Wie geht es weiter mit den Nußlocher Theaterfahrten?
80-Jähriger gibt Amt nach 51 Jahren ab - Angebot soll fortgesetzt werden - Bislang kein Nachfolger

Dieter Degreif gibt die Organisation ab. F: pop
Von Alexander Werschak
Nußloch. Es war seine Abschiedstournee: So schwer vorstellbar das ist, aber Dieter Degreif stellt Ende Januar die Nußlocher Theaterfahrten ein - nach über 51 Jahren. In der jüngsten Sitzung des Gemeinderates ließ der bislang nimmermüde Organisator die Zuhörer wie in jedem Jahr an einem Überblick der abgelaufenen Saison teilhaben. Seiner letzten. Und während die Bürgervertreter erstmals - ausgestattet mit verpackungsfrischen Tablet-Computern - einen Schritt in die Zukunft machten, ging vor ihren Augen eine Ära zu Ende. Hier ist das keine hohle Phrase: Es ist tatsächlich eine Ära, die jetzt endet.
Vielleicht fiel die Rückschau des bekannten Rezitators, der selbst mit einem Jahresbericht zu fesseln vermag, diesmal noch ein bisschen knapper aus als sonst. Wehmut? Womöglich - oder auch nur Zurückhaltung. Schließlich soll es Anfang 2018 einen offiziellen Abschied geben. 9685 Veranstaltungen mit 480.386 Besuchern zählt die Statistik der Theaterfahrten über die vergangenen 51 Jahre. Die 10.000 und die halbe Million hätte er gerne noch zusammenbekommen, verriet Dieter Degreif am Rande.
Ein Nachfolger ist nicht in Sicht und wird wohl auch nicht in Sicht geraten, denn wer sollte das in seiner Freizeit leisten wollen und können? Allein in der zurückliegenden Saison stehen 143 Theaterfahrten zu Buche, die 6810 Mitreisende fanden. Mitreisende für Mitreißendes, denn es sind durchweg kulturelle Leckerbissen, die Degreif aus den Programmheften pickt. Dazu werden wirkliche Gaumenfreuden in Gestalt der kulinarischen Programme gereicht, die so renommierte Adressen wie den "Erbprinz" in Ettlingen auf der Karte haben. Auch generell geizen die Theaterfahrten keineswegs mit klingenden Namen und Stimmen - da machte die letzte Saison keine Ausnahme, ob Sir Simon Rattle oder das St. Petersburger Ballett, ob Anne-Sophie Mutter oder Annette Dasch.
Ferner führte der heute 80-Jährige Degreif Doppelangebote ein; und es stehen in den verbleibenden Wochen ein paar Abschlusstouren auf dem Fahrplan. Immerhin: Die Kulturhäuser in Baden-Baden und Karlsruhe haben angekündigt, ihre Offerten für Nußlochs Bühnenfreunde aufrecht erhalten zu wollen. Ein bisschen wird das "Volksbildungswerk", wie Dieter Degreif es gerne nennt, also noch weiterarbeiten.
Auch interessant
Gerade Baden-Baden und Karlsruhe sind eben auch häufig Reiseziel der Theaterfahrer, die es aber genauso nach Stuttgart, Frankfurt, Ludwigshafen oder Künzelsau zieht. Wie in den Saisons zuvor erfreuten sich dabei besonders die 30 Opernabende von "Aida" bis zum "Tannhäuser" einer großen Publikumsgunst, die Liebhaber etwas leichterer Muse kamen bei zwölf Musical- und Operettenaufführungen auf ihre Kosten. Überhaupt scheinen die Theaterfahrer die süßen Töne zu locken, so auch zu 26 Konzerten und 14 Ballettabenden. Das klassische Schauspiel hingegen hat sich mittlerweile in eine kleine Loge zurückgezogen. Ganz anders die Ausstellungsfahrten, zuletzt 40 an der Zahl, die reihenweise Kulturbegeisterte vor die Leinwände der klassischen Moderne genauso wie am Jahresende vor die Buden eines schmucken Weihnachtsmarktes führen.



