Friedrich Merz stellt sich den Fragen der Basis
Merz plädierte im Livestream für den einstigen Rivalen Laschet als Kanzlerkandidaten. CSU-Kandidaten bräuchten "besondere Umstände", um den Rückhalt in der Union zu erhalten.

Von Maximilian Rieser
Weinheim. Ein politisches Schwergewicht hat sich die Weinheimer CDU für ihre Jahresauftaktveranstaltung mit zeitweise knapp 100 Zuschauern geangelt. Der Spitzenpolitiker der Union, Friedrich Merz, der Armin Laschet bei der Wahl zum Parteivorsitzenden nur knapp unterlegen ist, war im Youtube-Livestream des CDU-Gesamtstadtverbands anwesend. Schon vorher wurden Gäste aus der Region gebeten, Fragen an den Vizepräsidenten des CDU-Wirtschaftsausschusses zu richten.
Auch Landtagsabgeordnete Julia Philippi und der Bundestagskandidat für den Wahlkreis Heidelberg/Weinheim, Alexander Föhr, nahmen an der Diskussion teil. Merz bezog die beiden Lokalmatadoren mehrmals ein, um auf deren Expertise in der Region zu verweisen.
Bürokratie und Kosten abbauen, um Jobs vor Ort zu erhalten
Klare Worte fand Merz auf die Frage der Moderatorin der Runde, die Lützelsachsener CDU-Politikerin Lucia Fuge Barrachina. Sie fragte, ob Merz es sich für die Partei vorstellen könne, dass Parteivorsitz und Kanzlerkandidatur auf zwei Personen verteilt werden. "Ich halte davon gar nichts", antwortete er deutlich. Zeiten, in denen Parteivorsitzender und Kanzlerkandidat nicht den gleichen Repräsentanten hätten, würden immer zu Schwierigkeiten in der Partei führen. Das einzig mögliche Szenario sei, dass sich die CDU für den CSU-Vorsitzenden als Kanzlerkandidaten entscheide.
Auch interessant
Dies sei in der Geschichte der Bundesrepublik indes nur zweimal geschehen, jeweils unter dem besonderen Umstand, dass ein Großteil der Christdemokraten für den CSU-Vorsitzenden plädiert hatte. Dies sei jetzt, unmittelbar nach der Wahl des CDU-Parteivorsitzes, aber mitnichten der Fall. "Wenn wir uns jetzt auf die Bundestagswahl zubewegen, dann gehören Kanzlerkandidat und Parteivorsitz in eine Hand", sagte Merz – und sprach sich damit indirekt gegen Markus Söder als Kanzlerkandidaten aus.
Thematisch wurden drei Schwerpunkte behandelt. Zum einen die "Herausforderungen für Betriebe durch die Pandemie, zweitens die Zukunft der Energieversorgung und drittens das Thema Wirtschaft und Infrastruktur. Zum ersten Themenbereich wandte sich Sabine Stein aus Weinheim an Merz. Sie leitet seit 32 Jahren mit ihrem Mann den Betrieb "Uli Stein Frisörhaus Weinheim" und wollte wissen, was Vertreter von Bund und Land vorhaben, um kleine Unternehmer wie Friseure zu unterstützen. Für Friseurbetriebe ist eine Beantragung von Überbrückungshilfen erst seit einer Woche möglich, vielen steht das Wasser bis zum Hals.
Merz drückte sein Unverständnis für die Strategie von Finanzminister Olaf Scholz (SPD) aus: "Es wäre für alle einfacher, wenn die Hilfszahlungen über die Finanzämter abgewickelt würden." Die Beantragung von Geldern müsse vereinfacht werden, aber am wichtigsten sei es, die Betriebe, sobald es die Infektionszahlen zulassen, wieder aufzumachen. Zur schrittweisen Öffnung äußerte Merz, dass er es für sinnvoll erachte, Kulturbetriebe wie Museen bald wieder zugänglich zu machen, da hier der Publikumsverkehr gut regulierbar sei.
Zum Themenkomplex "Zukunft der Energieversorgung" hatte Joachim Goldbeck, Gründer der Goldbeck-Solar-Gruppe in Hirschberg, eine Frage. Er wollte wissen, was die CDU vorhabe, um Investitionen in erneuerbare Energien gerade von mittelständischen Unternehmen zu fördern und die komplizierte Besteuerung von Solaranlagen auf Gewerbebauten zu vereinfachen. Spitzenpolitiker Merz, der sich generell für die Energiewende aussprach, betonte seine Überzeugung, dass die Bepreisung von Kohlenstoffdioxid-Emissionen der einzig effektive Weg sei, um den Ausstoß von Treibhausgasen zu senken. Die Selbstversorgung von Privathaushalten und Betrieben mit Solarstrom müsse vereinfacht und vor allem verbilligt werden.
Dafür plädierte auch Bundestagskandidat Föhr, der eine Entbürokratisierung und Unterstützung für die Einrichtung von Solaranlagen auf Gewerbebauten forderte. Und auch Wasserstoff wurde diskutiert, wobei Merz den Bau eines Innovationszentrums in Weinheim und auch den Gewerbepark in Hirschberg hervorhob. Zum Thema "Wirtschaft und Infrastruktur" äußerte sich der mittelständische Bauunternehmer Jan Schleicher von der Michael-Gärtner-Gruppe. Er bemängelte, dass seit Beginn der Pandemie kaum Ausschreibungen zu verzeichnen seien, obwohl es genug zu tun gäbe, um die Infrastruktur zu sanieren. CDU-Politiker Merz sprach sich dagegen aus, zu kleinteilig zu denken. Er möchte Deutschland auch für große Bauunternehmen als Standort wieder attraktiv machen. Er hält es für möglich, Generalunternehmer zu engagieren, um große Bauvorhaben aus einer Hand abzuwickeln.
Auf die Frage der RNZ, wie Wirtschaftspolitik einem regionalen Stellenabbau wie im Weinheimer Technologiekonzern Freudenberg geplant entgegenwirken könne, antwortete Merz, dass die Industrieproduktion in den letzten Jahren vernachlässigt worden sei. Unternehmen wie Freudenberg, die das Rückgrat der deutschen Wirtschaft darstellten, sollten durch den Abbau von Bürokratie und Kosten unterstützt werden, um Arbeitsplätze vor Ort wieder wettbewerbsfähig zu machen.



