Ladenburg: Die Neue Nordstadt will geplant werden
Niemand stellt Baugebiet in Frage - Rund 150 Bürger bei erster Planungswerkstatt - Vorschläge und Wünsche aus sieben Bereichen sollen einfließen

An "runden Tischen", jeweils von Experten begleitet, ging es lebendig und diskussionsfreudig zu. Foto: Beckmann
Von Silke Beckmann
Ladenburg. Ob sie künftig "Leimloch", "Alte Leimgrube" oder "Fächer-Quartier" heißt oder es beim Arbeitstitel bleibt: Die Neue Nordstadt steht im Interesse der Öffentlichkeit. Rund 150 Bürger waren zur ersten Planungswerkstatt in die Alte Martinsschule gekommen, wo Vorstellungen und Erwartungen zur Gestaltung des Baugebiets ausgelotet wurden.
Ein "Experiment", wie Planer Professor Wolfgang Christ vom Urban Index Institut (Darmstadt) bekannte, gewöhnlich würden in einem solchen Verfahren deutlich weniger Aspekte berücksichtigt als das in sieben Schwerpunkt-Bereiche unterteilte große Ganze in Ladenburg.
Durchgangsverkehr wird abgelehnt
So vielfältig die Namensvorschläge, so facettenreich lasen sich die Ergebnisse. Dass sie auch Konflikte mit sich bringen würden, hatten die Planer erwartet. Konsens bestand in der Ablehnung von Durchgangsverkehr, auch beim zentralen öffentlichen Quartiersplatz und bezahlbaren Wohnen herrschte weitgehend Einigkeit.
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Weniger grün war man sich beim Straßennetz. So hatten sich besonders die Anwohner der Alten Nordstadt für eine äußere Erschließung von Norden ausgesprochen, also von der Weinheimer Straße aus. "Keine Enteignungen" lautete die Botschaft der Gruppe "Mobilität" an die Stadt. Dies wolle die Verwaltung jedoch "absolut nicht", wie Bürgermeister Rainer Ziegler versicherte. Er strebe ein freiwilliges Verfahren an.
Am Ende hob Ziegler als "bemerkenswert" hervor, dass eine grundsätzliche Infragestellung des Baugebiets nicht aufgekommen war. Zumal der Druck auf die Stadt "unglaublich groß" gewesen war. Um das Projekt richtig anzupacken und das Areal "bedarfsorientiert, innovativ und zukunftsgerecht" zu gestalten, habe man die Expertise, den Blick von außen, dazugeholt: "Ich denke, der Aufwand bis zum heutigen Tag hat sich gelohnt, denn der Nutzen ist immens."
In Zahlen ausgedrückt, waren es etwa 1,3 Prozent der Ladenburger, die ihre Vorstellungen diskutierten und zu Papier brachten; darunter Menschen, die grundsätzlich mitgestalten möchten, Bauträger und Architekten, Grundstücksbesitzer und Anwohner sowie Kauf- und Mietinteressenten aus der Römerstadt und von außerhalb, die ihre Wohnwünsche und -prioritäten auch per Fragebogen mitteilen konnten.
Viel Grün, bezahlbare Grundstücke, Betreutes Wohnen, Familienorientierung, Barrierefreiheit - das war auf der Plus-Seite der Meinungstafeln zu lesen, während "Handtuch"- und Hochhäuser, Reihenhauskomplexe, große Geschäfte abgelehnt wurden.
Im Plenum stellten die Gruppen ihre Ziele vor. "Wohnen im Park" hatte die "Grün"-Gruppe ihre Wunschplanung überschrieben, wobei die Kleingartenfläche in das mit grünen Inseln und einem kleinen Platz versehene Gebiet einbezogen werden solle. Parkplätze oder dem Lärmschutz dienende Garagen schwebten der "Mobilitäts"-Gruppe entlang der Weinheimer Straße vor, wo zudem Bushaltestellen eingerichtet werden könnten. Die "Stadtgestalter" setzten auf Bürger, denen der Mehrgenerationen-Gedanke nicht fremd ist, was auch im Sinne der "Leitlinien"-Vertreter war, die die Haltung der Stadt etwa um die "Vergabe von Grund und Boden an gemeinnützige Organisationen und Vereine, die mit ihrer Arbeit einen Mehrwert für die Gemeinschaft erzielen", ergänzten.
Um "Transparenz im Vergabeprozess" bat die Gruppe "Wohnen", die für die Stadt Aufträge ausgearbeitet hatte, Bauformen zu eruieren und einen Pool einzurichten, in dem sich potenzielle Baugruppen zusammenfinden könnten.
Aus der Gruppe "Planungsprozess" stammte der Vorschlag, Bestandsgrün wie etwa entlang der Kurzgewannstraße nicht nur zu erhalten und einzubeziehen, sondern den in der Neuen Nordstadt geplanten grünen Riegel ebenfalls an den Rand zu verschieben, um Nordstadt alt und neu zu verbinden. Kontaktaufnahme in Einzelgesprächen erhoffen sich die Anwohner von der Stadt; den Bürgern signalisieren sie Bereitschaft, mitzumachen, möchten aber beteiligt werden. "Weg von der Insel - hin zu Gemeinschaftslösungen": Dafür plädierten die "Energie"-Vertreter, die sich für ein Nahwärmenetz im niedrig-temperaturigen Bereich aussprechen und an eine Energie-AG oder Genossenschaft denken.
Legt man die Zahl der Fähnchen zugrunde, mit denen Interessenten ihren Lieblingswohnort in bevorzugter Bauart abstecken konnten, bleibt in der Nordstadt jede Menge Platz. Aber vielleicht erschien den Bauinteressenten eine Reservierung auf dem Papier zu weit vorausgeprescht; schließlich weiß keiner, ob er überhaupt zum Zuge kommt.
"Ich verspreche, dass wir das ernst nehmen", sagte Stadtplaner Christ, der die Ergebnisse auswerten wird, um sie am 13. Januar dem Gemeinderat vorzustellen.