Rennen um den Chefsessel im Rathaus völlig offen
Bei der ersten Vorstellung der Kandidaten kristallisierte sich kein klarer Favorit heraus - Besucher brach zusammen

Die Schönauer Stadthalle platzte schier aus allen Nähten: Rund 500 Besucher strömten herbei, um die Kandidaten für das Bürgermeisteramt kennenzulernen. Foto: Alex
Von Christoph Moll und Thomas Seiler
Schönau. Das wird spannend! Das Rennen um den Chefsessel im Rathaus des Klosterstädtchens scheint völlig offen zu sein. Das wurde am Dienstagabend in der Schönauer Stadthalle bei der ersten der beiden Kandidatenvorstellungen deutlich. Am Dienstagabend präsentierten sich die Bewerber dann im Stadtteil Altneudorf. Nun haben die Bürger noch anderthalb Wochen Zeit für ihre Wahlentscheidung. Denn der Nachfolger von Marcus Zeitler (CDU), der seit Anfang September Oberbürgermeister von Hockenheim ist, wird am 20. Oktober gewählt.

Tanja Ehrhard (v.l.), Hauptamtsleiter Philipp Jakob sowie Heinrich Ludwig Runz und Markus Huhn vom Wahlausschuss hatten alles im Griff. Foto: Alex
Schon eine halbe Stunde vor Beginn der Veranstaltung ging am Dienstagabend rund um die Stadthalle nichts mehr. Alle Parkplätze waren belegt und in der Halle waren keine Stühle mehr frei. Die Besucher drängten sich bereits auf den Stehplätzen im hinteren Teil der Halle und in den Gängen, sodass die Vorsitzende des Wahlausschusses, Tanja Ehrhard, darauf hinweisen musste, die Fluchttüren freizuhalten.
Ebenfalls keine Sitzplätze mehr bekamen Heiligkreuzsteinachs Bürgermeisterin Sieglinde Pfahl und ihr Wilhelmsfelder Amtskollege Christoph Oeldorf, die sich unter die wohl knapp 500 Besucher gemischt hatten. Manche Besucher machten kehrt, als sie den Riesenandrang sahen, andere begnügten sich damit, nichts zu sehen. Marcus Zeitler wurde nicht gesichtet.
Eine dicke Überraschung gab’s gleich zu Beginn: Auf dem Podium standen nur Stühle für Alesandro Sanchez Mateos, Philip Sharma, Peter Göttmann, Marco Skarke, Manuel Kolb und Matthias Frick. Ein Platz für Harald Grebe fehlte. Er sagte seine Teilnahme ab und wollte seine Kandidatur zurückziehen, was aber nicht mehr möglich ist.
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Fünf Minuten vor dem angekündigten Beginn wurden die Türen geschlossen und Tanja Ehrhard begrüßte die Besucher. "Der rege Besuch zeigt das Interesse an der Zukunft der Stadt", meinte die Erste Bürgermeisterstellvertreterin und appellierte an die Besucher: "Machen Sie vom Wahlrecht Gebrauch."
Hintergrund
Sprüche
Gleich mehrmals wurde bei der Vorstellung der Bürgermeisterkandidaten herzhaft gelacht. Das waren die besten Sprüche:
> "Wählen Sie einfach mich, dann gibt’s kein Problem!"
Alesandro Sanchez Mateos
... auf die Frage, ob
Sprüche
Gleich mehrmals wurde bei der Vorstellung der Bürgermeisterkandidaten herzhaft gelacht. Das waren die besten Sprüche:
> "Wählen Sie einfach mich, dann gibt’s kein Problem!"
Alesandro Sanchez Mateos
... auf die Frage, ob er nach einer Wahlniederlage als Stadtrat mit einem anderen Bürgermeister arbeiten kann.
> "Meine Frau unterstützt mich heute hier in der Halle - gesehen habe ich sie aber noch nicht." Matthias Frick
... in seiner Vorstellungsrede.
> "Ich habe keine Vision, in die sie im Sommer die Füße reinhängen können." Philip Sharma
... auf die Frage, ob seine Vision für Schönau auch ein Badesee sei.
> "Ich bin Manuel Kolb - oder einfach ausgedrückt: Kandidat Nummer fünf." Manuel Kolb
... in seiner Vorstellungsrede. (cm)
Anschließend hatte jeder Kandidat zehn Minuten Zeit, um sich und seine Ziele vorzustellen. Während ein Kandidat sprach, mussten die anderen in einem Nebenraum warten. Damit sie nichts hören, wurde ein Fernseher eingeschaltet und laut aufgedreht. Es lief der Nachrichtensender n-tv. Sanchez Mateos mit 9:30 Minuten, Göttmann mit 8:46 und Skarke mit 9:52 blieben knapp unter dem Zeitlimit, Kolb mit 5:28 sogar deutlich darunter. Sharma erhielt nach zehn Minuten die gelbe Karte als Warnung und beendete seine Rede 13 Sekunden später.
Frick hingegen war nach elf Minuten noch nicht fertig mit seiner Rede und erhielt die rote Karte. Ihm wurde das Mikrofon abgeschaltet, er durfte aber noch einen Schlusssatz sagen. Den meisten Applaus für seine Rede erhielt Sanchez Mateos mit 16 Sekunden, gefolgt von Sharma mit 13 Sekunden, Skarke mit zwölf Sekunden sowie Göttmann, Kolb und Frick mit jeweils etwa zehn Sekunden.
"Jetzt sind Sie dran", forderte Tanja Ehrhard dann die Bürger auf, Fragen zu stellen. Überschattet wurde die Veranstaltung von einem medizinischen Notfall. Ein Mann erlitt wohl einen Schwächeanfall und kippte um. Er wurde vom Roten Kreuz betreut.
Das sagten die Kandidaten:

Alesandro Sanchez Mateos
Der 33-jährige Kandidat der Freien Wähler aus Schönau will leidenschaftlich die Herausforderungen angehen. Dabei baut der Vertriebsleiter auf die Institutionen und Bürger, um "gemeinsame Lösungen" zu finden. Für das "Obere Tal" erwartet der zweifache Familienvater ein durchdachtes Konzept, das die Neugestaltung der Sporthalle und eines Feuerwehrhauses genauso einschließt wie den Abriss des Hallenbads. Es gelte bei der Konzeption auch, "an den richtigen Stellen" das Freizeitangebot zu erweitern. Er tritt für eine digitale Verwaltung und einen "attraktiven Arbeitsstandort" ein. Großen Wert legt er auf die Wertschätzung des Ehrenamts, denn über Vereine und Freunde fördere man die Gemeinschaft und damit Schönau als "Ort der Begegnung". (ths)

Philip Sharma
Der zweifache Familienvater aus Schönau ist FDP-Mitglied und will sich ganz in den "Dienst der Stadt" stellen, in Schönau alt werden und deshalb ausschließlich hier kandidieren. Seinen Schwerpunkt bei der Arbeit als "Verwaltungsmensch" sieht der 36-Jährige insbesondere bei einer methodischen Denkweise, die Versprechungen ausschließe. Der Leiter der Agentur für Arbeit in Mosbach regt ein Konzept für das "Obere Tal" an. "Groß denken, aber kleinschrittig vorgehen" lautet seine Devise, die von einem soliden Haushalt getragen werde. Sharma will keine digitale Verwaltung, die nur dem Selbstzweck diene. Er tritt für eine "Verwaltungskultur vom Bürger her" ein, wobei ein Bürgermeister "mit offenen Augen und Ohren" Präsenz zeigen müsse. (ths)

Peter Göttmann
Als parteiloser Kandidat bewirbt sich der gebürtige Schönauer ausschließlich für seine "schöne Heimat". Um die Lebensqualität zu erhöhen, schwebt dem 54-Jährigen als Vision ein Badesee zwischen Schönau und Altneudorf vor. Jener werde elf Mal so groß wie das Freibad in Neckargemünd. "Wir müssen uns beeilen, dass uns Leimen nicht die Idee klaut", meint der Inhaber einer Werbeagentur und verweist auf dortige Pläne für ein Naturbad bei der Bewerbung um eine Gartenschau. Der Naturpflege, der Wahrung des historischen Alleinstellungsmerkmals, der Verbesserung des öffentlichen Nahverkehrs und der Überarbeitung des Ferienprogramms für Kinder misst er ebenfalls große Bedeutung zu. Er will zudem das Stadtfest reaktivieren. (ths)

Marco Skarke
Der begeisterte Fußballer aus Altneudorf tritt für die SPD an und verweist auf seine Verwaltungserfahrung von über zwei Jahrzehnten. Für den 39-Jährigen steht ein Gesamtkonzept für das "Obere Tal" ganz oben auf der Agenda mit neuer Heizung in der Carl-Freudenberg-Schule und einem Feuerwehrgebäude. "Eine zweite Hallenbad-Ruine wollen wir an keiner Stelle", sagt der Leiter des Ordnungsamts in Neckarsteinach. Bei der Attraktivität des Stadtlebens sind ihm die Sanierung des Awo-Gebäudes und ein Bürgerbus wichtig. Skarke schwärmt von einem Mehrgenerationenhaus für Jung und Alt. Breiten Raum widmet er zusätzlich der Intensivierung des Gewerbes und der Digitalisierung, um Schönau zukunftssicher zu gestalten. (ths)

Manuel Kolb
Als jüngster Kandidat sieht der 31-Jährige als "besten Weg für die Zukunft Schönaus", dass sich Bildung, Wirtschaft und Sport "Hand in Hand" miteinander verzahnen. Impulse will der parteilose Bewerber aus Schönau der Innenstadt geben, damit sie sich wieder "mit Glanz und Leben" erfüllt. Dazu zählt er die Belebung der Geschäfte und den baulichen Erhalt des Klosters. Der Kaufmann im Einzelhandel hat einen Neun-Punkte-Plan, in dem es auch um die Erneuerung der Spielplätze, die Errichtung einer Freilufthalle und die Sanierung der Sporthalle in Altneudorf, also ein Sportstättenkonzept geht. Auch er sieht bei dem jetzigen Feuerwehrhaus nicht die Möglichkeit einer Generalsanierung, sondern spricht sich für ein neues Domizil im "Oberen Tal" aus. (ths)

Matthias Frick
Der parteilose Kandidat aus Nußloch, der von der CDU unterstützt wird, erkennt in Schönau eine leistungsfähige und finanziell gesunde Stadt. Der 52-Jährige plant daher "keine Leuchtturmprojekte", sondern will einen "direkten Draht zu den Bürgern" pflegen. Der Angestellte des Roten Kreuzes will die Lebensqualität steigern und das Miteinander der Generationen verbessern. Für ihn kommt keine hohe Neuverschuldung in Frage, sondern ein "vorsichtiges Haushalten". Das betreffe die Sanierung der Grundschule in Altneudorf genauso wie jene des Awo-Gebäudes. Im "Oberen Tal" kann er sich ein Blockheizkraftwerk vorstellen, ebenfalls ein neues Feuerwehrdomizil, dem sich eine Sanierung des Feuerwehrgebäudes in Altneudorf anzuschließen hat. (ths)

Grebe will nicht mehr antreten
Überraschend zog der 62-jährige Kreisbaumeister im Landratsamt des Rhein-Neckar-Kreises Harald Grebe seine Kandidatur zurück. Sein Name bleibt aber auf den Stimmzetteln, da ein Rückzug nur bis zum 23. September möglich war. Gegenüber der RNZ betonte der parteilose Schönauer, dass die Zeit nun zu knapp sei, um sich akribisch und umfassend auf den Wahlkampf vorzubereiten. Darüber hinaus würden ihn gesundheitliche Gründe zwingen, von seiner Kandidatur Abstand zu nehmen - auch wenn ein Klinikaufenthalt im Februar dieses Jahres gut verlaufen sei. "Ich habe mit dem Gedanken gespielt zu kandidieren, aber die Entscheidung dazu ist einfach zu spät gefallen", entschuldigte sich Grebe für die jetzt eingetretene Situation. (ths)



