"So eine Welle kann explosionsartig kommen"
Die Gemeinde informierte über das Starkregen-Risikomanagement. Das Handlungskonzept gibt es auf der Homepage.

Von Maria Stumpf
Dielheim. Bin ich betroffen? Interaktive Gefahrenkarten zeigen im Fall von Starkregen, welchen Weg das Wasser nimmt. Wie kann man sich vorbereiten? Mit Objektschutz im Vorfeld. Und wie sollte man sich verhalten? Zu Hause bleiben. Diese und ähnliche Fragen standen im Mittelpunkt einer Veranstaltung zum Thema Starkregenrisikomanagement, zu der die Gemeinde Dielheim in den Bürgersaal eingeladen hatte. Bürgermeister Thomas Glasbrenner begrüßte an die 70 Gäste.
Mit dabei war als Fachreferent Matthias Stork vom Büro "Geomer" aus Heidelberg. Das Unternehmen unterstützt seit Jahren Städte und Gemeinden beim kommunalen Starkregenrisikomanagement. Dielheim hat gemeinsam mit Wiesloch, Rauenberg, Östringen, Malsch, Mühlhausen, Kronau und Bad Schönborn zwischen 2020 und 2023 von dem Büro ein Konzept erstellen lassen. Dazu gehörten eine Gefährdungs- und Risikoanalyse, ein Handlungskonzept und schließlich die Umsetzung.
In der Gemeinde Dielheim gelten laut Stork als besondere Risikobereiche Oberhof, das Wohngebiet an der Dürerstraße, Horrenbergs Ortsmitte, der in ein menschgemachtes Bett gezwängte Leimbach in Balzfeld, die Ortsmitte von Balzfeld und die südwestliche Ortsmitte Dielheims an der Waldstraße. Dort treffen mehrere Faktoren zusammen: zum Beispiel die Geländebeschaffenheit, viel Wasser, eine hohe Zahl möglicher betroffener Personen oder ein hohes Schadenspotenzial. Risikoobjekte dagegen sind einzelne Gebäude oder Infrastruktureinrichtungen, sowohl privat als auch öffentlich.
Sogenannte "Risikosteckbriefe" mit unterschiedlichen Handlungsempfehlungen wurden dabei für die Grundschule Horrenberg, Kindergarten Kunterbunt, Ludwig-Englert-Haus Balzfeld, Freiwillige Feuerwehr Horrenberg, Ortschaftshaus, Insel-Kindergarten, Kindergarten Eckertsberg, Freiwillige Feuerwehr Dielheim, Leimbachtalschule und Kindergarten Sonnenschein erarbeitet.
"Die kommunale Risikovorsorge muss also konzeptionelle Maßnahmenpläne oder Zuständigkeiten zu den Risikobereichen festlegen", so der Referent. "Aber die Verantwortung bei privaten oder gewerblichen Objekten liegt bei den Eigentümern." Starkregen stehe für 50 Prozent der Hochwasser. Selbst wenn sich der Wohnsitz nicht in unmittelbarer Nähe eines Flusses befinde, bestehe ein Risiko. Sei es durch Hangwasser oder durch ansteigendes Grundwasser und eine überlastete Kanalisation.
Zur guten Vorarbeit für den Ernstfall gehörten nicht nur eine Elementarversicherung oder Absprachen im Familienkreis, wer welche Aufgaben übernehme. "Planen Sie den Notfall", gab Stork als Tipp: "Denn wenn es soweit ist, stehen Sie unter Adrenalin." Zur Vorsorge gehörten zum Beispiel der Einbau von Rückhaltemöglichkeiten für Regenwasser, die Entsiegelung von Flächen zur Rückhaltung und Versickerung des Wassers, Dachbegrünungen, Treppen vor dem Eingang, um dem Wasser das Eindringen zu erschweren, wasserdichte (Keller-) Fenster und mobile Systeme wie Klappschotten oder Spundwände.
Und was tun, wenn der Hochwasserfall eingetreten ist? Strom ausschalten, raus aus dem Keller oder den Tiefgaragen und zu Hause bleiben. "Verlassen Sie nicht das Haus. So eine Welle, auch mit viel Geröll, kann explosionsartig kommen. Keiner sollte deshalb auf die Straße gehen. Man sieht ja auch nicht, ob da vielleicht ein Kanaldeckel weggeschwemmt wurde."
In einer lebhaften Fragerunde interessierten sich die Bürgerinnen und Bürger besonders dafür, wie man bei Gefahr im Verzug von der Kommune informiert werde. Nicht wenige sprachen sich für ein Sirenen-Warnsystem aus. Schließlich hätten nicht alle Menschen ständig ein Mobiltelefon mit entsprechender App zur Hand oder die nötigen Kenntnisse. Andere hinterfragten die Datenlage, auf die sich die Risikoanalysen stützten.
Bürgermeister Glasbrenner betonte, dass die Kommune zurzeit parallel dabei sei, einen Kriseneinsatzplan zu erarbeiten. "Bis Anfang 2025 soll er stehen." Auf der Homepage der Gemeinde seien außerdem das Handlungskonzept und die interaktive Starkregenkarte hinterlegt. Es sei Teil des Handlungskonzepts, die Bevölkerung über bestehende Risiken und Gefahren zu informieren.
Info: www.starkregenkonzept.de
Hintergrund
Mühlhausen. (tt) Wenn es zu einem mittleren Starkregenereignis mit 50 bis 60 Litern Regen pro Stunde in Tairnbach kommen sollte, steht das geplante Neubaugebiet "Alte Gärtnerei" unter Wasser: Das ist nur ein Ergebnis des Starkregenrisikomanagements, das Matthias Stork und
Mühlhausen. (tt) Wenn es zu einem mittleren Starkregenereignis mit 50 bis 60 Litern Regen pro Stunde in Tairnbach kommen sollte, steht das geplante Neubaugebiet "Alte Gärtnerei" unter Wasser: Das ist nur ein Ergebnis des Starkregenrisikomanagements, das Matthias Stork und Stefan Jäger vom Büro Geomer in der Sitzung des Mühlhausener Gemeinderates vorstellten.
Auf den rund 16.000 Quadratmetern des Geländes einer ehemaligen Gärtnerei könnten 50 Wohneinheiten entstehen, die Platz für rund 115 neue Einwohner bieten. "Wir haben dort eine Senkensituation, das ist ein klassisches Gebiet, wo sich Wasser sammeln kann", erklärte Jäger. Das spreche aber nicht gegen eine Bebauung: "Man kann hochwasserangepasst bauen. Doch wer dort baut, sollte die Starkregenrisiko-Karten kennen", so der Experte.
"Sie können den Bebauungsplan proaktiv darauf ausrichten und die Leute, die dort bauen wollen, entsprechend schützen", sagte auch Stork. Hätte es die Analyse nicht gegeben, wären auch keine Informationen darüber verfügbar. "Da sieht man es am eindrücklichsten, was passieren kann", sagte Bürgermeister Jens Spanberger. Nach der kurzen Animation waren sich deshalb alle einig: Die Informationen müssen im Bebauungsplan verankert werden.
Der Prozess für das Starkregenrisikomanagement wurde bereits 2020 zusammen mit Bad Schönborn, Kronau, Östringen, Malsch, Dielheim, Rauenberg und Wiesloch auf den Weg gebracht. Seither gab es umfangreiche Untersuchungen und Workshops.
Im Gegensatz zu Hochwassergefahrenkarten hat sich Geomer beim Starkregenrisikomanagement jeden einzelnen Quadratmeter der Gemeindefläche angeschaut, um beurteilen zu können, wie das Wasser oberflächlich zum Gewässer fließt. Insgesamt habe man drei Szenarien berechnet: seltene, außergewöhnliche und extreme Ereignisse. Allerdings überlagern sich diese Szenarien, was aber nur in der Theorie geschehen könne: "Es wird nicht vorkommen, dass Tairnbach, Mühlhausen und Rettigheim gleichzeitig so betroffen sein werden", sagte Stork.
Das gesamte Starkregenrisikomanagement ist ein dreistufiger Prozess: Aus der Gefährdungsanalyse entstehen verschiedene Karten mit Überflutungstiefen, Fließgeschwindigkeiten und der Überflutungsausdehnung. Die zweite Phase ist die Risikoanalyse: Dabei gehe es um die Frage, welche Wasserstände man wo erwarten könne und welche Einrichtungen betroffen wären. Die Analysen mündeten dann in einem Handlungskonzept. Darin gehe es vor allem um die Vermeidung und Minderung von Schäden.
Man habe nun ein sehr gutes Fundament, aus dem man ableiten könne, was noch alles zu tun sei, dankte Hans Becker (CDU) und fügte hinzu: "Ich glaube, es gibt niemanden mehr, der an der Notwendigkeit einer solchen Analyse, einer solchen Vorsorge zweifelt." Ereignisse in der Nachbarschaft hätten bewiesen, dass es auch Mühlhausen treffen könne. "Insofern ist es unsere Pflicht, als Kommune etwas zu tun." Wenn er sehe, was alles angegangen werden müsse, bereite ihm das fehlende Personal im Rathaus Sorgen, freie Stellen müssten so schnell wie möglich besetzt werden: "Wenn niemand da ist, der die guten Konzepte umsetzt, haben wir nichts gewonnen."
Das erarbeitete Handlungskonzept sei eine Investition in die Sicherheit der Gemeinde, der Bürgerschaft und deren Hab und Gut, fand Bruno Sauer (Freie Wähler). Er bat die Gemeinde, die bereits begonnen Maßnahmen zur Intakthaltung des Hinterlandentwässerungssystems wieder aufzunehmen und im Rahmen des Handlungskonzepts zu optimieren.
Gerhard Welker (Grüne) hob insbesondere die interkommunale Zusammenarbeit hervor: "Es ist sehr schön, dass der Impuls aus Mühlhausen kam." Diese sei sehr wichtig, denn die Gemeinden gehörten hydrologisch zusammen, so Welker. "Das Konzept soll nicht in der Schublade landen, sondern für die Bevölkerung zugänglich gemacht werden", appellierte er. Dies sei über die Internetseite möglich, erklärte Spanberger. Auch als Thema bei der Bürgerversammlung sei dies möglich.
Holger Schröder (SPD) wies erneut auf Walldorf hin, wo bei einem Starkregenereignis im August 2022 auch öffentliche Gebäude in Mitleidenschaft gezogen wurden. "Es ist wichtig, es sinnvoll und gut zu kommunizieren, was Aufgabe der Kommune ist und was in der Hand der Privaten liegt", mahnte Schröder. In der Summe müsse es einen gut durchdachten Plan geben, gerade in Hinblick auf die Neubaugebiete.
Hintergrund
Malsch. (arb) Gemeinsam mit den umgebenden Kommunen hat Malsch das Starkregenrisiko im Ortsgebiet durch das Planungsbüro "geomer" aus Heidelberg ermitteln lassen. Das Ergebnis ist ein präventives Handlungskonzept, dessen Umsetzung beschlossen werden sollte.
Matthias
Malsch. (arb) Gemeinsam mit den umgebenden Kommunen hat Malsch das Starkregenrisiko im Ortsgebiet durch das Planungsbüro "geomer" aus Heidelberg ermitteln lassen. Das Ergebnis ist ein präventives Handlungskonzept, dessen Umsetzung beschlossen werden sollte.
Matthias Stork von "geomer" erklärte, Starkregenrisikomanagement bedeute, zu analysieren, wie Wasser aus der Gemeinde zum Gewässer fließe. Rechtlich mache dies in Abgrenzung zum Hochwasser einen Unterschied: "Hochwassergefahrenkarten haben deklaratorische Wirkung. Dort darf man nicht bauen. In Starkregengefahrenkarten findet keine Regulation statt. Sie können dort bauen."
Malsch wurde von "geomer" in zehn Gebiete und 68 Bereiche mit jeweils detaillierten Risikosteckbriefe aufgeteilt. Diese Steckbriefe, erklärte er auf Nachfrage von Claus Stegmeier (Grüne), könnten von der Verwaltung in den Gemeinderat eingebracht werden, um bauliche Anpassungen zu beschließen, seien aber aus Datenschutzgründen nicht öffentlich. Beim Handlungskonzept gehe es darum, die Schäden möglichst gering zu halten, es könnte auch ständig angepasst werden: "Je besser man vorbereitet ist, desto besser kann man reagieren."
Privateigentümer seien eigenverantwortlich für die Umsetzung der Maßnahmen zuständig: "Die Gemeinde ist nur zuständig, einen Schutz für die öffentliche Infrastruktur zu gewährleisten." Das gelte auch für Kindergärten, sie seien von öffentlichem Interesse, aber keine kommunalen Gebäude, sagte Stork.
Bürgermeister Tobias Greulich schloss sich dem an: "Bei diesem Thema besteht eine gewisse Holpflicht. Nicht jeder Bürger wird einzeln angeschrieben. Im Zuge einer Informationsveranstaltung hat jeder die Möglichkeit, sich zu informieren. Sonst müsste die Gemeinde die Gefahreneinschätzung für die Bürger übernehmen."
Die allgemeinen Gefahrenkarten würden öffentlich gemacht, so Greulich. Die Umbaukosten müssten die Bürger aber selbst tragen, erklärte Stork. Ob die Gemeinde ein Förderprogramm auflegen könnte, fragte Arved Oestringer (FDP), worauf Greulich antwortete: "Ich sehe die Gemeinde Malsch nicht finanziell in der Möglichkeit, eine Bürgerförderung auszurufen."
Die kommunalen Konzepte seien aber förderfähig, sagte Stork auf Nachfrage von Konrad Fleckenstein (Freie Wähler). Hinsichtlich der Umsetzung sagte er: "Was gemacht wird, ist nicht meine Entscheidung. Die Priorisierung ist eine Frage, die an Malsch weitergeht." Die sukzessive Umsetzung des Handlungskonzepts wurde einstimmig beschlossen.
Hintergrund
Dielheim. (arb) "Wir können Entwarnung geben", informierte Alexander Wenning, Bauamtsleiter der Stadt Dielheim, gestern.
Dielheim. (arb) "Wir können Entwarnung geben", informierte Alexander Wenning, Bauamtsleiter der Stadt Dielheim, gestern. Ein Überdruckereignis hatte die Gemeinde am Wochenende mit zehn Wasserrohrbrüchen an sechs verschiedenen Stellen in Aufruhr versetzt. Dass es zu Folgeproblemen kommen könnte, erwartet Wenning nicht. "So etwas habe ich in 25 Jahren noch nicht erlebt." Ein oder zwei Wasserrohrbrüche seien problemlos zu bewältigen. In dieser Menge sei das jedoch nicht zu erwarten gewesen.
"Über die Ursache können wir noch immer nichts sagen. Momentan wird geprüft, ob es an unseren Druckminderern gelegen haben könnte", so Wenning. Die bis zu 70 Jahre alten Leitungen hatten jedenfalls dem Druck nicht standgehalten. Rinnsteine wurden aus der Verankerung gedrückt, Sand und Kieselsteine auf die Straße gespült und zwei Keller von der Freiwilligen Feuerwehr ausgepumpt.
In der Nacht von Montag auf Dienstag hatten die Stadtwerke die Nachverbräuche beobachtet, um zu kontrollieren, ob Wasser im Netz verloren geht und bisher unerkannte Rohrbrüche bestehen. Am Dienstag gab es dann Klarheit: keine weiteren Rohrbrüche.
Sorge bereitete lediglich der Hochbehälter. Von dort aus werde das Wasser mit enormem Druck in die Leitungen gepumpt, so Wenning, um auch weiter höher gelegene oder weiter entfernte Lagen zu erreichen. Für tiefere gelegene Gebiete müsse der Druck gemindert werden. Möglicherweise habe in diesem Prozess etwas nicht funktioniert.
Noch am Dienstag hatte sich der Hochbehälter aus nach wie vor ungeklärten Gründen nur langsam wieder mit Wasser gefüllt. Die Gemeinde hatte aus diesem Grund die Bevölkerung dazu aufgerufen, sparsam mit dem Trinkwasser umzugehen. "Wir gehen zwar nicht davon aus, dass es noch einmal Probleme im Nachgang geben wird, aber wir würden trotzdem empfehlen, weiterhin Wasser zu sparen."
Nun will sich die Gemeinde der durch die Rohrbrüche entstandenen Schäden annehmen. "Wir werden damit beginnen, die Löcher in den Straßen wieder zu schließen." Da der zuständige Asphaltbetrieb derzeit Betriebsferien habe, müsse die Gemeinde die Schäden am Straßenbelag übergangsweise mit Schotter verschließen.