Edingen-Neckarhausen

Diese Persönlichkeiten gaben Straßen, Plätzen und Hallen ihren Namen

Unter lauter Männern nur eine einzige Frau - Nur die Anna-Bender-Straße trägt den Namen einer verdienten weiblichen Person

22.08.2019 UPDATE: 23.08.2019 06:00 Uhr 3 Minuten, 23 Sekunden

2008 wurde die Neckarhäuser Sporthalle in "Eduard-Schläfer-Halle" umbenannt. Zu sehen sind die Nachkommen des letzten Bürgermeisters der eigenständigen Gemeinde Neckarhausen. Foto: sti

Edingen-Neckarhausen. (sti) Eine Goethe- oder Lutherstraße gibt es allerorten. Daneben aber ist es guter Brauch, dass Städte und Gemeinden auch nach ihren lokal verdienten Persönlichkeiten Straßen, Plätze oder auch Hallen benennen. Nicht anders in Edingen-Neckarhausen, wobei weitaus mehr Männern gedacht wird als Frauen.

Die Gedenktafel zu Anna Bender hängt in der gleichnamigen Straße. Sie machte sich in der Krankenpflege verdient. Foto: sti

So ist die Anna-Bender-Straße in Edingen, vormals Schulstraße, das einzige Beispiel dieser Erinnerungsform an eine weibliche verdiente Person in der Gemeinde. Die evangelische Diakonissin Anna Bender leitete, unterstützt von Schwester Lina Lichtenfels, von 1941 bis 1966 in der Schulstraße eine Krankenstation. Erst befand sich diese im Kindergarten, Nummer 20, nach dessen Verkauf dann im heutigen Wohnhaus von Tanzania-Gruppenleiterin Elisabeth Höller, Anna-Bender-Straße 8.

Die Straßen-Umbenennung erfolgte 1975, als durch den Zusammenschluss mit Neckarhausen etliche Namen doppelt vorlagen. Während aber in Neckarhausen die Schulstraße heute noch zur Schule führt, war in Edingen das namensgebende evangelische Schulhaus Ecke Grenzhöfer Straße, an Stelle der Bäckerei "Kapp", 1975 längst Vergangenheit. Dies ermöglichte die Namenswidmung für die Diakonissin, die für ihr aufopferungsvolles Wirken 1960 schon das Bundesverdienstkreuz erhalten hatte.

Vier besonders impulsstarken und verdienten Bürgermeistern hat die Doppelgemeinde durch Benennungen gedankt: Seit rund zehn Jahren heißt der Rathaus-Vorplatz in Edingen "Bürgermeister-Reinle-Platz", zum Gedenken an Georg Friedrich Reinle, der Edingen von 1922 bis 1933 mit enormer Tatkraft durch die schwere Weimarer Zeit führte. Von den Nationalsozialisten wurde Reinle 1933 seines Amtes enthoben und der Veruntreuung bezichtigt. Die Nazis attackierten sein Wohnhaus in der Hauptstraße; er floh und nahm sich wenig später in Heidelberg das Leben (siehe Ralf Fetzers "Edingen-Chronik" S. 371).

Erst 49-jährig starb 1965 Edingens Bürgermeister Robert Walter. In seine nur sechsjährige Amtszeit fielen etwa der Rathausneubau und der Bau der Pestalozzi-Schule nebst Kleinhallenbad. Passend heißt die Straße zu diesem damals hochmodernen Schulkomplex Robert-Walter-Straße.

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An Neckarhausens jahrzehntelangen und letzten Bürgermeister erinnert seit 2008 der Name der "Eduard-Schläfer-Halle" am Freizeitbad: Schulsporthalle und Hallenbad waren 1973 Neckarhausens und Schläfers letztes Bau-Großprojekt vor der Zusammenführung mit Edingen 1975. In Schläfers Amtszeit seit 1947 fiel neben dem Kauf des Schlosses, beider Parks und "Leonschem Schloss" auch die 1200-Jahr-Feier Neckarhausens 1973. Unter seiner Regie wurde 1967 zudem die Städtepartnerschaft mit Plouguerneau begründet.

Ebenfalls ein Hallenname würdigt die Lebensleistung des Alt-Bürgermeisters und heutigen Ehrenbürgers der Doppelgemeinde wie auch der Partnergemeinde Plouguerneau: "Werner-Herold-Halle" heißt seit 2017 die Großsporthalle, die 1975 eingeweiht wurde und für den heute 93-Jährigen als passionierter Handballer ein Herzensanliegen war. Ab 1966 hatte Herold das Edinger Gemeindeschiff gelenkt, und nach der "Zwangs-Fusion" 16 Jahre lang auch das der Doppelgemeinde.

Nur im Volksmund, vor allem bei den Landwirten "Zwintschersweg" genannt wird ein Wirtschaftsweg parallel zur Friedrichsfelder Straße - nach Bürgermeister Hellmuth Zwintscher (Amtszeit 1946-1954), nebst "Zwintschersbrück’" über die Autobahn. Offiziell ist es der "Lüssenweg" und führte einst hinaus ins Edinger Ried.

An wen genau die "Graf-von-Oberndorff-Straße" in Neckarhausen erinnert, war noch nicht in Erfahrung zu bringen. Angelegt wurde sie nach dem Verkauf des zuvor zum Oberndorffschen Besitz gehörenden "Leonschen Schlosses" nebst großem Gut Anfang der 1960er Jahre. So gilt der Name, wenn nicht pauschal für alle gräflichen Vertreter seit Stammsitz-Begründer Franz Albert (1720 bis 1799), wohl am ehesten Graf Friedrich von Oberndorff ("Fritz", 1891-1970), der den Besitz an die Gemeinde verkaufte und 1962 Ehrenbürger wurde.

Dass seine Tochter Elisabeth († 1995) als letztes Familienmitglied am Ort in der Elisabethenstraße wohnte, war wohl Zufall.


Nazi-Gegner Helmstädter nicht bei Straßennamen gewürdigt

Dass Frauen auch im Edingen-Neckarhäuser Straßenbild unterrepräsentiert sind, ist unbestritten. Und doch gibt es auch verdiente Männer, die noch keine entsprechende Würdigung erhalten haben. Einer von ihnen ist Julius Helmstädter (1879-1945). Der Edinger Sozialdemokrat, der zur Weimarer Zeit Bezirksratsmitglied, Bürgermeisterstellvertreter und ab 1932 Landtagsabgeordneter war, musste seine Gegnerschaft zum Nationalsozialismus im Konzentrationslager Dachau mit dem Leben bezahlen.

Julius Helmstädter starb im KZ. Foto: sti

An ihn erinnert zwar seit 1949 ein Gedenkstein auf dem Edinger Friedhof. Auch gab es beim SPD-Ortsverein, den Helmstädter 1907 mitgründete und dem er von 1919 bis 1933 vorstand, vor Jahren einen nach ihm benannten Aufsatzwettbewerb. Eine Straße, einen Platz oder ein Gebäude aber hat ihm die Gemeinde bislang nicht gewidmet.

Dass dies der gebürtige Pforzheimer Arbeitersohn, der in früher Jugend nach Edingen kam, verdient hätte, zeigt schon Ralf Fetzers Würdigung in seiner "Edingen"-Chronik. So blieb Helmstädter, obwohl von den Nazis öffentlich gedemütigt, 1933 erstmals verhaftet, ständig bespitzelt und lange Zeit auswärts bei Freunden oder Verwandten untergetaucht, bis zuletzt seiner Überzeugung treu. "Ein reaktionärer Bursche!", wie damals Edingens Gendarm geißelte: Noch nie habe Helmstädter "den Deutschen Gruß ,Heil Hitler‘...ausgesprochen".

Ergreifend sind die bei Fetzer edierten Briefe, die der 1944, obwohl herzkrank, in Dachau Inhaftierte aus dem KZ an seine Familie schrieb. Dass Helmstädter darin neben Lebensmitteln auch um Frostsalbe und "Läusebekämpfungsmittel" bittet, lässt die Haftbedingungen erahnen. Am 11. Februar 1945 starb er 65-jährig, wohl an Krankheit und Entkräftung. Tochter Hermine Hofmann, selbst nach dem Krieg eine der ersten Gemeinderätinnen des Landkreises, war überzeugt, dass ihr Vater im KZ verhungerte.

Ort des Geschehens

Für eine Namenswidmung, beispielsweise als "Julius-Helmstädter-Ufer", anbieten würde sich der Neckarweg zwischen "Steinernem Tisch" und Unterer Neugasse. Der Weg ist bislang unbenannt und zieht gut exponiert am Ort entlang. So auch am "Kongo", jenem Gebietsteil, in dem die Helmstädters wohnten (Hauptstraße 139). Unten am Rathausabgang ließe sich auf einer Gedenktafel auch an den 14. März 1933 erinnern, als Helmstädter und Ratskollege Simon Brecht aus einer von den Nazis gestürmten Sitzung eben über diesen Neckarweg noch mal entkommen konnten.

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