Corona-Krise in Ladenburg

Reiseunternehmen fürchtet Konkurs in wenigen Wochen

"Ohne Hilfen ist bald Schicht im Schacht" - Betriebssparten liegen lahm

19.04.2020 UPDATE: 20.04.2020 06:00 Uhr 2 Minuten, 19 Sekunden
Vom Großbus bis zum Schülertransporter hat Firmengründer Rüdiger Schmidt alle 15 Fahrzeuge abgemeldet. Aktuelle Umsatzverluste können nicht mehr aufgeholt werden. Foto: Sturm

Von Axel Sturm.

Ladenburg. Es gibt kaum eine Branche, die derzeit nicht von der Coronakrise gebeutelt ist. Besonders betroffen sind auch Reise- und Tourismusbetriebe. Der Ladenburger Busunternehmer Rüdiger Schmidt sieht für seine Firma S&F Tours keine rosige Zukunft mehr. Auch einen Konkurs in wenigen Wochen hält er für möglich.

1979 gründete der 62-Jährige sein Unternehmen. In seinem Büro hängen Urkunden für erfolgreiche Zusammenarbeiten mit Touristenunternehmen, und auch der RNZ-Bericht über das 25. Firmenjubiläum ziert die Wand. Bis vor wenigen Wochen war Schmidt sicher, dass sein Betrieb auch das 50. Jubiläum feiern wird. Die Weichen waren gestellt.

Er selbst wollte zwar in den nächsten Jahren etwas kürzer treten, aber seine Tochter Marie (30) und sein Sohn Novelle (26) sind auf die Übernahme des Betriebs gut vorbereitet. Die Tochter studierte Betriebswirtschaft, der Sohn Touristik-Management. Beste Voraussetzungen also, um die Firma mit 15 Mitarbeitern in die Zukunft zu führen.

"Alles war in Butter" – doch dann kam die Coronakrise. "Wenn wir keine weiteren Hilfen erhalten, ist bei uns bald Schicht im Schacht", erklärt Schmidt. Er ist zwar dankbar für die erhaltene Soforthilfe des Bundes, aber die laufenden Kosten drohen das Unternehmen zu erdrücken. "Die Einnahmen sind bei null – die Ausgaben können aber nicht auf null gesetzt werden", so Schmidt. Zwar wurden alle 15 Fahrzeuge vom Großbus bis zum Schülertransporter abgemeldet, aber beispielsweise die Löhne für die Aushilfskräfte muss der Unternehmer weiter zahlen. Für die fest angestellten Mitarbeiter hat Schmidt Kurzarbeit beantragt. Das alles hilft im Augenblick – trotzdem sieht der Unternehmer schwarz.

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Der Jahresumsatz in der Reisebranche werde jetzt gemacht, doch mit dem Beförderungsverbot für touristische Reisen brach die wichtigste Einnahmequelle weg. Die Umsatzverluste könnten auch nicht aufgeholt werden, meint Schmidt.

Das Unternehmen in der Daimlerstraße hat zwar mehrere Standbeine, aber in keiner einzigen Sparte seien derzeit Einnahmen zu erzielen. Das trifft auch auf den Werkslinien-Verkehr zu, denn die großen Industrieunternehmen haben ihre Gelände wegen der Corona-Pandemie dichtgemacht. Werke wie Roche oder die BASF sind aufgebaut wie kleine Städte. Um die Mitarbeiter von A nach B zu bringen, setzen die Konzerne Busunternehmen wie S&F Tours ein.

Auch der Schullinienverkehr ist eingestellt. Die Fahrer von S&F Tours brachten bisher Schüler zur Erich-Kästner-, der Astrid-Lindgren- und der Werkrealschule. Außerdem ist das Unternehmen in der ÖPNV-Branche tätig. Die Busse aus Ladenburg übernehmen öffentliche Fahrtstrecken in den Großstädten Mannheim, Ludwigshafen und Heidelberg. Wichtigste Einnahmequelle sei aber der Reiseverkehr.

Die modernen Busse des Unternehmens sind in ganz Europa unterwegs, um Urlauber an ihr Reiseziel zu bringen. In die Reiseflotte musste das Unternehmen am meisten investieren. Für einen 51er-Reisebus gebe man um die 250.000 Euro aus – und so eine Summe müsse erst mal "eingefahren" werden, erklärt Schmidt.

Nie hätte er damit gerechnet, einen solchen Einbruch managen zu müssen. Zwar habe es immer auch umsatzschwächere Jahre gegeben, aber mit einem solchen wirtschaftlichen Frontalaufprall habe niemand rechnen können. Es sei nicht ausgeschlossen, dass das Unternehmen schon in wenigen Wochen Konkurs beantragen muss.

Und ob seine Kinder die Motivation haben, das Unternehmen neu zu beleben, das kann der Gründer nicht vorhersagen. "So ein Neustart wäre extrem teuer und schwer." Er hätte Verständnis, sollten sie sich umorientieren. Aber: "Damit würde ein Traum platzen." Denn seinen Traum von der Selbstständigkeit konnte er sich vor 41 Jahren erfüllen.

Im RNZ-Gespräch wirkte Schmidt recht gefasst. "Erst abends, wenn ich auf der Couch sitze, wird mir ganz mulmig zumute", erzählt er. Aber noch hofft er, dass alles ein gutes Ende finden wird, und glaubt daran, dass die Menschen auch nach der Krise in den Urlaub gefahren werden wollen. Bis dahin muss dem Unternehmen nur die Luft zum Überleben reichen.

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