Gemeinde wartet weiter auf 200.000 Euro für die Fischkinderstube
Die Rhein-Neckar-Pachtgemeinschaft hält die Förderung für Fischkinderstube zurück. Das Rathaus behält sich eine juristische Prüfung vor.

Von Nicoline Pilz
Edingen-Neckarhausen. Es geht um 200.000 Euro für die Fischkinderstube, schriftlich zugesagt im Juli 2014 vom Amt "Vermögen und Bau Baden-Württemberg". Vier Jahre zuvor hatte bereits die Rhein-Neckar-Pachtgemeinschaft (RNPG) ebenfalls schriftlich zugesichert, die Kosten für die Genehmigungsplanung zu übernehmen. Diese beliefen sich auf rund 25.000 Euro und sind bereits beglichen. Nicht aber besagte 200.000 Euro, die im Einvernehmen mit den betroffenen Angelfischereiverbänden und dem Landesfischereisachverständigen beim Regierungspräsidium (RP) Karlsruhe unter bestimmten Voraussetzungen zur Auszahlung kommen sollten.
In der jüngsten Gemeinderatssitzung erkundigte sich Dietrich Herold namens der Fraktion der UBL-FDP/FWV nach dem Stand der Dinge. Er fragte, ob die Zusage von "Vermögen und Bau" justiziabel sei. Bauamtsleiter Dominik Eberle erklärte, die Verwaltung habe dem Amt Anfang November 2020 ihre Sicht der Dinge in einem Brief geschildert und um Begleichung gebeten. Eine Antwort steht bis heute aus. Die Belastbarkeit der Zusage werde man gegebenenfalls juristisch prüfen lassen.
Zum Hintergrund: Bereits 2004/05 gab es erste Überlegungen der Angler, die einst landwirtschaftlich genutzte Tagweide zu einem Seitengewässer des Neckars umzunutzen. Die Idee stieß bei Altbürgermeister Roland Marsch auf offene Ohren. Mehrfach drohte dem Projekt das Aus. Marsch kämpfte und akquirierte Gelder, darunter Großspenden der Familien Brune und Engelhorn. Im Juni 2018 wurde das Rückzugs- und Laichgebiet für Fische eingeweiht. Von den Gesamtkosten in Höhe von 3,6 Millionen Euro für die 320 Meter lange, bis zu 55 Meter breite und bis zu vier Meter tiefe Anlage übernahm das Land Baden-Württemberg rund drei Millionen.
Für diese Förderung diente wiederum eine Finanzierungsübersicht als Basis, darin enthalten die 200.000 Euro von "Vermögen und Bau". Im Laufe der teils heftigen Diskussionen um den Bau der Fischkinderstube hatte der Gemeinderat den Beschluss gefasst, der Kommune dürften aus der Errichtung des Seitengewässers keine Kosten entstehen. Sie steuerte das Grundstück bei, dessen Wert jedoch nicht Teil der Finanzierungsaufstellung war.
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Auf Anfrage bei "Vermögen und Bau" erklärt der stellvertretende Amtsleiter Uwe Baumann zunächst die Zuständigkeit seiner Behörde. Sie vertritt das Land im Fischereirecht und bei der Verpachtung der Hauptströme Rhein und Neckar. Letztere erfolgt über Pachtgemeinschaften wie die RNPG, die allerdings nur noch formal existiert und seit 2019 mit Reiner Winkler einen neuen Vorsitzenden hat.
Inzwischen hat die Pachtgemeinschaft Kurpfalz die Aufgaben der RNPG übernommen – beispielsweise die Ausgabe von Angelkarten an Angler in den Vereinen. Die dadurch entstehenden Einnahmen sollen in für die Angler sinnvolle Maßnahmen investiert werden. So eine sinnvolle Maßnahme ist die Fischkinderstube. Denn sie soll den Fischbestand im Neckar renaturieren.
Doch die zugesagten 200.000 Euro liegen noch auf dem Konto der RNPG – wobei Baumann sagt, es handele sich nach Abzug der bereits bezahlten Planungskosten nur noch um 175.000 Euro. "Wir sind nicht Kontoinhaber", erklärt er. Das Geld stamme auch nicht unmittelbar vom Land, sondern aus Pachten und Einnahmen aus dem Verkauf von Angelkarten, die wiederum in für die Fischerei sinnvolle Maßnahmen fließen sollen. Baumann betont, dass er die Fischkinderstube für eine "tolle Sache" hält. Doch in der RNPG haben die handelnden Personen gewechselt.
"Der neuen Vorstandschaft ist unklar, ob hier eine Verpflichtung zur Auszahlung besteht", sagt Baumann. "Vermögen und Bau" sei der Ansicht, die Verpflichtung bestehe. Das habe er der RNPG auch mitgeteilt. Doch der neue Vorsitzende Reiner Winkler will das Geld erst überweisen, wenn ihm die Mitgliederversammlung als höchstes Organ grünes Licht gibt. Juristisch sei das Ganze für ihn derzeit nicht zu überblicken, es gebe unterschiedliche Meinungen, sagt Winkler. Das Risiko, womöglich mit seinem Privatvermögen haften zu müssen, wolle er nicht eingehen.
Corona-bedingt habe 2020 keine Jahreshauptversammlung der 170 Mitgliedsvereine stattfinden können. "Es ist kein böser Wille" erklärt er. Dazu kommt, dass seine Amtsvorgänger manche Dinge anders sahen und sich Stimmen mehren, die beklagen, dass Angler nicht in der Fischkinderstube fischen dürfen. Das untersagt eine strafbewehrte Benutzerverordnung. "Die Fische in der Fischkinderstube gehören uns – also dem Pächter", stellt Winkler klar. Er versichert, dass der Vorstand die Corona-Situation beobachte und sobald wie möglich eine Versammlung einberufen werde.
Bürgermeister Simon Michler hofft, dass es dieses Jahr klappt. Seit 2018 schleppt die Kommune die 200.000 Euro als Mehrausgaben mit sich herum, habe aber durch ein höheres Spendenaufkommen noch die Reserven, um den früheren Gemeinderatsbeschluss nicht aufheben zu müssen. Im Prinzip seien Baumanns und Winklers Nachrichten nicht schlecht: "Es ist eben eine Frage der Zeit."