Weinheim informiert Bürger über mögliche Standorte zur Flüchtlingsunterbringung
Vier Flächen für feste Anschlussunterbringungen und ein Containerstandort wurden vorgeschlagen – Einige Bürger reagierten sehr emotional

Von Philipp Weber
Weinheim. Am Ende schlugen die Wogen hoch: Die Stadt hat vor rund 450 Interessierten am Montagabend im Rolf-Engelbrecht-Haus mögliche Standorte zur Unterbringung von geduldeten und anerkannten Flüchtlingen vorgestellt. Einige Bürger reagierten darauf sehr emotional. Eine vom Gemeinderat eingesetzte "Findungskommission" hatte sich zuvor mit 36 Standorten befasst. Davon wurden 20 als ungeeignet verworfen. Die verbliebenen 16 Flächen gab es in Form von Wandaushängen und Präsentationen zu sehen. Doch bei nur vier Standorten sieht die Kommission derzeit "keine Fragezeichen".
Um welche vier Standorte handelt es sich genau?
Vorgeschlagen wurde jeweils ein Haus für 45 bis 50 Flüchtlinge auf einer Fläche in der Händelstraße in der Weststadt sowie in der Ortsstraße Süd in Steinklingen. Je zwei Häuser könnten im Seeweg im Bezirk Ofling sowie im Süden des Lützelsachsener Sportplatzgeländes am "Sandloch" entstehen. Dies sind jedoch nur Empfehlungen, die sich bis zur Ratssitzung am 9. Dezember ändern können. Die Kommission tagt noch ein zweites Mal, um Anregungen aus der Bürgerinfo auszuwerten. Interessant: Die Standorte Friedrichstraße (Nordstadt) und Prinz-Friedrich-Anlage (Sulzbach) sind nicht mehr in der engsten Auswahl.
Da die Häuser noch gebaut werden müssen und Klagen von Nachbarn nicht auszuschließen sind, hat die Gemeinde außerdem Wohncontainer für bis zu 90 Menschen bestellt. Denn: Obdachlose müssen in Deutschland zwingend untergebracht werden. Verwaltung und Kommission schlagen als Containerstandort den Hartplatz am TSG-Waldstadion vor.
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Wie haben die Anwohner reagiert?
Besonders lautstark tat sich eine etwa zwei Sitzreihen starke Gruppe aus Steinklingen hervor. Moniert wurden unter anderem die zu geringe Kapazität bei der Entsorgung von Abwasser, die mangelnde Sicherheit auf den Schulwegen im Ortsteil und das Fehlen von Parkplätzen für Flüchtlingshelfer. Kurz: Der Standort sei ungeeignet, so die Steinklingener.
Die Lützelsachsener Diskussionsteilnehmer führten die Notunterkunft des Rhein-Neckar-Kreises in der Winzerhalle ins Feld: Der Stadtteil sei damit bereits ausgelastet. Hierbei interessant: Von dem ehedem versprochenen Auszug der Asylbeweber zum kommenden Frühjahr wollte am Montag niemand mehr reden.
Gegen einen Bau von Unterkünften im Bezirk Ofling spreche unter anderem die Tatsache, dass sich das Verhältnis von Einwohnern zu Flüchtlingen in dem kleinen Wohnbereich ungünstig entwickeln könne, so ein Nachbar. Lediglich aus der Händelstraße kamen kaum Gegenstimmen. Dafür traten etliche Sulzbacher gegen eine nach wie vor mögliche Bebauung ihres Ortsmittelpunkts ein.
Wie geht es jetzt weiter?
Laut OB Heiner Bernhard betreut die Stadt heute bereits rund 100 Flüchtlinge in der kommunalen Anschlussunterbringung. Bis Ende des Jahres werden 67 weitere dazugekommen sein. Danach schnellen die Zahlen in die Höhe: 2016 kommen insgesamt 180 "Anschlussflüchtlinge", 2017 wird mit 360 Menschen gerechnet. Folge: Die Stadt kalkuliert mit Baukosten in Höhe von rund 11 Millionen Euro, 1,2 Millionen Euro kosten die Wohncontainer. Auch eine weitere Sozialarbeiterstelle soll geschaffen werden. Bernhard hofft jetzt, dass ein schneller Entschluss zustande kommt: "Ich möchte keine Zeltstädte planen."
Ob die Stadt um derartige Notmaßnahmen herumkommt, scheint derzeit zumindest fraglich. Denn wenn die Häuser nicht rechtzeitig fertig werden, muss die Verwaltung reagieren - obwohl sie den ohnehin schon belasteten Wohnungsmarkt nicht zusätzlich mit dem Kauf von Flächen und Gebäuden anheizen will.
Aber: Auch der Wohncontainer-Markt ist mittlerweile ziemlich leer gefegt.



