Kirchturm der Markuskirche in Weinheim wird gekappt
Brüchiges Material: Seit fünf Jahren ist der 38 Meter hohe Turm von einem Gerüst mit Schutznetz umgeben

Kosten- und Denkmalschutzgründe sprechen gegen eine Sanierung der Turmspitze. Darin sind sich die Leitung der Evangelischen Weststadtgemeinde und die Bauexperten einig. F.: Kreutzer
Von Stefan Zeeh
Weinheim. "Es tut sich endlich was", sagt Pfarrerin Martina Ade und blickt hoffnungsvoll in Richtung Kirchturm. Die Evangelische Gemeinde in der Weststadt hat am Mittwoch zu einem Pressegespräch eingeladen, es geht um den 38 Meter hohen Turm der Markuskirche. Dieser ist seit gut fünf Jahren von einem Gerüst mit Schutznetz umgeben, um Passanten vor herabfallenden Betonteilen zu bewahren. Denn das Material im oberen Teil des Turms ist brüchig.
Von Dienstag, 4. Oktober, an soll das Problem angegangen werden. "Das oberste Drittel des Turms wird zurückgebaut", erläutert Architekt Constantin Görtz die bevorstehenden Arbeiten. Eine andere Lösung als der Rückbau biete sich aus Kostengründen und wegen der Denkmalschutzrichtlinien nicht an, so der Architekt. Die Betondeckelung der tragenden Stahlteile im obersten Drittel des Turms sei sei so dünn, dass eine Sanierung keinen Sinn mehr ergebe.
Würde man, ungeachtet der dabei entstehenden Kosten, versuchen den Turm zu erhalten, werde sich dessen Erscheinungsbild derart verändern, dass der Denkmalschutz verloren ginge, so Görtz.
Nach langen und intensiven Gesprächen mit den Denkmalbehörden des Landes und dem Baureferat des Evangelischen Oberkirchenrats in Karlsruhe wurde nun eine Lösung gefunden: Vorgesehen ist, die obersten rund 14 Meter des Turms abzutragen. Dafür müssen zunächst die Glocken aus dem Kirchturm entfernt werden, wozu eine große Öffnung in der Außenwand geschaffen wird. Dann kommt ein Autokran zum Einsatz, der die fünf zwischen 372 und 2216 Kilogramm schweren Glocken sicher zu Boden bringen soll.
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"Anschließend werden die Glocken in der Markuskirche zwischengelagert", erläutert der Vorsitzende des Bauausschusses in der Kirchengemeinde, Jörn zur Brügge. "Für ein paar Wochen werden also die Glocken der Markuskirche schweigen", verdeutlicht Martina Ade, dass wegen der Bauarbeiten erst einmal kein Glockengeläut mehr zu hören sein wird.
Voraussichtlich von Ende Oktober an werden dann die Betonlamellen und die untere Tragekonstruktion der Turmspitze abgetragen. "Es wird dabei zu keiner größeren Staubbelastung für die Umgebung kommen", verspricht Görtz. Allerdings werde eine gewisse Geräuschentwicklung während der Rückbauarbeiten unvermeidbar und der Hainbuchen- sowie der Birkenweg in dieser Zeit nicht durchgängig befahrbar sein. Nach der Demontage des Schutzgerüsts werden voraussichtlich im Dezember die beiden kleinsten Glocken in einem provisorischen Glockenstuhl auf dem Rumpf des Markusturms wieder aufgestellt. Dann kann auch wieder zu den Gottesdiensten geläutet werden - sowie an allen Tagen um 7, 12 und 19 Uhr. Im kommenden Jahr erfolgt ein Architekten-Wettbewerb, dessen Ziel es ist, anhand eines zukunftsfähigen Raum- und Nutzungskonzepts ein neues Gemeindezentrum zu entwickeln. Im Herbst 2017 sollen die besten Ergebnisse des Wettbewerbs in der Gemeinde vorgestellt werden, sodass 2018 mit weiteren Arbeiten am Gemeindezentrum begonnen werden kann. Als letzter Baustein wird schließlich das fünfstimmige Geläut auf dem "neuen Turm" wiedervereinigt.



