Beteiligung

Nußloch steigt mit zwei Millionen Euro bei "Netze BW" ein

Rat stimmte mit knapper Mehrheit für Beteiligung - Ergänzt wurde der Beschluss um einen Auftrag zur Prüfung von eigenen Alternativen

23.06.2020 UPDATE: 24.06.2020 06:00 Uhr 2 Minuten, 16 Sekunden

Der Euro. Foto: dpa

Nußloch. (axe) Eine sehr verlockende Geldanlage hat die Verwaltung dem Gemeinderat in Form einer Beteiligung an der Netze BW GmbH angeboten. Wer allerdings erwartet hatte, dass ein großes Hurra an den Ratstischen mit Blick auf das Vorhaben "EnBW vernetzt" ausbrechen würde, sah sich getäuscht: Recht knapp mit den Stimmen von CDU und Liberalen passierte die Geldanlage das Gremium.

Die Netze BW bietet allen Kommunen, in denen sie Betreiberin und gleichzeitig Eigentümerin des Stromnetzes ist, in Gestalt einer entsprechenden Gesellschaft eine Beteiligung von 24,9 Prozent. Der maximale Anteil – die Mindesteinlage beträgt 200.000 Euro – errechnet sich nach der Einwohnerzahl und der in der Gemeinde abgesetzten Energiemenge. Für Nußloch wäre eine Beteiligung von gut 3,2 Millionen Euro möglich. Im Zuge der Vorberatung hatte sich die Bürgervertretung jedoch dafür ausgesprochen, nur mit zwei Millionen Euro einzusteigen.

Finanziell interessant ist, dass die Beteiligungsgesellschaft eine garantierte jährliche Ausgleichszahlung von 3,6 Prozent des Stammkapitals erhält – und die wird an die Kommunen ausgeschüttet. Abzüglich von Kosten für die Netzgesellschaft sowie Kapitalertragssteuer und Solidaritätszuschlag ergibt das eine Rendite von etwa 3,1 Prozent oder 61.200 Euro im Jahr. Über fünf Jahre Laufzeit macht das ein sattes Plus von 306.000 Euro auf dem Gemeindekonto. Bei einer klassischen Geldanlage, so das Rathaus, könnte Nußloch im gleichen Zeitraum nur rund 70.000 Euro realisieren.

Die Risiken sind eher gering: Die Netze BW garantiert die Zahlungen während der Laufzeit; Gewinne werden konzernintern abgeführt, Verluste ausgeglichen. Sollte das Unternehmen am 30. Juni 2025 einen geringeren Wert haben als heute – etwa durch den Verlust von Wegenutzungsverträgen, also Konzessionen –, erhalten die Kommunen einen Nachteilsausgleich. Einzig im Falle einer Insolvenz oder "wesentlicher Änderungen der regulatorischen Rahmenbedingungen" hätte Nußloch das Nachsehen. Demgemäß hatten Energiekartellbehörde, Regierungspräsidium Karlsruhe und Landesinnenministerium auch keine Bedenken vorgebracht, informierte die Verwaltung. Und das Plazet der Rechtsaufsicht des Rhein-Neckar-Kreises dürfte dank der properen Finanzausstattung der Gemeinde reine Formsache sein.

"Neben der Einflussmöglichkeit auf die Netzentwicklung sieht die Verwaltung den klaren Vorteil in der Partizipation am Erfolg der Netze BW", warb das Rathaus für eine Beteiligung. Eine Rendite von drei Prozent sei in den Anlageformen, in denen sich die Kommune bewegen darf und will, bei Weitem nicht zu erzielen. Hinzu komme, dass die liquiden Mittel von zwei Millionen Euro in den kommenden fünf Jahren nach aktuellem Stand der Finanzplanung nicht benötigt würden.

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Nicht überzeugen konnte das Yannick Veits und die Grünen: Erst wolle man im Gemeinderat eine Richtlinie erarbeiten und verabschieden, die ökologischen Gesichtspunkten bei Geldanlagen Rechnung trage. Die EnBW habe jahrelang mit Atom- und Kohlestrom Gewinne gemacht, begründete er das Nein. In die gleiche Kerbe hieb Michael Molitor: Spätestens seit dem Vortrag der EnBW sei die SPD strikt dagegen und eine Investition in das Unternehmen die falsche Marschrichtung. Schließlich gebe es mit gemeinwohlorientierten Anlagen Alternativen.

"Wir haben kein Haar in der Suppe gefunden", sagte andererseits Rouven Röser (CDU), dessen Fraktion für die "lukrative Geldanlage" votierte. Auch die Liberalen sagten Ja: Die Splittung der Mittel sei ein guter Kompromiss, urteilte Ralf Baumeister. Im Verlauf der jüngsten Haushaltsberatungen hatte die FDP/BfN-Fraktion nämlich den Vorschlag unterbreitet, statt einer Beteiligung an der Netze BW in eine eigene Photovoltaikanlage zu investieren, die sich im Steinbruch errichten ließe. Arbeitstitel: "Nußloch macht Strom". Die Sozialdemokraten wiederum brachten die Gründung einer örtlichen Energiegenossenschaft ins Gespräch.

Und so herrschte Einigkeit darüber, die Einlage mit einem zweiten Beschluss zu verknüpfen. Einhellig wurde die Verwaltung von der Bürgervertretung – die dies auch als Selbstverpflichtung zur Umsetzung sieht – damit beauftragt, "bis spätestens 30. Juni 2025 gemeinsam mit dem Gemeinderat die Realisierbarkeit einer eigenen Photovoltaikanlage beziehungsweise die Gründung einer Energiegenossenschaft oder alternativer Modelle zur Stromgewinnung zu prüfen."

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