an die Schausteller gedacht.
Mit einem Süßigkeitenstand, einer Wurfbude und einem Kinderkarussell ist das Angebot zwar übersichtlich; doch es ist schön zu sehen, welch großen Spaß ein kleiner Junge daran hat, in einem Polizeiauto zu sitzen und auf Knopfdruck einen Signalton aufheulen zu lassen. Ein kleines Mädchen fühlt sich auf einem Traktor sichtlich wohl, ein anderes hat auf einem Bambi Platz genommen. Hier werden Kinderträume wahr.
"Ich hab’ keine Kinderstube, aber ein Hartplatzbiotop" - den Satz hat Tobias Hertel der Kerweschlumbel in den Mund gelegt. Sprechen kann sie ja nicht, nur blond sein und gut aussehen. Sie erfreut ihre Betrachter in einem schuppig-grün schimmernden Kleid. Ein aufgeblasener rosa Flamingo und eine Hängematte gehören zu ihren Requisiten. Ihre stumme Botschaft: Die "Fischkinderstube" ist noch nicht fertig, und die Fußballer hätten gern einen Kunstrasenplatz.
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Gegen 18 Uhr baut die Band "Eis am Stiel" ihr Equipment auf, letztes Jahr hatte die Gruppe in Neckarhausen ihr Kerwe-Debüt gegeben. In wechselnder Besetzung besteht die Formation schon seit 28 Jahren. Gespielt wird am liebsten Rock’n Roll. Und das sind die Mitglieder: Bandleader Hans-Peter Ries (Saxofon/Gesang), Andreas Ludwig (Piano/Gesang) Wolfgang Schellenberger (Bass/Gesang), Dietmar Dymke (Gitarre), Herbert Wiegand (Schlagzeug) und Simone Stein (Sängerin).
Vor dem Schloss kann man sich von den Nachmittagsstunden bis in den Abend hinein vergnügen, aber auch in einem privaten Anwesen: SPD-Ortsvereinsvorsitzender Michael Bangert und seine Frau Claudia Konrad öffnen Hof und Garten. Sie servieren selbst gebrautes Bier, das niemand bezahlen muss. Spenden, die der Partei zugutekommen, werden aber gerne entgegengenommen. Claudia, Chemikerin von Beruf, hat vor vielen Jahren in einer Radiosendung gehört, dass man den Gerstensaft selbst herstellen kann.
Mitte Juli begann die Produktion für ein "Bernstein-Weizen", das zur Kerwe ausgereift sein sollte. In dem Gebräu und damit in rund 55 Litern Gerstensaft sind rund 18 Kilogramm nur leicht angeschroteter Malz verarbeitet, aber nur 30 Gramm Hopfen und etwa die gleiche Menge Bierhefe.
Dass so wenig Hopfen ins Bier kommt, hat auch die Chemikerin überrascht. Doch die Pflanze hat offenbar so viele Bitterstoffe, dass eine geradezu homöopathische Dosis für einen Brauvorgang genügt. Dieser dauert übrigens einen ganzen Arbeitstag und ist mit viel Rühren verbunden. "Danach bin ich fix und fertig", gesteht Bangert, der dann als Mann fürs Grobe ran musste. Und dann sind da noch die genauen Temperatur- und Zeitangaben für die "Rast" des Biers. Nach dem Abmaischen folgen die einwöchige Hauptgärung im Fass und die ebenso lange Nachgärung in der Flasche sowie die mehrwöchige Lagerung. Einen Namen hat das Kerwe-Bier übrigens noch nicht, auch kein Etikett.
"Ein Etikett ist uns zu aufwendig, das müssten wir dann ja wieder von den leeren Flaschen abkratzen", sagt Claudia Konrad. In der "Hausbrauerei" werden Flaschen mit Bügel verwendet. Ein Markenname wäre natürlich schön. Wir schlagen mal "Claumich" oder "Konban" aus den Silben der Vor- und Nachnamen vor.



